Sonnabend, d 19ten Abends.

Ach mein liebes Herz welch ein herrlicher glüklicher Tag! erst die schöne freundliche Anknüpfung mit Alexander, den ich auch mir noch recht zu gewinnen hoffe in dieser Zeit. Dann Deine beiden Briefe von Pfingsten und vom 12ten und zur Zugabe noch von Schmalz die Nachricht daß laut Briefen von Wilhelm Scharnhorst vom 15ten er dir einen Paß besorgt habe oder wenigstens darin begriffen sei. Ich bin so glüklich daß meine kleine Fantasie ordentlich Flügel bekommt und Dich nun schon unterwegens oder im Einpaken denkt[.] Ach wie möcht ich Dich an mein Herz drüken! wie haben mich Deine Briefe entzükt. Du herrliche Seele hast nicht nöthig die himmlischen Mächte zu stürmen mit Gebet, Deine Gebete sind schon erhört. Sieh doch was ist dein Gemüth für ein gedeihlicher Boden daß es mich auch aus der Ferne so herrlich erquikt, daß es mit seinem Segen und seiner Fülle allen Schmerz überwindet, daß mich das was Dir und uns Allen hätte Verderben bringen können zu keinem dauernden Schaden geworden ist sondern Du nur herrlicher dastehst. Wie ein reiner Spiegel wol einen Augenblik trübe wird vom Hauch (aber über den ursprünglichen Text geschriebenund es haucht ihn doch auch Niemand an als ein über den ursprünglichen Text geschriebenwer ihm mit Wohlgefallen nahe ist) aber wenn der Hauch sich verliert nur klarer und | 39v reiner erscheint als vorher so ist Dein edles Wesen nach diesem über den ursprünglichen Text geschriebendieser Verirrung. Ach mein Herz laß uns danken innig danken Gott der uns aus dieser Versuchung so herrlich erlöst hat und an diesen Dank mögen sich unsere Gebete knüpfen daß wir dieser Hülfe immer würdig bleiben daß das Gute di uns wodurch wir ihrer fähig wurden immer schöner aufblühe. Mein liebes liebes Weib Ach ich habe Dir noch manchen Schmerz gemacht mit meinen Briefen, ich wollte Dir aber auch die trüberen Stimmungen und die bittern Gefühle nicht verhehlen. Vergieb es mir! Du mußt doch auch immer durchgefühlt haben wie doch dabei alles feststehend in mir ist und bleibt wie wir es in den schönsten Stunden gefaßt haben.



Unvermuthet trat, als ich beim Theemachen war Alexander herein um mir die Nachricht die ich schon wußte von dem Scharnhorstischen Passe zu bringen. Ich hatte schon gegen Abend bei ihm angesprochen um ihm die heutigen Briefe zu bringen er war aber nicht zu Hause, nun wollte ich sie ihm Morgen früh schiken, so ist er denn noch heute dazu gekommen. Ich habe sie ihm lieber mitgegeben als sie ihm vorzulesen er hat doch einen andächtigeren Genuß dabei. Sehr liebenswürdig und geistvoll hat er erzählt viel Einzelheiten von den Ereignissen und von den bedeutenden Menschen und war auch sehr gut gegen mich so daß ich glaube er muß doch fühlen wie lieb ich ihn habe. | 40 Wir sind nun beide der Meinung wenn du den Paß am 15ten bekommen hast wirst du am 17ten abgereist und vielleicht heute in Breslau sein. Deine Briefe hatten mir Lust gemacht dich abzuholen da Du Dich ich glaube ganz ohne Grund vor den Russen fürchtest. Aber ich fürchte nur etwas ganz vergebliches zu thun. Ich könnte vor Dienstag nicht weg, fände Dich auf halbem Wege und könnte Dir in der Nacht vorbei reisen. Alexander war derselben Meinung[.] Daß ich nun noch fortfahre zu schreiben ist auch fast kindisch. Sieh es aber als eine Art Tagebuch an was Du hier noch findest. – Ich habe nur die Furcht daß das Lumpengeld Deine Reise verzögern könne. Ich hoffe aber es wird nun auch der Brief vom 8ten noch ankommen der die Assignation enthielt. Unangenehm ist mir Nannys geänderter Entschluß aber schwerlich wird meine Antwort an sie, die sie allerdings bestimmen müßte zu reisen sie über den ursprünglichen Text geschriebenEuch noch treffen.   Ich plauderte gern noch länger; aber ich muß nun mit Ernst noch an meine Predigt denken.

Montag, d 21t. Abends. Recht jugendlich thörichter Weise liebes Herz hatte ich das Schreiben schon fast aufgegeben. Je mehr nun der Posttag naht, um desto mehr schlägt mir das Herz, daß Morgen leicht viel Wasser in meinen Wein könnte gegossen werden. Vorzüglich besorge daß wenn du nun den Paß hast und siehst was für einen weiten Weg du zu machen hast Du [feststellen] wirst daß Du nicht Geld g[enug]  Schadhafte Stelle [...] das eine oder  Schadhafte Stelle [...] | 40v gesagt werden war nur angedeutet, ich fürchtete mich wieder so schreklich lang zu werden wie zu Pfingsten. Dann störte es mich auch daß die Wilhelm, die in der Kirche war, zu schlafen schien. Wie dumm! Mittags aß ich bei Schmalzens, ich hatte es ihnen versprochen wegen der guten Nachrichten vom Paß; ich theilte einiges aus deinen Briefen mit und war so belebt daß Schmalz nicht eine einzige Anekdote erzählen konnte. Zur Schadloshaltung nahm ich S über den ursprünglichen Text geschriebenihn mit zu Wolfart wo er magnetisiren sah. Abends mußte ich bei Reimer sein. Arndt Eichhorn und Sack waren da, Anfangs auch Hedemann. Von diesem sagt Alexander er finge an hochmüthig zu werden, das wäre sehr schade, noch aber merkte ich ihm nichts an.   Heute habe ich nun angefangen eine Abhandlung zu schreiben die ich Donnerstag in der Akademie lesen soll, über die verschiedenen Grundsäze beim Uebersezen. Sie kann gut werden wenn mir Gott gute Stunden schenkt, aber wie ich fertig werden will sehe ich noch nicht ein. Karoline (ich habe heute bei Schedes gegessen) meint Du könntest schon zu ihrem Geburtstage hier sein. So übereile ich mich nicht, ich rechne frühstens auf heute über Acht Tage. – Heute ist mir erst eingefallen wozu Deine Reise eigentlich gut gewesen ist. Ich glaube es hätte gar nicht so leicht und rein mit Alexander auseinander gehn können wenn Du hier  Schadhafte Stelle [...] wäre es nun geworden! Seinen  Schadhafte Stelle [...] Mangel an Muth zu mir  Schadhafte Stelle [...] Veränderungen mich  Schadhafte Stelle [...] mir  Schadhafte Stelle [...]iner  Schadhafte Stelle [...]ucht.  Schadhafte Stelle [...]ssen

Zitierhinweis

3921: An Henriette (Jette) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 19.6. bis Dienstag, 22.6.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007729 (Stand: 26.7.2022)

Download

Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen.