d. 24t. May. 8
Die Aussicht von
Pillau nach Schweden hinüber mag wol nicht die
angenehmste sein liebster Freund, zumal Du wie
verzaubert von so viel befreundeten Schiffen
umgeben die Ueberfahrt doch nicht machen kannst
und ich kann deine Sehnsucht
hinüber recht theilen: allein mit dem castra
sequi möchte es doch nichts sein nachdem ihr Finnland vielleicht zu
voreilig aufgegeben habt und der Dominus utilis
der göttlichen Allmacht einsieht daß auf der andern Seite
nichts zu machen ist. Ich denke nun ihr werdet Finnland entweder in Norwegen erobern und den braven
Normännern die Tugendübung ersparen sich von
ihren neuen Alliirten aufessen zu lassen oder
ihr werdet ziemlich ruhig hinter den Coulissen bleiben bis
zum lezten Akt.
Das ärgste was einem jezt
begegnen kann ist in der That wenn man den Glauben an den
lezten Akt und an die poetische Gerechtigkeit verliert. Ich
bin in diesem Stükk noch ganz glüklich dran,
und da die Barbaren im Osten nicht eben scheinen | ein neues Mittelalter hervorbringen zu
können,
so glaube ich immer noch, daß sich Europa in sich selbst regeneriren
wird, und daß Ihr dann
eure Barbaren auch wieder los werdet.
Freilich müssen noch ein Paar Meisterstükke gemacht werden
an Oestreich
und der Türkei
aber ich denke, die werden in
diesem Jahre noch fertig dann aber hoffe ich soll alles gut
werden und beneide jeden der das Glükk hat in irgend einem
Sinn eine politische Person zu sein. Leider kann ich nichts
thun für die Regeneration als predigen.
Sachanmerkung:
Wie ... zuzuschiken .] Friedrich Schleiermacher: „Predigten. Zweite
Sammlung“ (1808)
Stegemann] Friedrich August von Staegemann
[Schließen]
Wie ich das gethan habe, das liegt auf
schönem Velin Papier für Dich bei mir, und ich
hoffe durch
Stegemann
(?)
eine Gelegenheit zu finden dir es
zuzuschiken
.
Ihr könnt dann eine glükliche und höchst vornehme Nation
werden wenn Ihr Euch rein erhalten habt von
corsischem Blut auf dem Thron und die einzige seid die
nichts zu bereuen hat. Denn
England hat doch
wol sein früheres Verfahren gegen den continent zu bereuen,
ihr aber habt soviel ich weiß die Ehre streng
repraesentirt. Vgl. Brief
2678,
59 – 62. [Schließen]
Ich wollte Du hättest auch in
Pillau gute Laune | genug
um nach dem schönen ernsten Vermächtniß an
Bernstorf
ihm auch ein
scherzhaftes zuzufertigen über die großen
Vortheile der neuen Verbindung in welche
Dänemark so
glüklicherweise gerathen ist.
Anspielung auf die Bombardierung
Kopenhagens
1807 durch England, bei der die Briten die gesamte verbleibende Flotte Dänemarks einzogen; das neutrale
Dänemark rückte so an die Seite Frankreichs
. [Schließen]Die armen Dänen sind
immer zu beklagen denn sie sind in Wahrheit durch
Nothzucht zu den Franzosen
gekommen aber die Art wie sie sich nun dabei
gebehrden und ihr Bulletin ausgeben ist gewiß nicht der
unlustigste Theil der Tagesgeschichte.
Wir hier stellen noch immer den
Frieden vor in dieser Comödie, und der ist natürlich eine
stumme und höchst langweilige Rolle; man sieht recht daß der bloße Friede nur eine reine
Negation ist und die Franzosen die es überall so genau nehmen mit
der Sprache schärfen uns dies recht ein.
Indeß ist es mir doch lieber als wenn lies: preußischer Seits [Schließen]
preußischer
Seits
Anspielung auf den Frieden von Tilsit
[Schließen] so Friede und Freundschaft geschlossen worden
wäre wie zwischen den beiden Kaisern; und so überzeuge ich mich auch daß du dasselbe auch
um den Preis der gegenwärtigen Lage nicht zu theuer erkauft
hättest.
Obschon ich nicht einsehe woran und wie wir wieder zu der Gemeinschaft gelangen werden wenn du einmal das diesseitige Ufer verlassen hast so wünsche ich es dir doch | herzlich weil ich das unbehagliche Gefühl deiner unthätigen Einsamkeit sehr mit dir theile. Der Himmel führe Dich glüklich hinüber die Zeitungen werden mir dann von dir sagen; Gemeint sind die Ankündigung der Vorlesungen in den “Berlinischen Nachrichten“ (Spenersche Zeitung). [Schließen] die aber in denen Du von mir liesest erscheinen nur alle halbe Jahre; also habe ich Ursache mich deinem Andenken zu empfehlen. Ich will suchen soviel tüchtiges zu produciren als ich kann; und komt je eine Zeit wo man auch anderes thun kann so hoffe ich meine Stelle auch auszufüllen. Laß mich noch von Dir wissen wann es dir irgend möglich ist.
Schl.Warum hast Du doch dem Spalding abgezwungen deinen ersten Brief dem Feuer zu geben? ich hatte gewiß verdient ihn zu genießen.
Und was sagst du nur zu Friedrich Schlegels Catholizismus? Die Geschichte davon, nicht etwa als ob ich glaubte er hätte eine äußere, sondern die innere möchte ich gern wissen, ich kann den Uebergangspunkt aus seiner Denkart wie sie mir zulezt bekannt war durchaus nicht finden. Ueber meinen Erz Protestantismus weiß ich hat er schon lange geklagt.
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