Mittwoch Abend

Ich kann es nicht lassen liebste Jette Dir gleichen diesen Abend noch ein Paar Zeilen zu schreiben sie werden Dich doch spät genug treffen, wäre es auch nur um Dir zu sagen daß es mir mit der Gesundheit recht gut geht. Die Fischer hat mir aber durch Wolfarth und die Voss sagen lassen ich sollte mich sehr in Acht nehmen vor zu viel Arbeit und vor Erkältung sonst würde ich noch vor der Reise einen heftigen Anfall bekommen der leicht ein Hinderniß der Reise werden könnte die doch sehr wichtig für mich wäre. Ich schreibe Dir auch das damit Du siehst daß ich dir nichts verschweige. In Acht will ich mich übrigens schon bestens nehmen. Meine fortwährende vortrefliche Faulheit muß Dir übrigens auch dieses Papier beweisen; ich wollte mich nicht die Treppe herauf bemühen um besseres zu holen. Gedacht habe ich Deiner beständig und mich des guten Wetters herzlich gefreut, Dich auch mit meinen Gedanken beständig begleitet, und so hoffe ich daß Du jezt mit den Würmern ruhig in NeuBrandenburg schläfst. Der Fuhrmann wird Dir wol erzählt haben, daß ich ihm noch unter den Linden begegnet bin; ich konnte also errathen wann du etwa fortgekommen bist; die erste Nachricht davon erhielt ich aber durch Nan ny die ich im Hause in der Stadt fand. Da ich | 1v nun soviel wußte glaubte ich, es würde wol in Deinem Sinne sein wenn ich gleich zur Fischer ginge ihr die Nachricht mit deinen Grüßen zu bringen. Leider fand ich sie nicht allein, sondern Wolfart war da mit der Voss der sie dann auch höchst interessant gewesen ist. Es that ihr leid daß ich dich nicht abfahren ge sehen und ihr also nicht sagen konnte ob Du auch eine Haube aufgehabt; das schien ihr sehr wichtig zu sein für Deinen Kopf. Sie äußerte sich sehr freundlich und dankbar über Luischen. Um gleich alles magnetische zu sammenzufassen, Grell ist nicht längst fortgegangen; er hat Altenstein die Sache gleich erzählt und Altenstein hat sich ziemlich kurz entschlossen und ihm den Jungen auch in dieser Hinsicht ganz übergeben um mit ihm zu schelten wie mit seinem eignen Sohn. Grell wird ihn also nun baldigst zu Wolfart bringen. Vielleicht wird das eine gute Wirkung auf Reimer thun. Bedeutende Details gabs diesmal nicht bei der Fischer.

Still ists nun hier gar fürchterlich und was mir wie leere Schlafstube für einen schauerlichen Eindruk macht kann ich Dir nicht sagen. Ich über legte mir Gestern Abend als ich zu Bette ging, Wie wenn ich Dich und die Würmer nun gar nicht hätte und so ein JunggesellenLeben mit Nanny führte. Da bin ich denn sehr dankbar gewesen, und wünsche nur, daß dir auch einigermaßen so zu Muth sein möge, wenn Du in Poseriz in Deiner alten Stube bist. Liebstes Herz wüßte ich nur erst daß es mit Deiner Gesundheit gut geht und das Reisen dir gut bekommt.

Noch eine Neuigkeit. Block hat plözlich den bestimmten Befehl | 2 be kommen in Berlin zu bleiben; sie haben in der Eile ein kleines Chambre garnie Quartir gemiethet und weil sie darin keinen Plaz für Lotte haben die gefragt ob sie nicht vielleicht gern länger hier bliebe. Lotte glaubt also daß sie Sonnabend vielleicht gleich ganz her kommen wird.   Und nun will ich auch aufhören damit du meinen pünktlichen Gehorsam siehst denn es hat nicht längst 10 Uhr geschlagen und ich habe Morgen einen etwas fatiganten Tag zu bestehn wiewol ich den festen Vorsaz habe die Akademie zu schwänzen.

Ich adressire an Furchau, aber ich habe keine Zeit zu schreiben. Grüße alles auf das herzlichste, und die W(?) [...] [...] des langen(?) [...] küsse mir tausendmal.

Dein getreuer Alter

Zitierhinweis

4283: An Henriette (Jette) Schleiermacher. Berlin, Mittwoch, 15.8.1816, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007733 (Stand: 26.7.2022)

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