Sn. Hochwürden / dHerrn Profeßor Schleiermacher / in Berlin. [Autorfußnote Bl. 23v]

Stolpe d 15 Nov. 1809.

Hochgeschätzter Freund!

Sie haben allerdings Uhrsache über mein langes Stillschweigen zu zürnen, auch will ich mich keinesweges entschuldigen, sondern nur gleich um gütige Nachsicht bitten, mit der Versicherung, daß meine Freundschaft und Hochachtung gegen Sie immer die alte bleibt, und daß wenn ich im schreiben faul gewesen, ich nichts desto weniger mich sorgfältig nach Sie erkundiget, und an Ihrem Wohlergehen den aufrichtigsten Anteil genommen habe.  Vgl. Brief . [Schließen]Besonders haben wir uns hertzlich über Ihre Verbindung, und daß Sie sich in Ihrem neuen Stande so gantz glüklich fühlen, gefreuet. Dies konnte denn auch wohl nicht fehlen, da sie bei Ihrer Wahl nichts anders als simpatirung der Gemüter und innere Zuneigung beabsichtiget, ohne welche keine ächte Freundschaft und Liebe bestehen kann.  Mögen Sie, denn, teurester Freund diese häusliche Glükseeligkeit, welche alle andern Erdenfreuden so sehr überwieget, in vollestem Maaße, und bis ins höchste Alter erreichen. Wir alle wünschen Ihnen dieses mit der ungeheucheltesten Teilnahme. Auch freue ich mich über Ihren jetzigen festen Standpunkt, und über die fernern guten Außigten bei der zu errichtenden Universitaet, hier wird es Ihrem tätigen Geiste an Arbeit und Nahrung, und Ihrer Neigung recht viel gutes zu stiften, nicht fehlen. | 21v

Meine häusliche Lage ist noch fast gantz die nehmliche, und in meiner Familie sind keine Veränderungen vorgefallen, als daß mein Schwager Hoepner, nebst deßen Frau (meiner ältesten Schwester) so wie auch mein Schwager Leopold, wie Ihnen bereits bekandt, verstorben sind. Dies Loos wird denn auch bald mehrere treffen, da wir alle ziemlich reif werden, und, nach dem Lauf der Natur nichts anders zu erwarten steht. Meine gute Frau trägt Ihr Schiksahl fortwärend mit Gedult, sie ist abwechselnd bei Ihrem Zustande gesund, und froher Laune, öfter aber durch den gäntzlichen Mangel an Bewegung mit übeln Zufällen behafftet, welches mir für die Folge sehr besorgt macht. Meine verheirateten Kinder leben glüklich und zufrieden, Heinrich wohnt mit seiner Frau in Stojentin, welches Gut ich Ihm nach seinem Wunsche schuldenfrey übergeben habe, er ist bereits seit 1 ½ Jahr da, und beide gefallen sich da recht sehr gut.   Ich habe mir in deßen Stelle die Reitzer Güter, ½ Meile von hier, und die Ihnen vieleicht noch erinnerlich sein werden ( es gehören dazu, Miß , Seßin , und Niedertzin ) von dem Major von Katzler gekauft, wo ich einen Teil des Sommers mit meiner Frau zugebracht, und sehr vergnügt verlebt habe. Der Garten welcher von sehr großen Umfange, ist sehr schön, und das fast neue sehr geräumige Wohnhauß liegt  | 22 mitten darin. Uns verlangt alle schon wieder nach dem Frühjahr um wieder heraus ziehn zu können.   Albertine ist noch los und ledig, zwar haben sich heiratslustige Candidaten gemeldet, ich habe aber noch nicht Lust, sie von mir zu laßen, und da sie erst 17 Jahr zählt, so kann sie der Mutter zur Pflege, noch immer 1 oder paar Jahre Jungfer bleiben.

Mit meinen Handlungs Geschäften gehts gut und schlimm, auf der einen seite wird gewonnen, auf der andern verlohren. Ich würde dies Jahr sehr gute Geschäfte gemacht haben, wenn ich nicht durch gantz besondere zusammen getroffene Fatalitaeten und Cabalen das Malheur hätte, daß mir 2 Schiffe die Friederique & Favori in Liebau mit Sequester abseiten des Rußischen Gouvernements belegt wurden, zwar ist die Sache noch nicht völlig entschieden, aber wahrscheinlich werden sie confiscirt und der Schade den ich durch den Verlust dieser Schiffe, und andern daran combinirten Gegenständen erleide, kann ich schlechthin auf 80 mille r rechnen. Dies ist ein harter Schlag, zumal ich unter den obwaltenden Umständen an keinem Regreß nehmen kann. Wenngleich mir dieser Verlust nicht derangiret, so ist es doch sehr kränkend, auf eine solche Art die Mühe und Arbeit verschiedener Jahre einzubüßen. Ich bitte, diese verschwiegen zu halten, indem es nicht nötig ist, daß ein dritter es erfährt.

Auch freuen mich die  | 22v guten Nachrichten von Carl Schleiermacher [Schließen] Ihrem Herrn Bruder aus Schmiedeberg, ich wünsche Ihm von gantzem Hertzen das beste Fortkommen. Mit den Zinsen hat es seine gute Richtigkeit, und sind bis auff Januar 1809 bezahlt.

Nun mein geschätzter Freund, leben Sie mit Ihrer Frau Gemahlin so glüklich, als wir alle es Ihnen von gantzem hertzen aufrichtigst wünschen. Ich und die Meinigen empfehlen Uns Ihrer beiderseitigen Freundschafd bestens, wünschen balde angenehme Nachrichten, von Sie zu hören, und ich bin fortwärend mit gröster Hochschätzung

Ihr treu gehorsamster Freund & Diener

C. B. Hering.

heute werden die Gänse geschlachtet, sie scheinen ziemlich fett zu sein sobald die Brüste geräuchert sind, werde so frei sein, Ihnen einige zu übersenden.

Der gute hofprediger Metger ist noch immer nicht gantz hergestellt, er genießet im gantzen nur einer sehr schwankenden Gesundheit, und wird schwerlich alt werden. Seine junge Frau scheint eine sehr gebildete, dabei gute sanfte Frau zu sein. | 23

Ich möchte nach Reitz gerne ein recht hübsches Fortepiano haben, zwar würde mein Freund Jetschow es gerne besorgen, aber solche Herren bekümmern sich selten die guten Eigenschaften eines Instruments worauf denn doch alles ankommt. Gewis haben Sie Bekandschaft mit einigen guten Musicern, davon einer wohl die Mühe über sich nehmen würde, eine recht gute Wahl zu treffen. Für 150 r. denke ich, würde man ein schön verziertes Fortepiano von Mahagoniholtz 5 ½ Octaven, und von schönem Ton erhalten. Darf ich so frei sein, Ihnen mit diesem Auftrage zu belästigen? sie würden mir dadurch sehr verbinden.

Zitierhinweis

3364: Von Christlieb Benjamin Hering. Stolp, Mittwoch, 15.11.1809, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007193 (Stand: 26.7.2022)

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