Anmerkung zu diesem Tageskalender
Schleiermacher hat den Tageskalender von 1827 im folgenden Jahr ein zweites Mal verwendet. Diese doppelte Nutzung hatte er wahrscheinlich von vornherein vorgesehen, denn die Einträge von 1827 sind auf der linken Seite und die von 1828 auf der rechten notiert. Von diesem Schema weichen einzelne Notate ab, die in den rechten „Spalten“ stehen, jedoch zweifelsfrei dem Jahr 1827 zuzuordnen sind. An einigen Stellen bleibt die Zuordnung zu den Jahren 1827/28 unsicher. - Vom 3. November 1827 bis zum 26. April 1828 besuchte Schleiermacher die KOSMOS-VORTRÄGE von ALEXANDER von HUMBOLDT. In beiden Tageskalendern sind die jeweiligen Einträge mit einer Edition der Vorträge im Deutschen Textarchiv (Nachschrift Parthey) verlinkt.
Montag
die Pappenheimer. Spaziergang nach
[Schließen]
Aichberg(?)
, zulezt Regen. Mittag bei Graf Geßler mit Wappenfinden.
Vergeblicher Besuch bei Frau Barchewitz.
Abends allein.
Dem Kutscher für 6 Tage Fuhrlohn und Kostgeld rth 26(?)
Mittwoch
neue Verabredung mit dem Kutscher Besuch von Neygenfind. Abschied bei Graf Geßler, Begegnung mit Gneisenau. Lezter Mittag. Abfahrt über Hirschberg und dann im schönsten Mondschein über den Kapellenberg nach Schönau.
Wäsche | rth | 3. | |
kleine Auslage | 1. | 12 ½ | |
Biergeld | 3. | 15. | |
Für Leinwand | 11. | ||
Chaussee | 10 | ||
19. | 7 ½ |
Donnerstag
Von Schönau aus dem Adler über Goldberg nach Liegnitz wo wir statt des Rautenkranz leider in den Adler kamen. Von da NachMittags der Chaussee wegen über Parchwitz nach Lüben in den grünen Baum.
In Schönau | 2 rth | 25 | |
In Liegnitz inclusive der Pantoffel | 3. | ||
Obst [...] und in Goldberg | 1. | 2 ½ | |
Chaussee | 1. | ||
Pantoffeln in Lüben | 17 ½ | ||
rth | 8. | 15. |
Freitag
Ueber Polkwitz nach Neusalz. Plehwe und Schueling(?). Plehwe bringt seine Marie(?). Von dort sehr langsam nach ⎡gemeint ist Grünberg [Schließen]Grüneberg.
In Lüben | 3. | rth | 27 ½ |
In Neusalz | 2. | 10. | |
Chaussee | 1. | 7 ½ | |
7. | 15. |
Dienstag
Katechisation. Besuch bei Singer, Geldwechsel, Uhr Mittag Pischon und Dreist, Abends Besuch von Nicolovius und Steffens. – Abends mit Steffens Tieck und Herz bei Schede's.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. ⎡Vgl. Matthäus 6,24. [Schließen]Daß Doppelherrschaft immer zum Zwiespalt führe. Christus ist gegen sie. Die Herrschaft über die Erde gehört zum günstigen Wohlsein, und aus dieser sollen die ersten Mittel hervorgehen. Keiner soll mehr davon begehren als er auf diesem Wege erlangen kann.
Mittwoch
Mittag die Goßlersche Trauung, Abends allein mit angegriffenen Augen und Müdigkeit.
In der rechten Spalte notiert.TrauRede: Gott ist Macht und Liebe, so auch Christus in hingebender Liebe König. Unsere Aehnlichkeit mit Gott fängt mit Liebe an; die Liebe wird aber nur Macht durch den Glauben an die Liebe als Reich Gottes, als Uebereinstimmung mit seinem Willen. – Der Ehestand ist eine große Macht, bei der Theilung der Geschlechter ist er der erste Anfang der göttlichen Heilsordnung. Der Einzelne das Gleichgewicht, das brüderliche(?) Gefühl stellt sich darum her wenn Leiden und Freuden aus den natürlichen Verhältnissen für Alle dieselben sind. Gute Sitte muß darin gedeihen(?) welche(?) dem Verderben(?) steuern kann. Die christliche Kirche sezt darauf. Alle diese Hofnungen(?) gehn um so mehr in Erfüllung je stärker Glaube und Liebe werden und um desto mehr Friede und Freude. – So gehen auch sie hin, und wenn das Leben immer reicher und gesegneter wird, wenn sie nahe und ferne Freude verbreiten: so verkünden sie daß alles von oben kommt, und alles Gute und Schöne trage die Ueberschrift Christi damit das Haus Theil der Gnade sei.
Freitag
Nach der Katechisation Besuch bei Stobwassers und bei Lotte. Besuch von Anders und Prediger Stobwasser. Besuch von Gräfin Voß und Marie. NachMittags CondelenzBesuch bei Wolfarts.
Abends griechische Gesellschaft bei Bekker
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Die bürgerliche Gesellschaft ist die Anordnung der Herrschaft über die Erde. Sie soll daher imer mehr mit der christlichen Kirche in Uebereinstimmung kommen. Giebt es Widersprüche zwischen dem Gesez und dem Gewissen: so ist bis zur gleichen Ueberzeugung keine andre Ausgleichung möglich als sich der Strafe zu unterwerfen.
Sonnabend
Kammerherr von Rosenblad. Vorbereitung.
Abends Ludwig und nimmt Abschied.
In der rechten Spalte notiert.Vorbereitung Lucas 14,23.24. Anwendbarkeit 1.) Auch viel falsche Beschuldigung wodurch wir uns selbst aus schließen. Wir sollten mehr auf die Kraft des Wortes und der Versammlung bauen und das Zerstreuende weniger hoch nehmen.
2.) Aus allen Ungleichheiten bunt zusamengesezt; je mehr desto mehr ist es seine Freude.
3.) daß sein Haus voll werde. Dazu sollen wir Alle auch beitragen. ⎡Vgl. 1. Corinther 11,26. [Schließen]Indem wir seinen Tod verkündigen sind wir auch einladende Knechte
Sonntag
Hauptpredigt über Matthäus 22, Communion, Taufen.
Mittags die Herz und beide Kadetten. Bernuthsche Trauung mit spätem Mittag
(?) In der rechten Spalte notiert. NB(?) Trauung. Zeitbindende Entschlüsse beruhen bei der nahen Veränderlichkeit auf dem BeWußtsein eines unvergänglichen und die Stiftung der Ehe besonders auf dem einer alles ausgleichenden Zusammengehörigkeit
Montag
Präs. Friesen(?) bringt seine Tochter. – Begräbniß der Hofräthin Wolfart. – Luisens Geburtstag-Feier.
Platon wieder angefangen. Abends Gesellschaft Nicolovius und Klenze und Schedes. [...] p
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Zurükgehn auf die Elemente der Seligkeit: eigenes und fremdes Gutsein berechnung über die Unvollkomenheit, Genuß Gottes und Christi, Sicherheit wegen der Zukunft – Keine streitige Unterordnung zwischen dem Schaffen eigner und fremder Seligkeit; das Schaffen ist nur in der Gemeinschaft möglich.
In der rechten Spalte notiert.Da aber alle Seligkeit immer nur unvollkommen ist: so fragt sich auf welchem Wege man von dem unvollkommenen zum vollkomenern fortschreitet. In der rechten Spalte notiert.Vorläufige Antwort daß dies nur durch die Wirksamkeit Christi und seiner Gemeinde geschehen kann.
Dienstag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.Haustaufe Leipziger Straße 93
Nach der Katechisation Taufe und Dejeuner. Mittags Pischon Zwei Parthien Schach gingen auf.
Abends allein; alles war wüste von gestern.
In der rechten Spalte notiert. Katechisation. Ueber das Heraustreten aus der christlichen Kirche. Erzwungenes abschwören soll es nicht geben. Ob es eine Verheimlichung der Meinung (ein falsches Anstellen ist [...] etral) geben dürfe um dies zu vermeiden. Daß hierüber schwerlich etwas allgemeines aufzustellen ist.
Mittwoch
Besuch von Dreist. Hutkauf.
Mittags Ohl und Schirmer. Abends Forstners.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Ob es unterschieden von der Seligkeit noch eine Glükseligkeit gebe? Beantwortet bejahend aber nicht als Gegenstand eines eigentlichen Bestrebens. Zurükgehend auf den ⎡Vgl. Matthäus 6,33. [Schließen]Ausspuch Christi Trachtet p, Erklärung desselben a. Unterscheidung des Reiches(?) Gottes und alles andern b. Reich Gottes und Gerechtigkeit und Trachten und Zufallen
Freitag
Vergeblicher Gang zu Nicolai. Besuch bei Singer. NachMittags Luisenball(?) bei Marheine Kober(?). griechische Gesellschaft bei mir.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Man darf nicht verschweigen wo es zum Beruf gehört, Mit Einfügungszeichen aus der linken Spalte.ohne alle Rüksicht auf den Erfolg, man darf auch unschädlichen Irrthum, im Grunde aber ist jeder schädlich weil wenn ein unwürdiger Zustand ist, hingehen lassen wenn er nicht im gegebenen Verhältniß liegt. ⎡Vgl. Matthäus 10,33. [Schließen] Aber christliche Wahrheit fördern gehört zum allgemeinen Beruf, und Christus sagt wer mich nicht bekennt p
Montag
Rechts oberhalb des Wochentages notierte Vormerkung.Taufe bei Tamnau 7 Uhr
Nach der Katechisation auf der Universität wegen des Anfanges.
Mittags bei Reimer mit Steffens und Eichhorns p
Abends Taufe bei Tamnau dann Schw. Whist(?)
In der rechten Spalte notiert. Katechisation . Die Verbindung zwischen beiden. Nicht so daß eines das Maaß des andern ist. Auch nicht so daß wir alles äußere sollen dem Zufall überlassen und Arbeit oder Wohltätigkeit aufgehoben wird. Sondern so daß alle Beschäftigung mit den äußeren Dingen nur auf das Reich Gottes bezogen wird
Dienstag
Rechts neben dem Wochentag notierte Vormerkung.Anfang der Vorlesungen
In der rechten Spalte notiert.Katechisation ausgefallen
Ethik und Dogmatik angefangen . Leztere aber nur eine Stunde wegen des Aschebergschen Begräbnisses. – Katechisation mußte ausfallen. Besuch von Humboldt und Bunsen.
Mittags Pischon Dreist und die Herz. NachMittags Vortrag in der philologischen Klassensizung über die platonische Zahl aus [...] .
Abends allein Jacobi gelesen.
Mittwoch
Nach der Katechisation Besuch bei Klenze's und Bleeks. Mittags Herr Ohl. NachMittags am Plato
Abends Forstners.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation. Siehe 15ter October Wie erfolgt das Fortschreiten durch Gemeinschaft und durch Beistand Christi. Bibel und alle christliche Ordnung gehört zur Gemeinschaft. Giebt es einen Beistand Christi nach seiner Entfernung? Ist göttlicher Geist (auf den auch alles zur Gemeinschaft gehörige zurükkommt) und geistige Gegenwart(?) und Einwirkung Christi einerlei oder verschieden? – Einwirkungen ohne Zusammenhang mit dem [...] Leben(?) Christi giebt es nicht(?). Aber Christum persönlich unwirksam denken geht auch nicht.
Freitag
Tugendlehre 4. Dogmatik 6 und 7.
KrankenCommunion in Bellevue(?). Mittag mit Bunsen(?) in der spanischen Gesellschaft.
Griechische Gesellschaft bei Hirt
In der linken Spalte notiert.Katechisation. Bekentniß nothwendig überall(?) wo die Veranlaßung dazu sich im gegenwärtigen Verhältniß ergiebt. Dasselbe gilt vom Bekentniß zur besonderen Ansicht des Christenthums in dem Maaß als die Differenz uns wichtig(?). Ueber Heraustreten(?) aus der christlichen Kirche durch Ausschließung. Die algemeine christliche Kirche tut es nicht weil sie alles aufnehmen soll. Die besonderen dürfen es thun wenn sich einer zur entgegengesezten neigt. die evangelische thut es aber doch nicht
Sonntag
Hauptpredigt über Matthäus
22,10–13 Taufen. Mittags Mühlenfels, Forstner, Wilhelm und die
Herz. 2 Parthien Schach mit ihr. Trauung und Taufe bei
Simon
Mühlenfels war unterdes fort.
Abends mit der Herz und groß Jette zu Schedens die Frau blieb unwohl zu Hause.
In der linken Spalte notiert.Verhältniß zwischen beiden Unterscheidungen gut und böse hochzeitlich und nicht. I der erste ist nicht das höchste a Gut bezieht sich auf Gesez jüdisch heidnisch allgemein b aus Gottgefälligkeit ist darauf nicht zu bauen
Montag
Tugendlehre 5. Dogmatik 8 und 9. Geldwechsel und Einkauf.
NachMittags Plato. Die beiden
ältesten und Luise im Theater
Hildegard
leidet sehr
In der linken Spalte notiert.Katechisation. Aehnlichkeit der Frage mit der ob Gott ruht. Wie man hier nur sagen kann, göttliche Thätigkeit in der Erhaltung und Wirksamkeit der endlichen Kräfte sei dasselbe aber dieses beziehe sich auf die Beachtung (?)jenes auf die Frömmigkeit so wäre es gut auch mit Christo, zumal wenn es eine persönliche Wirksamkeit über jenes Gebiet hinaus nicht geben kann da er sonst nicht vollendet hätte. Wir müssen aber auch hier den Grund zu die ser Verschiedenheit des Ausdrucks aufzufinden suchen
Dienstag
Hildegard ist bedeutend besser. – Mittag bei Prinz August.
Abends allein, den Jacobischen Briefwechsel beendigt. Die Mädchen hielten nicht bis zu Ende aus.
In der linken Spalte notiert.Katechisation. Recapitulation von(?) der Absicht ob wir mit der christlichen Kirche stehn geblieben über der Zeilefertig geworden sind.
Blieb stehen dabei: Ob vom Verhalten in der christlichen Kirche aus Veranlassung Johannes 13,34 hinreichend geredet wurde
Mittwoch
Besuch von Cunningham; Mittags Ohl.
Abends bei der Herz.
In der rechten Spalte notiert.Katechisation.
Christus nimt seinen eigenen
fortwährenden Einfluß um das persönliche
Verhältniß festzuhalten; den heiligen
Geist um seine Jünger an die Gemeinschaft zu binden
der eine hält sich mehr an das Eine, der andere mehr an das
andere; wer aber eins von beiden verwerfen will fällt aus der
Uebereinstimmung mit Christo heraus.
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