An Nanny [Rückseite des zweiten Blatts]

B. d. 11t. Nov. 15.

Recht herzlich habe ich mich gefreut liebe Nanny daß Du zum bestimmten Entschluß der Abreise gekommen bist. Du hast gewiß in jeder Hinsicht recht daran gethan. Ich wollte Dir schon eher nach Breslau schreiben, ich hoffe aber doch dieser Brief trifft Dich noch. Es war mir unmöglich eher zu schreiben in solchem Gedränge bin ich gewesen. Ich mußte meine an dem großen Octoberfest gehaltene Predigt druken lassen die habe ich noch nicht gedrukt so wandert schon eine kleine Schrift gegen Schmalz unter die Presse an der ich eben jezt den lezten Buchstaben geschrieben habe, und die ich nach Tische Niebuhr und Savigny vorlesen will damit sie auch erst ihre Kritik daran üben, so daß ich auch jezt nur wenige Augenblikke übrig habe. Von dieser ganzen Geschichte wirst Du in Pless wohl nichts vernommen haben aber nach Breslau  korr. v. Hg. aus: wirstwird Du über den ursprünglichen Text geschriebensie doch hoffentlich erschollen sein. Finde ich nicht Zeit heute noch ein Paar Zeilen an Steffens oder Hanne zu schreiben so mußt Du mich hiermit entschuldigen |

Wie lange Du in Breslau zu bleiben gedenkst, darüber werden wir wol bald etwas hören. Treibe Dich nicht zu sehr ab. So lieb es mir wäre Dich wie Du den Kindern versprochen an meinem Geburtstage wieder hier zu sehen so dispensire ich Dich doch gern davon denn du würdest offenbar Breslau zu wenig genießen.

Auf Deine mündlichen Erzählungen freuen wir uns dann recht sehr. Das Haus ist nun endlich ziemlich in Ordnung und würdig Dich aufzu nehmen. Die Kinder fangen an täglich von Deiner Rükkunft zu sprechen. Erzählen kann ich Dir wenig. Ich bin bei Gelegenheit der Feierlichkeiten ein Paarmal bei Hofe gewesen, die Voss ist wieder hier, die Münster von einem kleinen Mädchen entbunden Alberti hat den rothen Adlerorden. So fallen mir die Sachen in dieser größten Eile aus der Feder.

Daß Du Luden in Breslau findest, darüber wirst Du wohl nicht wenig erstaunen. Mine sagt aber eben sie wolle wieder zurük. Will sie einmal ernstlich zurük so thue es doch ja denn allein kann man sie wol nicht reisen lassen.   Geld betreffend | wiederhole ich meine lezten Worte. Gaß wird Dir gewiß welches schaffen können und es soll unmittelbar wieder gegeben werden wie und wo es verlangt wird.

In Breslau genießen wir doch außer Gass alle etwa noch vorhandnen Freunde die über den ursprünglichen Text geschriebenund Bekannten aus alten Zeiten. Mein ältester Schulfreund der Oberamtsrath Wenzel ist hier gewesen. Laß mich doch wissen ob er glük lich zurük gekommen ist. Und nun laß Dirs recht wohl sein, und uns auch bald etwas hören[.] Ich hoffe Du schreibst gleich nach deiner Ankunft, Jette wartet auch auf einige Worte auf ihren Brief, und laß uns hernach auch den Tag deiner Abreise bestimmt vorher wissen. Becker ist aus Paris zurük und der arme Eichhorn ist dort wieder krank geworden. Gott gebe daß alles gut geht.

Dein treuer Br.

Zitierhinweis

4188: An Anne (Nanny) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 11.11.1815, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007746 (Stand: 26.7.2022)

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