Anmerkung zu diesem Tageskalender
Schleiermacher hat den Tageskalender von 1827 im folgenden Jahr ein zweites Mal verwendet. Diese doppelte Nutzung hatte er wahrscheinlich von vornherein vorgesehen, denn die Einträge von 1827 sind auf der linken Seite und die von 1828 auf der rechten notiert. Von diesem Schema weichen einzelne Notate ab, die in den rechten „Spalten“ stehen, jedoch zweifelsfrei dem Jahr 1827 zuzuordnen sind. An einigen Stellen bleibt die Zuordnung zu den Jahren 1827/28 unsicher. - Vom 3. November 1827 bis zum 26. April 1828 besuchte Schleiermacher die KOSMOS-VORTRÄGE von ALEXANDER von HUMBOLDT. In beiden Tageskalendern sind die jeweiligen Einträge mit einer Edition der Vorträge im Deutschen Textarchiv (Nachschrift Parthey) verlinkt.
Freitag
Tugendlehre 9. Dogmatik 16.17. (Aufgabe Differenz der [...] Stuffen zu finden)
Abends griechische Gesellschaft bei Boeckh
place_bbb_zdv_fwKatechisation. Ob Christus da dieses an sich neue(?) Gesez(?) erscheint noch andre Gebote voraus gesezt
Von Einheit des jüdischen Gesezes, so daß man Decalogus von Rituale nicht trennen kann. Judenchristen. Also wie Paulus. Ob Christus Vorschriften der Vernunft voraus sezt. Auch das nicht da diese nur unvollkommne [...] Gottes und des Guten enthält.
Sonnabend
Zur 1. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen]Colleg bei Humboldt. [...] Mittags gesezlose Gesellschaft. Abends bei Buttmann mit Klenzes.
Sonntag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.Facultäts Sizung 1 Uhr
Frühpredigt 1 Thessalonicher 3,8 bis 13. Besuch bei Savigny und Bleek. Facultäts Sizung. Mittags Herz und Schedes [...] 1 Parthie Schach Remi.
Besuch bei Gräfin Voß.
Abends ersten Gesang der Iliade.
In der rechten Spalte notiert.Predigt. Rechter Dank, Klage(?) nach Gemeinschaft. Rechter Wunsch
Montag
Rechts neben dem Wochentag notierte Vormerkung.NB ½ 3 Uhr Trauung bei p Rabes
Tugendlehre 10 Dogmatik 18.19.
Trauung und Mittag bei Rabe
Abends bei Eichhorn
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Womit die Seligkeit in der wir fortschreiten sollen anfange? Vorher geht ihr die Unseligkeit durch das Gesez. Wenn diese anfängt aufzuhören beginnt jene und ist vollendet wenn Gesez und Unselig(?)keit ganz aufgehört haben. Die Seligkeit fängt also mit dem Glauben an.
Trauung. Daß die Ehe die vergeltende Liebe zur Ordnung und Vollständigkeit bringt in Bezug auf Familie Staat und Kirche.
Dienstag
Mittags Dreist und Pischon. Zwei Parthien gewonnen.
Abends die erste DienstagsVersammlung
In der rechten Spalte notiert. Katechisation. Giebt es andres Verhalten gegen Gott als das gegen den Nächsten, wozu es also besonderer Vorschrift bedürfte. [...] dies könnte nur in den Vorstellungen von Gott liegen. Unrichtige nicht mittheilen ist Mangel an Liebe. Durch Mittheilung wird sie verbessert. Also hört das unrichtige Verfahren auf wenn richtig gegen den Nächsten verfahren wird. Sich gar nicht mit Gott beschäftigen ist das schlechteste läßt aber auch kein richtiges(?) Verfahren gegen den Nächsten zu – weil echte Liebe zu Gott ein Streit sein wird zwischen Nächstenliebe und Selbstliebe.
Mittwoch
Zur 2. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen] Humboldts Colleg. – Abends Forstners
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Wenn die Seligkeit mit dem Glauben anfängt muß sie auch mit dessen Vollendung fertig sein. Woher also der Glaube entsteht daher muss auch die Seligkeit sich mehren. Er ensteht aber aus der Predigt. Also Predigt annehmen. Die erste Predigt von Christo ist die vom christlichen Hauswesen der Eltern und Geschwister an die Kinder.
Freitag
Tugendlehre 14. Dogmatik 26 und 27. Griechische Gesellsch aft bei Buttmann
Anfangs in der rechten Spalte, später über die ganze Seite notiert.Katechisation. Mangel an Beschäftigung mit Gott läßt nicht davon ausgehen daß d [...] nach seinem Bilde gemacht sind, ohne diese richtige Vorstellung(?) ist auch kein richtiges Verhalten.
Christi Liebe ging von seiner Beschäftigung mit Gott aus. also muß diese auch in unserm Verhalten eingeschlossen sein. Eben so liebte er seine Jünger nur um seiner Liebe zu den Menschen willen. Also ist diese auch in unsere Bruderliche eingeschlossen.
Sonnabend Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.Sühneversuch
In der rechten Spalte notiert.Ein Oxhoft Medoc kommt an.
die Uebersezung vom 10en Buch der Republik geendigt. Zur 3. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen] Humboldts Colleg.
Mittags in Charlottenburg(?).
Abends keine Studenten.
Montag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.Klassensizung
Tugendlehre 15. Dogmatik 28. 29.
Vom Religionsunterricht als Verdeutlichung des Glaubens
NachMittags lange Klassensizung
Abends Bettine
Arnim(?)
In der rechten Spalte notiert.Vom Religionsunterricht als Verdeutlichung des Glaubens als Vorbereitung auf den öffentlichen Gottesdienst. Vom Erbauen das nicht bloß Ruhen und Belehren ist als einem gegenseitigen Werk. Von der Predigt des gemeinsamen christlichen Lebens.
Dienstag
Mittag Dreist und Pischon der seine Bestätigung(?) anbringt(?). 2 Parthien Schach gewonnen
Abends zweiter Dienstag wobei Waldenburg und Reimers
In der rechten Spalte notiert.Katechisation . Ob es kein besonderes Verhalten gegen Gott gebe als die Beschäftigung in Vorstellungen. Uebrig ist noch die von auf Gott gerichteten Handlungen. Solche läßt die evangelische Kirche nicht zu, weil Handlungen sich nur auf Gott beziehen können sofern sein Wille dabei zum Grunde liegt und dieser hat zum Gegenstande auch die Welt. Aber Bestimmung des Gefühls durch Gott giebt es. Ohne diese aber ist das rechte Handeln gegen die Menschen eben so wenig möglich. Denn man hat Wohlgefallen an den Menschen auf so verschiedene Art als man sie denkt.
Mittwoch
KrankenCommunion. Colleg bei Zur 4. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen] Humboldt. Vergeblicher Besuch bei Humboldt.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Wir scheinen vom Einfluß der Schrift noch handeln zu müssen, weil dieser nicht in Unterricht und Kirche eingeschlossen bleiben soll. – Gegensaz zwischen der evangelischen und katholischen Ansicht. Mißverständnisse sind zu erwarten; bei wichtigen Gegenständen schädlich. Bei uns flößt die Anleitung(?) Vertrauen ein, welches in dem Maaß bei der katholischen Kirche fehlt.
Freitag
Tugendlehre 19. Dogmatik 36. 37. Besuch bei Bleek.
NachMittags KirchenCollegium bei Kober.
Griechische Gesellschaft bei Hosbach.
In der rechten Spalte notiert.Für Luise Fischer 401 rth 8 gr eingenommen
Katechisation. Empfindungen gegen Gott sind Ehrfurcht und Vertrauen. Jene sichert gegen den Übermuth, dieses gegen die Niedergeschlagenheit und ohne die Furche(?) die zwischen beiden liegt ist kein richtiges Verhalten möglich.
NB(?) Also nicht ganz so aufgenommen wie neulich geschlossen war, weshalb auch eine Rükkehr möglich ist.
Sonnabend
Frühpredigt über 1 Thessalonicher 4,1–12. Communion. Besuch von Schwerins. Zur 5. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen]Collegium bei Humboldt. Vergeblicher Besuch bei Frau von Humboldt. Besuch bei Karoline Schede (Minens Geburtstag) und bei der Fischer.
Mittags gesezlose [Gesellschaft ]. Abends allein, nichts gelesen.
In der rechten Spalte notiert. Das abmahnende, die christliche Tendenz darin in Gott [...] . Vergleichung zwischen dem natürlichen und dem durch Christum hinzugekomnen in Bezug auf Römer 1.In der rechten Spalte notiert.Das Zuredende, die Vollendung [...] ist im Abschließen so daß wir des draußen nicht bedürften. Anwendung auf das was wir von den heidnischen Zeiten geerbt.
Sonntag
Frühpredigt über 1 Thessalonicher 4,1–12. Auf der rechten Seite als Hinweis auf die Eintragung des Vortages notiert, da Schleiermacher sich bei seiner im Nachhinein vorgenommenen Eintragung beim Wochentag geirrt hatte.Siehe Sonnabend den Inhalt. Communion. Spaziergang mit den Kindern.
Mittags weil nicht gekocht werden konnte bei Schedens mit Nathanael.
Abends allein: der Thee ging zu spät an um zu lesen.
Montag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.StadtVerordnetenWahl
Tugendlehre 20 Dogmatik 38. 39.
Mittags mit Reimer auf dem Fest der Städte [...] sehr spät nach Hause gekommen so daß nicht mehr konnte gelesen werden.
In der rechten Spalte notiert. Katechisation. Ueber den Unterschied des alten und neuen Testaments. Jüdische Geschichte allgemein geschichtliche und prophetische Bücher aus Geschichte und Lehre zusammengefaßt. Zweideutigkeit der alttestamentlichen Sittenlehre wegen Einmischung bloßer Erfahrungssäze und wegen Mangels der allgemeinen Liebe
Dienstag
Nach der Katechisation vergeblicher Besuch bei Frau von Kreuzer(?). Mittag bei Prinz August.
Philologische Klassensizung über die Inschriften.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Ob nicht nähere(?) Untersuchung anzustellen darüber in wiefern auch das Betragen gegen sich selbst in der Regel Christi mit enthalten ist. – Sofern es Selbstliebe giebt, giebt es auch ein Verhalten gegen sich selbst. Selbstliebe ist gewiß Gefühl, als solche aber Mitgefühl. Das Mitgefühl aber ist als ein zweites zum ersten, nur das Brüten über dem ursprünglichen und in jedem Falle verkehrt.
Mittwoch
Dogmatik 40 die andere Stunde fiel aus. Bescherung. Jonas erscheint unerwartet. Katechisation fiel aus und Schleiermacher konnte an seinem Geburtstag Alexander von Humboldts Kosmos-Vorträge nicht besuchen. [Schließen] Humboldt ward ebenfalls der Besuche wegen versäumt. Mittags Jonas. NachMittags Besuch von Jeanette und Bunsen. Abends Studenten Fakelzug und Geschenk
Freitag
Tugendlehre 24. Dogmatik 43. 44.
Mit Einfügungszeichen am unteren Rand des Tages. Vormittags (?) Besuch von Mr. Hodgy
Abends griechische Gesellschaft bei Lachmann
In der rechten Spalte notiert. Katechisation. Selbstliebe als gleiche oder gegenseitige Unterstüzung ist nur Schein. Es ist nur(?) die gleichmäßige Fortwirkung aller Kräfte. Als ungleiche käme sie auf das sich bessern wollen hinaus welches aber man versuche es wie man wolle nicht möglich ist.
Sonnabend
Akademische Sachen gearbeitet. .Zur 7. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen]Mit Jonas zu Humboldt Vorbereitung. KrankenCommunion.
Abends viele Studenten mit Jonas und Appel(?)
In der rechten Spalte notiert.Ueber Johannes 8,51. Unser Glaube daß in Christo das Leben ist. Wie Abraham und die Propheten so ist alles menschlich große E [...] ohne eine solche Quelle des Lebens zu eröffnen. Jesus hat sich entweder überhoben (?)oder er ist wirklich der Eingeborene. In der Gemeinschaft mit ihm soll uns das Abendmahl befestigen.
Sonntag
Hauptpredigt über 1 Thessalonicher 4,13–16. In der rechten Spalte notiert. Thema. Die Lehre daß die späteren den früheren nicht zuvorkommen am Tage des Herrn I in Bezug auf die Vorangegangenen, denen wir zu vorkommen könten was die einzelne Gemüthsverfassung und was die allgemeine geschichtliche Entwikelung betrifft. II in Bezug auf die welche nach uns zurükbleiben werden, als Gegenstände unseres Fleißes und unserer Theilnahme.
Communion, wobei mir Jonas half. Taufen.
Mittags allein. NachMittags Besuch bei Eichhorn. Abends bei Schedes. Gertrud liegt im Bette.
Montag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.NB Taufe und Trauung.
Tugendlehre 25. Dogmatik 45. 46. die Einleitung geschlossen.
Taufe und Trauung. Besuch bei Singer(?).
NachMittags Besuch von Jonas. Nothtaufe, am Plato gearbeitet. Abends Ilias III gelesen
In der rechten Spalte notiert. Katechisation. Ueber die Entstehung des Alten Testaments an sich als Sammlung aller althebräischen Bücher und über die Entstehung der Zusammenstellung des alten und neuen Testaments aus der ersten(?) Einrichtung des christlichen Gottesdienstes. Ueber die Verschiedenheiten im Neuen Testament
Dienstag
Mittag Jonas Pischon und Dreist.
Abends bei Wigans(?) mit Jonas Spilleke und den Lehrern.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Christus selbst befiehlt es Selbstliebe in Uebereinstimmung mit Gottes und Nächstenliebe. Ausgehend von der Zweiheit von Geist und Fleisch ist also eine Ehrfurcht und eine Fürsorge, Gehorsam und Leitung möglich und dies die wahre Selbstliebe nur(?) gegen das umgekehrte wenn Geist dem Fleisch gehorcht p auch die verkehrte ist.
Mittwoch
Zur 8. Stunde der Kosmos-Vorträge Alexander von Humboldts an der Berliner Universität vgl. die Nachschrift von Gustav Parthey. [Schließen]Colleg bei Humboldt
NachMittags KrankenCommunion
Abends die vorlezte wöchentliche Gesellschaft mit Nicolovius (?) Bunsen und Klenze
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Innerer Grund zur Beibehaltung des Neuen (?) Testaments ist die Beziehung auf Christum. Wenn diese auch nicht überall durchgeht und also das abgekürzte Verfahren auch möglich ist, so müßen wir auch um das auf Christum bezügliche ganz zu verstehen das Ganze behalten.
In der rechten Spalte notiert.Ueber die innere Gleichheit des Neuen Testaments. Sie ist nicht in den Elementen denn es komt manches äußerliche vor, aber in den Büchern mit Ausnahme der Apokalypse.
Freitag
Tugendlehre 29. Dogmatik 53.54.
Griechische Gesellschaft bei Klenze
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Daß die Anweisung zu dieser Selbstliebe auch in ⎡Vgl. Philipper 2,2. [Schließen]dem Gebot Christi liege indem [...] seine gleiche Liebe zu andern weder bei der verkehrten Selbstliebe noch bei dem Mangel der richtigen bestehen kann. In diesem Gebot ist also die vollständige Einheit aller Liebe enthalten.
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