Lache mich nicht aus daß ich schreibe wo ich sprechen könnte, aber das ists ja eben daß ich selten das sagen kann was ich meine, und oft den Menschen ganz anders erscheine wie es in mir ist. Ob Du zu denen gehörst weiß ich nicht, und es liegt mir doch so viel dran –. Sieh lieber bester Schleiermacher wenn ich es Dir nie eußern kann wie sehr ich Dich ehre, und achte und liebe, weist Du es wohl doch? weist Du es wohl wie mir nicht entgeht Deine treue Liebe für die Kinder? wie ich oft in  Vom Hg. korrigiert. in meinem Herzen Gott dafür danke  korr. v. Hg. aus: dasdaß Du ihr Vater wurdest? und wenn Du ein eignes süßes Kind hast, wenn Du so hochbeglükt bist, theurer Bruder, dann wirst Du es doppelt fühlen was den Kindern die Liebe des Vaters ist, was es verlohr durch die Väterliche Liebe. So wie  Ehrenfried von Willich, der erste Ehemann der Henriette Schleiermacher [Schließen] Ehrenfried  Henriette Pauline von Willich [Schließen] Jettchen nannte „mein süßes Kind“ mit frommer unendlicher Liebe, so wirst Du sie alle drei an Dein treues Herz halten, und Gott wird es Dir segnen.

Weist Du es auch wie gerne ich hir bin, und wie dankbar Dir in meinem Herzen das ichs kann? nicht den Kinder wegen allein, lieber Schleier das glaube nur nicht –

Noch eins bitte ich Dich, halte mich nicht für verdrießlich oder verstimt, wenn ich stille bin – Du kannst es wohl wißen was mich stille macht in dieser Zeit und ohne es zu wollen stellen sich mir alle Bilder der Vergangenen vor Augen und ich fühle dann tiefen Schmerz, und eben daher kam der schmerzliche Traum ich weiß es wohl! Und manchmal dünkt mir auch Du hast mich nicht lieb guter Schleier, und als duldetest Du mich nur so, dies ist Dir gewiß recht vatal  | 80v aber Du würdest es doch begreifen können, wenn es Dir im Leben nur einmal so gegangen war wie es mir so oft geht. Dann aber kam immer jede Hand entgegen die Du suchtest. Doch danke ich Dir so innig für das was Du mir giebst und glaube nicht, als meint ich mehr zu verdienen! Nein gewiß nicht! aber sei mir nun recht gut, dadurch werde ich immer beßer, und demüthiger und frömmer, und denke auch oft an Ehrenfried !

Zitierhinweis

3546: Von Luise von Willich. Berlin, wohl im Herbst 1810, ediert von Simon Gerber und Sarah Schmidt. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007375 (Stand: 26.7.2022)

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