Heidelberg d. 18. Merz 8.

 Georg Friedrich Creuzer: „Philosophorum veterum loci de providentia divina itemque de fato emendantur, explicantur“ (1806); vgl. Brief 2655, 32 – 40.  [Schließen] Sie erhalten hier, verehrungswürdiger Freund, zwar nicht augenblicklich, aber doch nur wenige Tage nach Empfang Ihres lieben Briefes die verlangte Creuzersche Dissertation . Es ist lange, daß ich sie gelesen habe, und sehen Sie selbst zu, was Sie darin finden. Jedoch läßt Ihnen Creuzer mit Entbietung eines freundlichsten Grußes sagen, Sie sollen ia die Stellen de Providentia darin sich nicht gesammelt vorstellen; es seye nur auf den Cicero abgesehen gewesen.  Vgl. Brief 2655, 40 – 50. [Schließen] Zugleich hat er mir für Sie ein voluminöseres Programm gegeben, welches auch einige Heraclitea enthält; das Programm ist sehr gelehrt, aber ich kann mich damit nicht recht verständigen, indem die Combination des Orientalischen, Aegyptischen und Griechischen, und aller Zeiten, mir gar zu wild durcheinanderläuft. Creuzer combinirt mehr als daß er kritisch sonderte; Manches macht er μυστικώτερον, wo man sich doch wahrlich nur des gemeinen Menschenverstandes zum Verständniß bedienen darf. Wie confus hat er S. 48. die Sphärenharmonie mit den Dodonäischen Gefäßen zusammengebracht! Ihre beyderseitigen Bearbeitungen der Heraclitea werden gewiß sehr wesentlich verschieden seyn, wie ich schon aus Creuzers Hauptidee glaube sehen zu können, welcher den Heraklit nicht nur mit der Orphischen Lehre in sehr große Verwandtschaft bringt, sondern mit dem gesammten orientalischen Mysticismus der Indier . Ich weiß von Indien so wenig, daß ich freylich nie ein Wort davon reden mag; aber ich bin nur um den Beweiß sehr besorgt; denn solche Testimonia wie eines  Clemens von Alexandria [Schließen] Clemens , oder solche Analogien, wie diese da von dem  Friedrich Creuzer: „Commentatio de causis rerum Bacchicarum et Orphicarum. Explicantur vasa scra Bacchica, Orphica; in his est crater mundanus mysticus apud Athenaeum“ (1807) [Schließen] Crater | 8v mundanus können mich nicht im Mindesten überzeugen.  August Boeckh: „Platons Werke von Friedrich Schleiermacher (Rezension)“, in: „Heidelbergische Jahrbücher der Literatur“, 1. Jg., H. 1 (1808), S. 81-121; vgl. Brief 2630, 36–51. [Schließen] Die Jahrbücher werden Sie nun wohl haben, und vielleicht recht böse über mich seyn. Das sollte mir zwar Leid thun für mich; indeß geschehen ist geschehen, und wie scrupulös ich auch bin, schlage ich mir doch immer die Reue gerne aus dem Kopfe meiner Beruhigung wegen, und wenn ich das Meinige gegen die  Friedrich Ast: „Rezension zu Platons Werken von Friedrich Schleiermachers Erstes Theiles Erster Band, Berlin 1804“, in: „Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst“, Bd. 1, H. 1 (1808), S. 102-141. Die Rezension war ein Verriss, vgl. Lutz Käppel: „Die frühe Rezeption der Platon-Übersetzung Friedrich Schleiermachers am Beispiel der Arbeiten Friedrich Asts“ (2013), vgl. auch Brief 2680, 7–21.  [Schließen] Astische Kritik im 1ten Heft seiner Zeitschrift  lies: betrachte [Schließen]bestrachte, so fängt es erst an mir zu gefallen, und Sie werden mit mir gewiß weit besser zufrieden seyn.

Die goldne Zeit naht, da die Collegia zu Ende gehen; noch 6 Tage, und ich bin auf 6 Wochen frey. Aber freylich nur frey, um aufs Neue unteriocht zu seyn;  August Boeckh: „Graecae tragoediae principum, Aeschyli, Sophoclis, Euripidis, num ea quae supersunt et genuina omnia sint“ (1808); den Timaius betreffend wollte Boeckh Schleiermacher seine Betrachtungen zukommen lassen, vgl. Brief 2655, 21–23; Boeckhs handschriftliche Notizen zum Timaius und Critias finden sich im Schleiermacher-Nachlass der BBAW, SN 256/1, 1-9, Bl. 16f. Über Geschichte der Philosophie las Boeckh im WS 1808/09, vgl. Max Hoffmann: „August Boeckh“ (1901), S. 467.  [Schließen] meine Tragici drängen mich abscheulich: den Sommer über muß das Buch endlich gedruckt werden, um zu hören, was die Welt davon meint. Dann aber gleich an den Timäos, den Sie doch zuerst brauchen; wenn ich nicht unglücklicher Weise etwa künftigen Sommer zu weit in die Griechischen Redner gerathe, um wieder einen interessanten Gegenstand zu ergreifen, welchen ich zuerst bearbeiten möchte. Neben dem Timäos will ich mich recht in die Geschichte der Philosophie hineinlegen, vielleicht lesen ich künftigen Winter darüber, welches ich schon den Sommer thun wollte. Nachher habe ich es wieder aufgegeben, und nun hat sich der wunderliche Görres daran gemacht, der kein Wort Griechisch versteht und von Kritik gar keine Ahndung hat: dieser hat sich nun mit allen den Peripatetikern und Neuplatonikern den Kopf so verwirrt, daß er ihn den Studenten ganz toll machen wird, wenn er seine Geschichte der Philosophie liest.

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 Vgl. Brief 2630, 75–99 und Brief 2655, 88–94.  [Schließen] Was Ihre Geneigtheit auf einen gewissen Fall hierher zu kommen betrifft, so hat mich dieses sehr gefreut; bis ietzt ist weiter von Carlsruhe nichts in diesem Betreff hierher gelangt; ob man die Sache zurücklegen wird nach einer häufig beliebten Manier, oder was da sonst geschehen wird, werde ich Ihnen, so bald etwas bekannt wird, weiter melden.

Grüßen Sie Buttmann, Heindorf und Wolf von mir; dem Erstern habe ich kürzlich geschrieben; ermahnen Sie Heindorfen doch zur Antwort und zu vernünftigen Entschliessungen über meinen nothgedrungenen Antrag.

Leben Sie recht wohl; Empfehlungen an Reimer , an Madame Herz und wenn Sie sie sehen, an Madame Levy Ihr

Boeckh.

Eben fällt mir noch was sehr Interessantes ein, was Friedrich Schlegel in Bezug auf Sie und Ihren Platon hierher geschrieben.  Vgl. Brief 2670, 37 – 66.  [Schließen]Da es aber keine Eile hat, und ich das Paquet siegeln muß, so will ichs Ihnen das Nächste mahl schreiben, damit Sie darüber uns Auskunft geben können.  Vgl. Brief 2655, 111 – 114  [Schließen]Was Sie von Voß schreiben, geht nicht; es ist mit ihm nichts anzufangen; der Mann ist nicht ganz in sich gefangen. Doch davon ein andersmahl.

Zitierhinweis

2663: Von August Boeckh. Heidelberg, Freitag, 18. 3. 1808, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0006492 (Stand: 26.7.2022)

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