Kommen werden wir wohl nach aller menschlichen Wahrscheinlichkeit lieber Freund, aber so schnell geht es nicht wie Sie denken. Das Semester endet erst den 24ten August und da den 27ten Reimers Geburtstag d über den ursprünglichen Text geschriebenist, der wenigstens bis Hamburg weiter ist es noch nicht ganz entschieden mitreist: so werden wir den wol noch hier abwarten und ersten den 28ten reisen. Drei Tage bleiben wir wol gewiß in Hamburg, und deshalb hoffe ich Ihnen von dort noch das nähere über unsere Ankunft sagen zu kön nen. Hoffentlich fällt dann doch noch ein Sonnabend auf Kiel, ob auch ein Sonntag ist zweifelhaft. Allein so gern ich es auch wünschte, da meine Zeit sehr beschränkt ist, indem die Rügener auch noch das ihrige davon haben wollen

Uebrigens mein Lieber habe ich ziemlich bedeutend am Magenkrampf gelitten zwar nicht so daß ich hätte Vorlesungen | oder Predigten aussezen müssen, aber doch so daß ich mich sehr entkräftet fühlte, und besorgt war das Uebel möchte sich wieder einwurzeln. Indeß durch Magnetismus und Bäder bin ich nun wieder so weit, daß ich hoffe recht bald auf lange Zeit frei zu sein, indem seit etwa 14 Tagen die Besserung in sehr starken Schritten gegangen ist. Leider hat mich nur das sehr weit zurükgebracht und ich werde nun wol noch den ganzen Winter brauchen um meine Ethik endlich ganz zu vollenden.

Die Nachrichten über Ihr Augenübel haben mich sehr besorgt ge macht, aber ich sehe nun Ihrer Hand gar nichts mehr davon an, und hoffe daß es ganz gehoben ist, wiewol Sie Sich nicht bestimmt darüber äußern. Brauchen Sie nur die gehörige Vorsicht und wollen Sie nicht zu schnell das versäumte nachholen. Ich freue mich sehr darauf manches mit Ihnen zu besprechen und mir von Ihnen referiren zu lassen, noch mehr aber darauf Sie in Ihren eignen 4 Pfählen zu begrüßen und in | Ihrem neuen Stande und die Bekanntschaft Ihrer lieben Tine zu machen. Es kommt aber nicht nur Nanny mit sondern auch Ehrenfried den ich nicht so zeitig – denn meine Frau reiset schon in den nächsten Tagen – aus seinen Lehr stunden heraus reißen wollte. Aber was sagen Sie nur dazu, daß auch Bekker sich unserer Reise anschließt. Er ist hier so einsam, daß es wol eine Wohlthat für ihn ist, und wenn er auch nicht viel beiträgt so hemmt er doch auch nicht.

Ihres Hochzeittages haben wir, falsch berichtet, einen Tag zu spät ge dacht; ich hoffe es soll Ihnen eben so gut bekommen. Unsere Freundin Herz war damals nach langen Widerwärtigkeiten endlich schon auf Rü gen, wo wir sie vielleicht noch anzutreffen hoffen. Und nun lieber Freund sein Sie gegrüßt und reichen Sie das Blatt herüber an Tine

Denn ich muß Ihnen liebe Freundin – erlauben Sie mir immer Sie im voraus so zu nennen – meinen besonderen Dank unmittelbar sagen für Ihre freundliche | Zugabe und wie sehr Nanny und ich uns Ihrer liebrei chen Aufnahme freuen, so wie meine Frau bedauert, daß sie sich mit dem begnügen muß was ihr über Ihr Wesen und Leben aus der zweiten Hand zukommen wird.   Die Nachrichten die Sie uns über Niebuhrs mittheilen sind neuer als wir sie hier haben. Ich sehe leider daß Niebuhr meinem Rath der ihn vor dem Weg über Meinungen warnte nicht gefolgt ist. Mir thut es übrigens noch immer sehr leid daß Dore, die ich herzlich zu grü ßen bitte nicht mit gereiset ist. Der arme Brandis ist auch gar nicht wohl von hier abgereist, hätten Sie mir doch über den auch ein Wörtchen ge sagt.

Leben Sie recht wohl indeß, und bleiben Sie uns hübsch günstig Schleiermacher

Berlin d 9t. Aug. 16.

Zitierhinweis

4282: An August und Catharina Twesten. Berlin, Freitag, 9.8.1816, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007813 (Stand: 26.7.2022)

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