Unter mehreren ihm angebotenen Stellen entscheidet sich Schleiermacher im Dezember 1795 für die des reformierten Predigers an der Berliner Charité. In der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1796 zieht Schleiermacher nach Berlin und hält am 18. September 1796 seine Antrittspredigt in der Charité. Das Jahr 1797 ist (abgesehen vom Predigtamt an der Charité) geprägt durch kleinere Arbeiten und Übersetzungen sowie die Einführung in das gesellige Leben Berlins. Im August begegnet Schleiermacher in der „Mittwochsgesellschaft“ – vermittelt durch Brinckmann – erstmals Friedrich SchlegelVgl. Brief 395, KGA V/2. [Schließen], mit dem ihn in den darauffolgenden Jahren eine intensive Freundschaft verbindet. Im Dezember des Jahres zieht Schlegel bereits zu Schleiermacher in dessen Dienstwohnung.Vgl. Brief 424, 152f, KGA V/2. Vgl. dazu auch Andreas Arndt: „Eine literarische Ehe. Schleiermachers Wohngemeinschaft mit Friedrich Schlegel“, in: Ders.: Schleiermacher als Philosoph, Berlin/Boston: De Gruyter 2013, S. 31–41. [Schließen] Das Jahr 1798 steht im Zeichen vielfältigster Studien und Projekte, u. a. zu Kant und Fichte, zu Shakespeare, zur Physik und Chemie. Seine Übersetzung der Fawcettschen Predigten erscheint bei Mylius in Berlin; im Athenaeum, dem kurzlebigen gemeinsamen Zeitschriftenprojekt mit den Brüdern Schlegel und Novalis, erscheinen Fragmente Schleiermachers. Gegen Jahresende arbeitet er an der (Fragment gebliebenen) Abhandlung „Versuch einer Theorie des geselligen Betragens“, die Anfang 1799 im „Berlinischen Archiv der Zeit und ihres Geschmacks“ erscheint.Vgl. KGA I/2, S. 163–184. [Schließen] Ebenfalls im Jahr 1798 beginnt Schleiermachers Verhältnis mit Eleonore Grunow, der unglücklich verheirateten Frau des Predigers August Christian Wilhlem Grunow am Invalidenhaus (dessen reformierte Bewohner Schleiermacher im Rahmen seiner Stelle seelsorgerlich zu betreuen hatte). Es erregt mancherlei Anstoß, u. a. bei Schleiermachers Mentor Friedrich Sack. Im Jahr 1799 ist Schleiermacher für kurze Zeit als Vertreter des Hofpredigers Johann Peter Bamberger in Potsdam tätigVgl. KGA V/3, S. XX. [Schließen], kehrt aber Mitte des Jahres nach Berlin zurück und nimmt seine Tätigkeit als Charité-Prediger wieder auf.Vgl. Brief 656, 1–3, KGA V/3. [Schließen] Im April des Jahres steht seine erste Predigtpublikation an.In der „Auswahl noch ungedruckter Predigten von Ammon, Barteis, Diterich, Löffler, Marezoll, Sack, Schleiermacher, Spalding, Teller, Zöllner, Zollikofer" (Predigten von protestantischen Gottesgelehrten. Siebente Sammlung) erscheint als 13. Predigt auf S. 231–256 Schleiermachers Predigt „Die Gerechtigkeit ist die unentbehrliche Grundlage des allgemeinen Wohlergehens. An einem allgemeinen Bettage“, vgl. KGA V/3, S. XXIII. [Schließen] Er schreibt verschiedene Rezensionen und Schriften, darunter die „Briefe bei Gelegenheit der politisch theologischen Aufgabe und des Sendschreibens jüdischer Hausväter“Vgl. KGA I/2, S. 327–361. [Schließen], mit denen er in die Debatte um die rechtliche Gleichstellung der Juden eingreift, und die in Potsdam ausgearbeiteten Reden „Über die Religion“, die sein vielleicht berühmtestes Werk werden sollen.Vgl. Brief 671, 14f, KGA V/3; die „Reden“ in KGA I/2, S. 189–326. [Schließen] Die „Monologen“ werden von ihm im Jahr 1799 fertig gestellt und erscheinen Anfang 1800 als „Neujahrsgabe“.Vgl. Brief 717, KGA V/3; die Schrift erscheint Anfang Januar 1800 ohne Nennung des Autors, vgl. KGA I/3, S. 5–61. [Schließen] Schleiermacher macht in dieser Zeit ebenfalls Bekanntschaft mit Henrik SteffensRückblickend schreibt Steffens an A. W. Schlegel aus Freiberg unter dem 26.7.1799: „Gefreuet hat mich in Berlin: die Bekanntschaft mit Ihren geistvollen Bruder [...] Gefreuet hat mich ferner die Bekanntschaft mit Tieck [...] Ferner hat mich die Bekanntschaft mit der geistvollen Madam Veit gefreuet, und mit den [!] guten Schleyermacher, dessen Reden über die Religion wohl noch nicht heraus sind?“ (A. W. Schlegel: Briefe, Bd. 1, S. 95, Nr. 79). Henrich Steffens wurde später Schleiermachers Kollege an der Hallenser Universität und war mit ihm eng befreundet. [Schließen] und Johann Gottlieb Fichte.Vgl. Brief 671, S. 2–11, KGA V/3. [Schließen] Im Jahr 1800 publiziert er zur Verteidigung seines Freundes Friedrich Schlegel seine „Vertrauten Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde“Vgl. KGA I/3, S. 139–216. [Schließen] und beginnt seine – als gemeinsames Unternehmen mit diesem zusammen konzipierten – Platon-Übersetzungen.Vgl. KGA IV/3. [Schließen] Das Jahr 1801 ist durch vielfältige Projekte in Berlin gekennzeichnet, u.a. gemeinsame philologische und textkritische Studien mit Georg Ludwig Spalding und Ludwig Friedrich Heindorf. Als kirchlich-theologisches Gegenstück zu seinen Reden „Über die Religion“ veröffentlicht er seine erste Predigtsammlung.Vgl. KGA III/1, S. XXXIII. [Schließen] Gegen Ende des Jahres verstärken sich die Verstimmungen zwischen Schleiermacher und Friedrich Schlegel in Anbetracht der gemeinsamen Platon-Übersetzung; der Frühromantikerkreis beginnt sich als Freundes- und Intellektuellenkreis aufzulösen. Nachdem an Schleiermacher Anfang März 1802 ein Ruf auf die Hofpredigerstelle in Stolp ergeht, den er annimmt, verlässt er Berlin und findet in Stolp einen neuen Wirkungskreis. Die Zeit in Stolp ist durch seine Predigtaufgaben, umfangreiche und beschwerliche Dienstreisen bis nach Westpreußen und Arbeiten an eigenen Studien geprägt, so u.a. an der „Kritik der Moral“ („Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre“).Vgl. KGA I/4, S. 27–357; vgl. dazu z.B. Brief 1317, 81–89, KGA V/6. [Schließen] Schleiermacher beklagt in Briefen oft seine Einsamkeit und meint sein baldiges Ableben zu erahnen. Zur Mitte des Jahres 1803 teilt Friedrich Schlegel Schleiermacher mit, dass er aus dem Projekt der Platon-Übersetzung aussteigt.Vgl. Brief 1490, 23–103, KGA V/6. [Schließen] Schleiermacher möchte das Projekt trotzdem alleine weiterführen und wechselt dazu den Verleger: nun soll die Übersetzung nicht mehr bei Friedrich Frommann, sondern bei Georg Reimer, Inhaber der Berliner Realschulbuchhandlung, mit dem Schleiermacher sich kurz vor dem Umzug nach Stolp angefreundet hatte, erscheinen.Vgl. Brief 1503, 7–40, KGA V/6. [Schließen] Im Januar 1804 erhält Schleiermacher einen Ruf auf die neu geschaffene Professur für protestantische praktische Theologie an der Universität Würzburg.Vgl. Brief 1632, 2–11, KGA V/7. [Schließen] Er nimmt den Ruf zunächst unter Bedenken an, legt dem Minister Friedrich Wilhelm von Thulemeier aber nahe, ihm die Entlassung aus der preußischen Staatsbürgerschaft zu verweigern und ihm stattdessen eine angemessene Stelle in Preußen zu verschaffen. In einem Brief vom 12. Mai 1804 an den Grafen Friedrich Karl von Thürheim lehnt Schleiermacher schließlich den Ruf nach Würzburg ab.Vgl. Brief *1739, KGA V/7. [Schließen] Kurz darauf lässt Friedrich Wilhelm III. Schleiermacher eine Berufung zum außerordentlichen Professor der Theologie nach Halle offiziell mitteilen.Vgl. Brief 1831, 2, KGA V/7. [Schließen] Schleiermacher nimmt den Ruf an und zieht im Oktober nach Halle. Im selben Monat beginnen dort auch seine ersten Vorlesungen, Schleiermacher liest „Die Haupt- und Fundamentallehren des theologischen Systems“, „Enzyklopädie und Methodologie“ und „Die christliche Sittenlehre“.Vgl. Arndt / Virmond: Schleiermachers Briefwechsel, 1992, S. 300. [Schließen] Zuvor hatte Schleiermacher noch zusammen mit dem befreundeten Verleger Georg Reimer und mit Henriette Herz eine Reise nach Rügen unternommen; Anknüpfungspunkt war der junge Feldprediger Ehrenfried von Willich, den Schleiermacher 1801 in Prenzlau kennengelernt hatte und der von Rügen stammte. Zeit seines Lebens sollte Schleiermacher mit der Insel Rügen und mit vielen Freunden und Bekannten dort verbunden bleiben. Der damals in Stettin tätige Prediger Joachim Christian Gaß, den Schleiermacher ebenfalls kurz vor dem Antritt der Hallenser Stelle kennenlernte, sollte bis zu seinem Tod 1831 einer der wichtigsten Gesprächspartner Schleiermachers über Theologie und Kirchenpolitik werden. Im Jahr 1805 zieht Schleiermachers Halbschwester Anne (Nanny) aus Schlesien zu ihm nach Halle; bis zu ihrer Heirat 1817 gehört sie zu Schleiermachers Haushalt. Im März 1805 predigt Schleiermacher erstmals öffentlich in Halle.Vgl. Brief 1931, 159–165, KGA V/8. [Schließen] Das Jahr ist gekennzeichnet von seiner Vorlesungs- und Predigttätigkeit sowie eigenen Arbeiten. Zusammen mit dem Philosophen und Naturwissenschaftler Henrik Steffens beginnt Schleiermacher mit dem Aufbau eines Schülerkreises: Schleiermachers theologische und ethische und Steffens‘ naturphilosophische Vorlesungen verweisen wechselseitig aufeinander.Vgl. Sarah Schmidt: „,Es ist doch fatal, dass wir so weit auseinander sind‘ – Stationen einer Freundschaft zwischen Steffens und Schleiermacher aus Briefen und Dokumenten“, in: Dies./Leon Miodonski (Hg.): System und Subversion. Friedrich Schleiermacher und Henrich Steffens, Berlin/Boston: De Gruyter 2018, S. 33–64. [Schließen] – Im Herbst des Jahres 1805 teilt Eleonore Grunow, deren Scheidung von ihrem Mann und Eheschließung mit Schleiermacher schon in die Wege geleitet war, mit, sie werde bei ihrem Mann bleiben und breche allen Kontakt zu Schleiermacher ab.Vgl. Brief *1463, KGA V/6; Brief 1468, 19–71, KGA V/6; Brief *2053, KGA V/8; Brief 2072, 137–158, KGA V/8. [Schließen] Trotz dieses persönlichen Rückschlages ist Schleiermacher literarisch und akademisch weiter sehr aktiv. Im Januar 1806 erscheint die Gesprächsnovelle „Die Weihnachtsfeier“ bei Schimmelpfennig in Halle.Vgl. KGA I/5, S. XLII. [Schließen] Am 7. Februar 1806 wird Schleiermacher zum ordentlichen Professor ernannt und damit Fakultätsmitglied.Vgl. die Historische Einführung in KGA I/5, S. XIX−XXI. [Schließen] In der Folge lehnt er einen Ruf auf eine Predigerstelle in Bremen ab.Vgl. Brief 2155, KGA V/8. [Schließen] Im weiteren Jahresverlauf spitzt sich der Konflikt mit dem napoleonischen Frankreich zu. Nach der Niederlage der preußischen Armee am 14. Oktober 1806 in der Schlacht bei Jena und AuerstedtVgl. KGA V/9, S. XXIV. [Schließen] erobern französische Truppen am 17. Oktober 1806 HalleVgl. dazu den Bericht in Henrich Steffens: Was ich erlebte, Bd. 5, Breslau: Max und Kompanie 1844, S. 190–200. [Schließen] und besetzen wenig später schließlich Berlin. Die Universität in Halle wird am 20. Oktober 1806 geschlossen.Vgl. KGA V/9, S. XXVII. [Schließen] In Halle ist Schleiermacher selbst von einer Plünderung betroffen, die er in einem Brief an Reimer schildert.Vgl. Brief 2303, KGA V/9. [Schließen] Schleiermacher möchte zunächst in Halle bleiben und zieht, auch aufgrund der Plünderungen, mit seiner Halbschwester zu Steffens und seiner Frau Johanna. Der gemeinsame Haushalt (mit Kleinkind) auf engstem Raum wird im Dezember des Jahres wieder aufgelöst; die beteiligten Erwachsenen erleben diese Monate trotz aller materiellen Nöte und Strapazen als Zeit intensiver Freundschaft.Vgl. Brief 2356, 45–53, KGA V/9. [Schließen] Am 2. Februar 1807 stirbt Ehrenfried von Willich in Stralsund, Schleiermacher erfährt hiervon erst am 23. März.Vgl. Brief 2435, 89–93, KGA V/9. [Schließen] Am 8. Mai stirbt sein Onkel Ernst Stubenrauch.Vgl. Brief 2480, KGA V/9. [Schließen] Den Sommer über hält sich Schleiermacher in Berlin auf und liest dort über die Geschichte der alten Philosophie.Vgl. Arndt / Virmond: Schleiermachers Briefwechsel, 1992, S. 303. [Schließen] Der Friede von Tilsit vom Juli 1807 zwischen Frankreich auf der einen, Preußen und Russland auf der anderen Seite beendet vorerst die Kriegshandlungen; Preußen wird auf Brandenburg, Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen reduziert und verliert seine westfälischen, polnischen, fränkischen und magdeburgischen Gebiete, auch Halle.Vgl. KGA V/9, S. XXXIV. [Schließen] Im Oktober zieht Schleiermacher zurück nach Halle,Adolph Müller: Briefe von der Universität in die Heimath. Aus dem Nachlaß Varnhagen’s hg. von Ludmilla Assing, Leipzig: Brockhaus 1874, S. 396. [Schließen] weilt dort aber nur bis Anfang Dezember und kehrt wieder nach Berlin zurück.Vgl. Brief 2582, 34–37, KGA V/9. [Schließen] Am 31. Dezember 1807 berichtet Schleiermacher, er sei für die neu zu errichtende Universität in Berlin „vorläufig mit in Beschlag genommen“ worden.Brief 2597, 39–43, KGA V/9. [Schließen]
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Zitierhinweis

Überblick zu Leben und Werk Schleiermachers von 1796 bis 1807, erarbeitet von Andreas Arndt und Johann Gartlinger. In: schleiermacher digital / Begleittexte, hg. v. den Schleiermacher-Forschungsprojekten. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S3047317 (Stand: 26.7.2022)

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