Kiel den 1st. Nov. 15.

Ich benutze die Gelegenheit, welche mir die Durchreise des Dr. Oppen heim darbietet, um Ihnen die beiden ersten Hefte der Kieler Blätter zu schicken, die noch nicht fertig waren, als Jensen abreiste. Wenn Sie Zeit haben, meinen Aufsatz zu lesen, so bitte ich Sie, manches darin, was Ihnen auffallen könnte, als hervorgegangen aus Ort und Zeitbeziehungen anzusehn. Ich brauche dies nicht näher zu bezeichnen, weil Sie es leicht erkennen werden. Die eigentliche Veranlassung war die. Ein Pastor hier hatte eine Predigt über Kirchenscheu nicht nur gehalten sondern auch drucken lassen. Diese hatte einem der Stadt Kiel, wie es scheint, nicht günstigen Beurtheiler Gelegenheit gegeben, viel von der Gefahr zu schwatzen, die es hätte, wenn das Land seine Jugend an einen so verdor benen Ort schicken sollte, wo die Leute so wenig zur Kirche gingen. Er trug daher auf eine königliche Commission an, die das doch untersuchen müsse. Dabey gab es zugleich einige Anzüglichkeiten gegen „die Gelehr ten und Gelehrt-seyn-wollenden“ – die offenbar gegen die Universitäts lehrer gerichtet waren; dies brachte denn viele auf, und gab, weil man die Provincialberichte, worin diese Beurtheilung nebst manchen andern Er bärmlichkeiten erschienen war, juguliren wollte, mit die erste Veranlas sung zur Herausgabe unserer Blätter.

Mehr erlaubt mir heute die Kürze der Zeit nicht Ihnen zu sagen, da Oppenheim sogleich reisen will. Ich bitte nur noch Ihre liebe Familie und die Herz recht viel von mir zu grüßen. Von der letzten wundere ich mich, auf meinen letzten Brief keine Antwort erhalten zu haben.

Leben Sie recht wohl, und behalten Sie in Andenken Ihren Sie innigst verehrenden und liebenden Twesten.

Zitierhinweis

4183: Von August Twesten. Kiel, Mittwoch, 1.11.1815, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007810 (Stand: 26.7.2022)

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