Königsberg den 4 Aug 1810.
Ob Sie, verehrter Freund, als für Sie bestimmte Exemplare Johann Severin Vater: „Synchronistische Tafeln
der Kirchengeschichte vom Ursprunge des Christenthums bis auf die
gegenwärtige Zeit, zum Gebrauch bei Vorlesungen und bei fortgesetztem
Studium“, 2. Aufl. (1809) [Schließen]
der zweiten Auflage meiner Tabellen der
Kirchengeschichte
erhalten haben, weiß
ich wirklich nicht zu sagen, da ich vom 1sten August des
vorigen Jahres bis zu meiner Abreise hieher in
einer Verwirrung gelebt habe, welche zu
überstehen ich mir kaum schmeicheln konnte –
ich hatte in 8 Wochen noch ein Alphabet von jenen
Tabellen, Johann Severin Vater: „Untersuchungen über
Amerika’s Bevölkerung aus dem alten Kontinente“ (1810) [Schließen]
meine Schrift über Amerikanische
Sprachen
und Johann Severin Vater: „Amos übersetzt und
erläutert“ (1810) [Schließen]über Amos
zu schreiben und vor meiner Abreise druken zu
lassen,
und alle wirthschaftlichen
Besorgungen oben ein,
da ich meine
Frau mit den Kindern 4 Wochen früher zu der älterlichen
Familien gehen ließ, von denen wir so weit getrennt werden
mußten.
In jener Zeit sahe ich auch den theuren Steffens, mit dem ich
sonst oft von Ihnen sprach, wenig, bis zu einem der letzten
Abende, den ich auf dem Kronprinz neben ihm verbrachte und
wo wir uns gegenseitig sagten, daß wir uns sehr | 3v
Werth gewesen waren. Ich liebe den guten Steffens sehr, darf ich
bitten, daß Sie ihn bald aufs freundlichste von mir grüßen.
Ich habe ihm vor dem Verluste seines lieben Anna Steffens [Schließen]
Töchterchens
geschrieben, und nicht von ihm gehört, ob
er meine Bitte erfüllt hat.
Werden Sie ihn nach Berlin
ziehen können?
Johann Severin Vater: „Grundriß der
Kirchengeschichte zu Vorlesungen von H. Ph. K. Henke, beendigt und
herausgegeben von J. S. V.“ (1810) [Schließen]Doch ich komme auf meine Kirchengeschichte zurük und sende
eben(?) Ihnen meine Beendigung des Henkeschen Lehrbuchs
auch in Einschluß an Herrn Staatsrath
Nicolovius
zu, welches ich als ein Andenken an unser
ehemaliges Zusammenleben anzusehen bitte. Ich denke noch oft an dasselbe,
und da hier so Mancher ist, der auch mit Ihnen zusammen
lebte, besonders der brave Wedeke : so habe ich doppelte Veranlassung
dazu. Wohnen Sie regelmäßig den Sitzungen der Section bei
Sachanmerkung:
(in ... angenommen haben)] Vgl. ALZ (Halle), Juni 1810, Nr. 164, Sp.
366.
UA Zeitung] statt UA lies: Al [am linken Rande
nachgetragen]
Doctor] lies:
Director
[Schließen](in der
UA(?)
Zeitung lese ich daß Sie dort als Doctor der Wissenschaftlichen
Deputation einen Platz angenommen
haben): so hören Sie auch von uns Königsbergern Manches, denn dazu gehöre ich ganz, auch
aus Neigung. Meine gute Frau nimmt ebenso innig Theil an diesen
Gefühlen.
Die Familien
Krüger und
Gerlach, die vielleicht auch Ihnen bekannt geworden sind,
jene mit Staatsrath Nicolovius nahe | 4 verwandt sind und mehr als oft
Verwandte sind, und viele andere machen uns das Leben sehr
angenehm.
Ich lebe in mehr Ansehen, als ich mir redlich bewußt bin,
zu verdienen, habe aber desto weniger Ursache, aus meinem
kindlichen Sinne, dem ich mich gern ganz überlasse, und
meiner wissenschaftlichen Ruhe aufgestöhrt zu
werden durch eine Leidenschaft – kurz ich lebe hier ganz glüklich, mit 4
Knaben, denn
zwei Kinder habe ich
leider noch in Halle begraben lassen, zwei in
zehn Tagen!!! und vergesse das nimmer.
Leben Sie recht wohl, ich habe Ihnen genug vorgeplaudert, und die letztere Erinnerung(?) mahnt zur Pause. Ich verfehlte Sie in Berlin , so wie den guten Spalding und den unvergeßlichen Karsten . Wenn GeheimRath Wolf zurük ist: so bitte ich mich ihm sehr zu empfehlen. In der wissenschaftlichen Ruhe, worin ich lebe, und so wenig von dem höre, was geschieht, habe ich doch vernommen, daß er ins Bad gereißt sey.
Mit wahrer Achtung und Ergebenheit bin ich
Der Ihrige Vater.Zitierhinweis
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