Leider habe ich noch imer keine Briefe von Berlin – und werde diesen der schon sehr alt wird auf die Post geben, wenn ich vor den Feyertagen keine bekomme, um wieder einen anzufangen – denn jezt ist meine Schreibseeligkeit wie du wohl inne wirst, wieder sehr groß – auch habe längst wieder mich mit der süßen  Henriette von Willich [Schließen] Tochter und Braut unterhalten denn schreiben muß ich wenn mir das Herz so voll ist nur nicht weggeschikt weil ich doch noch nicht weiß wie sie den meinigen aufgenomen hat –! „Wie das nun wieder wunderlich ist“ höre ich dich sagen – dazu komt noch daß ich Jetchen gerne das trauliche, Du, angeboten – aber wohl noch warten werde bis ich sie in Berlin wilkommen heiße! daraus solst du nicht schließen als hätte ich einen wirklichen Zweifel in die Erfüllung unsrer gemeinschaftlichen Wünsche – nein! – es deuchtet mir nur so, vorlaut ängstlich sorgend bin ich oft da es noch so sich ausdehnt ob auch wirklich kein wichtiges Hinderniß vielleicht gar Krankheit dazwischen treten wird – darum bin ich auch ganz geheimnißvoll – Hier weiß Niemand davon als meine Seidliz – undPritvitz – lezterer stürzten die Thraenen vor warmer Theilnahme herunter – voll Erstaunen daß so lange ich schon das heilige Geheimniß verwahrt und wie sie es in ihre Brust verschließen wolte – die Edle  Lisette von Prittwitz [Schließen] Lisette ! in diesen Feyertagen wird sie mich wohl um die Mittheilung meiner Briefe ersuchen; der Aulock habe auch noch nichts davon geschrieben – –  am linken Rand [Schließen]überhaupt bin ich mit ihr fast aus allem Verhältniß gekomen – wiewohl sie mich einige mahl hat grüßen laßen! ich hoffe mit der Seidliz die ihr auch gut[,] den Winter zu Schlitten hinzufahren – dann werde ich wohl die Erlaubniß bekomen ihr die gute Nachricht zu verkündigen! – ich werde jezt zu einem Begräbniß gehn – und dann weiter schreiben – Vielleicht unterhälst Du Dich auch mit mir | 30v

abgeschikt d 20t Dcbr

Noch nie hast du erwähnt ob deine Braut eine Blonde oder Braune ist – auch   Anne (Nanny) Schleiermacher  [Schließen] Nany die mir zwar die Kinder beschrieben – hat von der Schwägern geschwiegen – ich stelle sie mir nicht ganz brunet vor – zwar blond auch nicht – kastanienbraunes Haar – und blaue Augen – klein und zart – und etwas Himlisches in ihrem ganzen Wesen – schreibe mir doch darüber – immer noch mehr als du in deinem lezten erwähntest – keine ordentliche Verlobung war also nicht – im Beisein des Willichs und der Kathen ! nur eine stille Hingabe des Herzens unter 4 Augen! O ich bitte Dich Lieber! laß mich bald mehr hierüber wißen – mache daß ich noch im alten Jahre was von Euch höre – und daß diese Bitte mir noch erfüllt werden kann – warte ich keinen Posttag mehr, wilst du und kanst durchaus nicht schreiben so übertrage es doch der Nany Vgl. Brief und Brief . [Schließen]wiewohl ich sehr wünsche noch eigenhändige Zeilen von dir zu bekomen – auf meine 2 Episteln Karl Schleiermacher [Schließen] Charles dem ich von Deiner bevorstehenden Verbindung geschrieben hat mir noch gar nicht geantwortet – und die  Friederike Schleiermacher [Schließen] Frize gar nichts – als daß sie sich drüber freuen, daß Du heirathen wilst.

Unser schönes Beisamenseyn – unsre gewöhnlichen Abende sind Uns noch durch nichts gestört oder geraubt worden welches Uns Beiden unaussprechlich lieb; denn wir erschöpfen Uns nie –! gewiß freust du dich über das glükliche Verhältniß

Deiner

alten Lotte

Die Nany grüße ich herzlich

Zitierhinweis

3001: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Gnadenfrei, Dienstag, 20.12.1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006830 (Stand: 26.7.2022)

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