Sonnab. d. 26t. Jun.

Mein liebes Herz wie inbrünstig bitte ich Gott daß er mich aus diesem traurigen Zustande der Trennung von Dir und den Kindern endlich erlösen wolle. Dir und ihnen so lange gar nichts sein die liebsten und schönsten Pflichten gar nicht erfüllen zu können! jeder Tage verrinnt mir in ein ödes Nichts. Nun wieder eine Woche so hin, und ohne bestimmte Hofnung daß es sich ändern wird. Heut vor Acht Tagen als ich Deine beiden Briefe erhielt und zugleich die Nachricht daß Du einen Paß bekommen hoffte ich dies sollte die lezte sein, und nun weiß ich nicht einmal ob du unterwegens bist. Ach Liebe Dir kann doch auch gar nicht so zu Muthe sein da Du den größten Theil Deines schönen Berufs an den Kindern erfüllst und, Du Arme, so mühsam erfüllst, daß dir nicht einmal recht Zeit bleibt dich wegen des übrigen zu besinnen – Ich habe heut die Spalding in Friedrichsfelde besucht. Antonie Josina Iphigenia Mine waren da (der lezteren Geburtstag war eben) Zu Mittag kam auch Müller. Es war recht hübsch. Aber das angenehmste war mir doch die gewisse Hofnung die ich hatte wenn ich nach Hause käme würde ich einen Brief von dir finden mit der Nachricht daß Du reisest – Aber nein! Ich begreife es nicht da Pistor mich versichert die Posten gingen nun ordentlch über Breslau. Und das schlimmste ist, ich muß nun meine Hände gänzlich in den Schooß legen. Denn das kann ich mir nicht an | 43vthun zu glauben daß ein Brief den ich nun abschikte Dich noch in Schmiedeberg treffen könne. Ach liebste Jette! eiltest Du doch auf den Flügeln meiner Sehnsucht. – Hier draußen fand ich eine Einladung von Plamann zur Prüfung. Wenn ich hingehn kann wird es mir auch sehr wehmüthig sein den Friede nicht da zu finden. Ich habe so sicher gerechnet daß mit Anfang des künftigen Monates er gewiß wieder hingehn würde. – Nun liebes Herz ich kann leider nichts als eure Rükreise mit inbrünstigen Wünschen Gott befehlen. Ich kann wol sagen ich habe genug gebüßt

Zitierhinweis

3926: An Henriette (Jette) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 26.6.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007732 (Stand: 26.7.2022)

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