Halle. den 17 Merz 1810

Lieber Freund! es wære mir lieb, wenn du in dieser Zeit etwas fleissiger schriebst, denn es wird doch um mein ganzes Schicksahl gewürfelt.  Vgl. Brief .  [Schließen]Du wirst dich erinnern, dass ich hergegangen bin, bloss um meine Gläubiger zu befriedigen, und in der Hofnung fortzukommen. Aber die Gesinnung des Mannes kann von keinen fremden Entschluss abhängen. Ich werde die Hofnung durch eigene That in Gewissheit verwandeln, auch dann wenn mir keine fremde Gewalt zu Hülfe kömmt. Recht fest und deutlich habe ich eingesehen wie nothwendig ein solcher Entschluss mir ist in diesen Tagen.  Vgl. Brief 3396. [Schließen] Humboldt hatte den Reil geschrieben, dass er in meiner Hinberufung willigte und sich nur 8 Tage Bedenkzeit ausbäte – Reil und ich erwarteten nun einen Brief, an mich. Es kam keiner. Endlich schrieb Humboldt er reise eben nach Frankfurt , es sei bei meiner Hinberufung ein Hinderniss eingetreten, es müsse damit anstehen bis Reil nach Berlin reise. Einige Äusserungen lassen vermuthen, dass sie Hindernisse durch den Hass des Hofes gegen Reichardt veranlasst worden sind und nun will unglücklicherweise Reichardt eben in dieser Zeit nach Berlin reisen um für sich etwas auszuwürken – Er wird meine Lage dort vernichten und sich nichts helfen,  korr. v. Hg. aus: dassdas ist klar. Es war meine Absicht es ihm offen zu sagen; aber ich bedenke seine Lage, eine Äusserung der Art von mir müsste ihm krænkend sein, und ich lasse lieber alles gehen wie es gehen will, als dass ich ihm jezt eine Krænkung zufügte – Indessen ist es auf der andern Seite gewiss, dass er durch seiner Reise nach Berlin sich noch grössere Krænkungen zuziehen würde. Wenn nun einer seiner Freunde, du, oder noch besser Arnim auf dem er viel  | 47v hält ihm wissen liessen, dass er wohl thäte, vors erste nicht nach Berlin zu kommen. Er würde sich und mich schaden – Es würde ihm weniger krænken, als wenn ich es ihm sagte,  korr. v. Hg. aus: dassdas ist klar. Oder kennst du vielleicht das Hinderniss, das mir im Wege steht, und ist es ein anderes? Wenn du über Reichardt einerlei Meinung bist, so wære es gut, wenn du oder Arnim bald schrieben, denn es ist möglich, dass er den Entschluss fasst in 8–14 Tagen mit der Post nach Berlin zu fahren – In wenigen Wochen müsste die Sache mit mir entschieden sein und er könnte dann thun, was er wollte –

Auf allen Fall wære es mir lieb, wenn du mir mit næchsten Post schriebst, ich gestehe, dass ich den Erfolg der Überlegungen in Berlin mit Ungeduld erwarte – Dein

HSteffens

Meine Frau ist noch nicht in Wochen,  Anna Cäcilia Steffens [Schließen] Anna ist krank,  wohl S.P. Martin, vielleicht auch Alexander von der Marwitz  [Schließen] M. ist arretirt.

[Hanne Steffens :] Bester Schleyer, tuhn Sie doch gleich was Sie für gut halten, Steffens quält sich sehr, und ich mögte auch um keinen Preiß dass Er mit  Johann Friedrich Reichardt [Schließen] Vater davon spräche, es gäbe gewiss eine traurige Summe, und dem armen Vater ist so jetz doch recht zu bedauren. Reil ist ganz überzeugt dass Steffens nicht nach Berlin | 48 berufen wird, wenn Vater jetz herreiste, und Steffens ist entschlossen hier nicht zu bleiben, Sie können denken wie ich wünsche dass jemand Vater von der Reise abbrächte, dass Er aber nicht erführe, es komme von Steffens, schreiben Sie Ihm doch, wenn Sie es für gut finden bester Schleier, ich habe grosse Angst dass Vater mit einemmahl nach Berlin reist, verschieben Sie Nichts

Leben Sie wohl bester Schleiermacher. Leider ist unsere kleine Anna seit 5 Wochen krank vom Fieber. Viele Grüsse, in Eile.

J

Zitierhinweis

3405: Von Henrich und Johanna Steffens. Halle, Sonnabend, 17. 3. 1810, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007234 (Stand: 26.7.2022)

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