01. November 1799

Von August Wilhelm Schlegel erhält Schleiermacher 40 Exemplare des Privatdrucks eines „Sonetto à la burchielleska“ gegen Garlieb Merkel, weil dieser in Berlin das Gerücht verbreitet hatte, den Brüdern Schlegel sei vom Weimarer Hof eine Fortsetzung des „Literarischen Reichsanzeigers“ im Athenaeum verboten worden; zusammen mit Bernhardi und Fichte soll Schleiermacher das von A. W. Schlegel und Tieck verfasste Gedicht gezielt in Berlin verbreiten.Vgl. Brief 715, 3–30; zum Gerücht Brief 710, 32–37 [Schließen]A. W. Schlegel schlägt Schleiermacher vor, Friedrich Heinrich Jacobis Schrift „Jacobi an Fichte“ für das Athenaeum zu rezensieren;Vgl. Brief 715, 47–52 [Schließen] dieser Plan wird nicht realisiert.

Anfang November 1799

Schleiermacher beginnt mit der Niederschrift der „Monologen“;Vgl. Brief 717; über die Entstehung dieser Schrift, die Anfang Januar 1800 ohne Nennung des Autors erschien (KGA I/3, S. 5–61), gibt Schleiermacher rückblickend in einem Brief an Henriette Herz vom 16. September 1802 Auskunft: „Nichts ist mir so unvermuthet entstanden. Als ich die Idee faßte, wollte ich eigentlich etwas ganz objektives machen, nicht ohne viel Polemik, und das subjektive sollte nur die Einkleidung sein. Aber im Entwerfen des Plans wuchs mir das subjektive so über den Kopf, daß auf einmal die Sache, wie sie jezt ist, vor mir stand“ (Briefe, Bd. 1, S. 338). – Zur Entstehung vgl. auch die Historische Einführung in KGA I/3, S. XV–XXI. [Schließen] bereits zum 21. November – seinem Geburtstag – hoffte er, das Manuskript abschließen zu können.Vgl. Brief 719 [Schließen]

Wohl November 1799

Schleiermacher berichtet seiner Schwester Charlotte, er habe Unannehmlichkeiten, die Eleonore Grunow betroffen haben, „durch eine mit dem besten Willen und im reinsten Eifer begangene Unvorsichtigkeit vielleicht vermehrt und verlängert“.Vgl. Brief 726, 27–29 [Schließen] Dabei handelt es sich möglicherweise um den Heiratsantrag, von dem Schleiermacher der Schwester unter dem Datum des 1. Juli 1801 rückblickend, aber ohne nähere Zeitbestimmung berichtet.Vgl. W.Dilthey: Leben Schleiermachers, Berlin 1870, S. 483–485; Dilthey setzt den Vorfall aufgrund des Datums des schriftlichen Bekenntnisses Schleiermachers in 1801, wobei er für 1799 ohne nähere Angaben über die „leidenschaftliche Aeußerung eines Moments“ zu berichten weiß, die Schleiermacher selbst lebhaft getadelt habe. – Unter dem 1.7.1801 schreibt Schleiermacher, er habe von einer romantischen Begebenheit (die er eventuell als Stoff für seinen Roman verwenden wollte) zu berichten, „ob ich gleich weiß daß Du mich tadeln wirst wie ich mich selbst getadelt habe; wenn ich Dir nur auch meine Bewunderung der Grunow so mittheilen könnte, wie sie es verdient. Es war bei einer Gelegenheit, wo sich G. sehr unanständig gegen sie betragen hatte, ich unaufgefordert mit ihr davon sprach, und sie mich, ohne daß sie es merkte, in manche Theile ihres Verhältnisses zu ihm tiefer hineinblicken ließ, die ich vorher noch nicht so gekannt hatte, daß ich ihr den Rath gab, und zwar mit sehr vieler Wärme, sich ja, je eher je lieber, von ihm zu trennen, nicht länger für nichts und wieder nichts ihr ganzes Gemüth aufzuopfern und ihre schönsten Kräfte ungenutzt zu lassen. Sie versicherte mich, daß sie die Wichtigkeit dieser Gründe sehr gut fühle, ihr Leben wäre verloren und für ihn wäre nichts dabei zu gewinnen, sie könnte mit allem Rath und Beispiel seine Gesinnung nicht ändern, und auch mit aller äußeren Anstrengung und Sorgfalt sein Unglück nicht abwenden. Sie hatte tausend von der äußeren Welt und den Verhältnissen darin hergenommene Bedenklichkeiten, die ich ihr denn aus unseren gemeinschaftlichen Grundsätzen widerlegte. Endlich sagte sie: aber was würde ich denn gewinnen, wenn ich ihn aufgäbe? Er würde, wenigstens auf lange Zeit, noch unglücklicher sein; ich würde zu meiner Mutter aus tausend Gründen, die Sie wohl fühlen, nicht zurückkehren; ich würde allein leben von meiner Hände Arbeit und dabei würden meine Kräfte sich auch nicht besser entwickeln können und mein inneres Leben würde auch nicht mehr gewinnen, als daß ich des beständigen Widerspruchs zwischen dem inneren und äußeren nun endlich los wäre. ,Ach,' sagte ich, ,Sie könnten meine Frau werden und wir würden sehr glücklich sein.' Ich erschrak mich als ich es gesagt hatte und sie auch. Es war der unwillkürliche Ausbruch eines Wunsches, der sich erst mit diesen Worten zugleich gebildet hatte. Nach einer kleinen Pause sagte ich zu ihr: ,liebe Freundin, verzeihen Sie, das war eine entsetzliche Uebereilung, die uns beide in die peinlichste Lage setzen kann. Sie glauben mir, daß ich, als ich das Gespräch begann, mit keinem Gedanken an eine solche Aeußerung angefangen habe, und wenn wir auch nicht vergessen können, daß sie mir entfuhr, so muß es doch auf unser Handeln auch nicht den geringsten Einfluß haben, das ist das einzige Mittel, wie Sie sich Ihre innere Ruhe und, wo möglich, Ihre Unbefangenheit erhalten können.' ,Ja wohl, wo möglich,' sagte sie, ,um die Unbefangenheit möchte es nun wohl geschehen sein. Werde ich nicht bei jeder Gelegenheit, auch bei dem entschiedensten Recht auf meiner Seite, mich vor mir selbst fürchten müssen, daß nicht Ihr Wunsch von heute Einfluß auf mein Betragen hat?' Und so ist es auch seitdem ergangen. Sie quält sich mit diesem Verdacht gegen sich selbst und sie duldet, was sie sonst nicht würde geduldet haben.“ (S. 484f) [Schließen]

Zitierhinweis

Chronologie - 1799, erarbeitet von Andreas Arndt, Wolfgang Virmond und Johann Gartlinger (Elektronische Erfassung). In: schleiermacher digital / Chronologie, hg. v. den Schleiermacher-Forschungsprojekten. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S9939860 (Stand: 26.7.2022)

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Chronologie

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