Berlin d 1t. Merz. 1808.
Vgl. Brief
2627,
44 f.. [Schließen]Die üble Ahndung liebster Brinckmann womit dein lezter Brief
endet, sollte mich schon eher zum Schreiben gebracht
haben; allein ich hoffte immer noch besseres. Nun
scheint sie sich leider mit starken Schritten ihrer
Erfüllung zu nähern und ich eile dir noch einmal zu schreiben, ehe uns wieder die jezt so unschiftbare
Ostsee trennt
Laß mich Dir zuerst eine kleine Apologie halten für
Friedrich Schleiermacher: „Gelegentliche
Gedanken über Universitäten in deutschem Sinn. Nebst einem Anhang über
eine neu zu errichtende“ (1808) [Schließen]
die kleine Schrift über Universitäten
von
der ich Fränkel vor einigen Tagen ein Exemplar für dich zugesendet
habe.
Meine Absicht war sie ganz anonym herauszugeben, und dies
bitte ich dich ja nicht zu vergessen wenn du sie liesest.
Freilich habe ich nicht gehofft unentdeckt zu bleiben, wie
ich denn fürchte, daß mir das nie gelingen wird, aber
dennoch macht es einen großen Unterschied in der Art die
Sachen zu sagen. Wie man manches von einem
a
über den ursprünglichen Text geschriebenAndern
spricht hinter seinem Rükken, ganz unbesorgt darum, ob er
es wieder erfahren wird oder nicht, was man ihm doch um
keinen Preis selbst grade so ins
Gesicht sagen würde so scheint es mir auch hiemit.
Reimer überredete mich hernach die
Anonymität fahren zu lassen weil die Schrift sonst zu lange
für das größere Publicum unter einer | Menge
unbedeutender ähnlichen Inhalts sich verbergen
würde, ein Grund dem ich nachgeben mußte, damals
war aber nicht mehr Zeit irgendetwas zu ändern.
Sachanmerkung:
So ... gefaßt haben.]
Schleiermacher
bezieht sich indirekt auf Johann Jakob Engel: „Denkschrift über
Begründung einer großen Lehranstalt in Berlin“ (1802; abgedruckt in:
Rudolf Köpke: „Die Gründung der königlichen
Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin“, 1860, S. 147-153), wenn er
sich vehement gegen den Vorschlag wendet, Universitäten in
Spezialschulen zu „zerstreuen“, vgl. KGA I/6, S. 46 und eine Lehranstalt
in Berlin zu gründen, die die Funktion, nicht jedoch den Status einer
Universität habe, vgl. KGA I/6, S. 88 sowie zur Kritik an Schleiermacher
KGA I/6, S. XVII.
mehr] lies:
[Schließen]So hat man schon vorzüglich die paar Federstriche
über Engel getadelt, die mehr
mir
sehr zwekmäßig schienen um die regierenden Laien
aufmerksam darauf zu machen, wie wenig der Mann
sich eignete einen solchen Plan zu
entwerfen, die ich aber gewiß in meiner
eignen Person anders würde gefaßt haben.
Einige Freunde hier haben geurtheilt die ganze Schrift überzeuge
so sehr davon daß Berlin nicht der Ort für eine Universität sei daß der
Anhang den Eindrukk nicht wieder verlöschen könne. Das wäre freilich
sehr gegen meine Absicht, und sollte dieser Eindrukk
allgemein sein so würde es mir leid thun nicht noch ein
Paar Bogen an den Anhang gewendet zu haben.
Meine Hauptabsicht indeß war nur den Gegensaz
zwischen den deutschen Universitäten und den
französischen Spezialschulen recht anschaulich und den
Werth unserer einheimischen Form
anschaulich(?)
über der Zeileeinleuchtend
zu machen ohne eben gegen die andere direct zu polemisiren. Laß
mich doch nun wenn du Zeit findest die kleine Broschüre zu
lesen recht aufrichtig wissen wie sie dich afficirt korr. v. Hg. aus: hasthat
,
und besonders auch ob du die ganze Schleiermachersche
Schwerfälligkeit darin findest oder weniger
davon.
Der Platon ist auch in
Fränkels
Händen.
Von der neuen Auflage der
Predigten
ist kein
VelinExemplar
| mehr da dagegen von der
zweiten Sammlung sollst du bald eins
erhalten.
Vgl. Brief
2627,
10 – 12. [Schließen]
Aber in welchem Irrthum stehst du als ob
ich eine Sittenlehre herausgäbe? unmöglich kann ich ihn durch irgend etwas veranlaßt
haben. Vorlesungen halte ich darüber; aber ich muß sie
gewiß noch mehrere Male halten, und noch sehr umfassende
Studien machen ehe ich an eine Herausgabe derselben denke
mit der ich wol meine ganze Laufbahn lieber erst
beschließen möchte. Friedrich Schleiermacher: „Herakleitos der dunkle, von Ephesos, dargestellt aus den Trümmern
seines Werkes und den Zeugnissen der Alten“
, in: „Museum der
Alterthums-Wissenschaft“, Bd. 1 (1807), S. 313–533, vgl. KGA I/6,
S. 101-241. [Schließen]
Jezt size ich
tief im alten
Heraklit
, dessen Fragmente und Philosopheme ich für das
Museum der
Alterthumswissenschaften
darstelle.
Was begegnet dem
Menschen alles! Vor wenigen Jahren noch hätte ich es für unmöglich
gehalten in Verbindung mit Wolf auf dem Gebiet der Philologie
aufzutreten. Aber die Virtuosen in diesem Fache sind so sparsam mit
ihren Arbeiten daß die Stümper wol auch herbeigeholt werden
müssen. Schleiermacher und sein Hallenser Kollege
Froriep
reagierten mit einer kleinen „Anzeige“ im „Hamburgischen
Correrspondenten“ am 16. 2. 1808 (KGA I/14) auf einen Bericht vom
18.1.1808, der in der
„Allgemeinen Literatur Zeitung“ in Halle
erschienen war und in dem es hieß, die Universität in Halle
wolle von den Hallenser Professoren
Schmalz
,
Wolf
, Schleiermacher und Froriep nichts mehr wissen.
Schleiermacher und Froriep stellen in ihrer Anzeige klar, dass sie
selbst keinerlei Anstalten zur Neuanstellung unternommen hätten und dass
sie das Ansinnen der
Westphälischen Regierung
, nur vor Ort zurückgekehrte Professoren wieder
einzustellen, eines Universitätsprofessor für unwürdig hielten, vgl.
Brief
2617,
13 – 22, vgl. auch KGA I/14, S. XLI-XLIV. Mit dem „Bild“
spielt Schleiermacher vermutlich auf den in der Anzeige vorgenommenen
Vergleich mit einem Hund an, der zu seinem Herrn zurückschleiche. Wie in
dieser kleinen Anzeige verteidigt Schleiermacher in seiner Schrift „Gelegentliche Gedanken über Universitäten im deutschen
Sinn“ (KGA I/6) die Freiheit des Gelehrten gegenüber dem
Staat. [Schließen]
Vielleicht habe ich aber den
Titel eines Philologen recht nöthig bei dir um den
Cynismus in der
Hamburger Zeitung
zu rechtfertigen. Es schien mir
nöthig mit recht klaren Worten und so
sinnlich anschaulich als möglich zu
sagen wie jene neue Regierung die Gelehrten
behandelt; und niemand schien es so gut thun zu
können, als ich, von dem es unter Allen die mich
überhaupt kennen, bekannt genug sein mußte, daß ich
nicht saure Trauben schimpfte. Allgemein
hat man freilich das Bild getadelt und es außer
meinem Genren gefunden; indeß scheint mir doch der
ganzen Sache der rechte Trumpf zu fehlen wenn ich
es mir gestrichen denke.
Mit dem Friedrich Leopold Stolberg: „Geschichte der Religion Jesu Christi“, Bd. 1–15 (1806–1818); vgl. Brief 2617, 49 – 55 sowie Brief 2627, 13 – 25. [Schließen] Stolberg magst du ganz Recht haben, ich habe das Buch immer noch nicht gelesen; aber könnte man nicht gegen die Ehrlichkeit und Treue des Mannes | eben dieses einwenden daß er einem Werke welches durchaus subjectiv ist wie du es schilderst den Titel der Geschichte giebt? Kann Jemand, ohne die bekannte schlimme Seite dieser Tugend so ehrlich sein, daß man dies nicht müßte für erschleichend und verführerisch halten? Friedrich Heinrich Jacobi: „Ueber gelehrte Gesellschaften, ihren Geist und Zweck : eine Abhandlung, vorgelesen bey der feyerlichen Erneuung der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München“ (1807); vgl. Brief 2627, 26 – 32. [Schließen] Auch Jacobis Abhandlung habe ich nicht gelesen. Mich schrekte die diffuse Form und das fast absichtliche Prunken mit Citaten die denn doch wieder nicht gelehrt sind. Ein so geistvoller Mann mit so wenig wissenschaftlicher Virtuosität, so voll herrlichem Eifer für die Sache und dabei so ängstlich bedacht das Aeußere zu schonen mag übel genug daran sein als Präsident einer solchen neuen Akademie, und hat offenbar keinen andern Ausweg als ein solches Meisterstükk zu geben wie unsere beiden Schilderungen gemeinschaftlich es über der Zeilean diesem finden. – Friedrich Schleiermacher: „Rezension zu Johann Gottlieb Fichtes: ‚Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters‘“ (1807), in: JALZ (KGA I/5, 119-152); vgl. Brief 2616, 30 – 37. [Schließen] Deine Vorwürfe über meine Recension des Fichte wünschte ich mir gern nur durch ein Paar Beispiele deutlich zu machen, da ich durchaus ein unbeschränktes Vertrauen an die Aufrichtigkeit deines Gefühls besonders auch in diesem Punkt habe. Zur Polemik zwischen Schelling und Fichte vgl. KGA I/5, S. LXXXIVf. [Schließen] Ich bin mir aber nicht bewußt aus der bloß philosophischen Härte anders herausgegangen zu sein als wo von seiner calumniösen Rhetorik gegen Schelling (für den ich wie Du weißt gar keine parteiische Vorliebe habe) die Rede ist, die selbst so ganz aus dem philosophischen Gebiet herausgeht. Indeß hätte ich es wol auch hier vermeiden können. Sonst aber weiß ich daß ich tausendfältigen Spaß der sich selbst darbot immer heruntergeschlukt habe, und wenn noch welcher dasteht möchte ich Alles wetten daß ich ihn gar nicht gemacht habe sondern unmittelbar Fichte selbst. Mit dem Recensenten meiner Reden ist es mir eben gegangen wie Dir. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: „Rezension von Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: ‚Die Weihnachtsfeier‘“, in: JALZ, Bd. 1 (1807), Nr. 58 f. (9.–10.3.), S. 457–467 [Schließen] Der der Weihnachtsfeier hat so schön geschrieben als man in einer Recension nur schreiben kann. Ich möchte ihn kennen und glaube daß ich mich über das was ich für Mißverstand halte sehr leicht mit ihm einigen würde. Einige glauben es ist Schelling .
Vgl. Brief 2627, 46. [Schließen] Die Herz hat sich Deines freundlichen Andenkens sehr gefreut und mir die besten Grüße aufgetragen. Sie verläßt uns bald um auch größtentheils aus ökonomischen Rüksichten wenigstens bis gegen nächsten Winter vielleicht noch länger auf Rügen Henriette Herz trat im Frühjahr 1808 eine Anstellung bei Charlotte von Kathen an. [Schließen]bei einer gemeinschaftlichen Freundin von uns zu wohnen. auf den linken Rand überlaufend [Schließen]Bei ökonomisch fällt mir noch ein daß die Münzverwirrung welche jezt hier herrscht mich wol nöthigen wird wenn auch nur auf einige Zeit wie ich hoffe auch von deinem zweiten Anerbieten noch Gebrauch zu machen. – Möchtest du doch nicht nöthig haben über das leer(?) zu werden und vor allen Dingen dein Vaterland ein besseres Schiksal haben als das meinige.
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