Berlin d 1t. Junius

Liebes Herz ich schreibe dir wie bisher täglich; aber ich schike Dir dies nicht bis der ordentliche Postenlauf wieder hergestellt ist. Dagegen versuche ich auf so vielen Wegen als möglich Dir kleine Zettel zukommen zu lassen. Mache Du es nur auch so, und namentlich schreibe an jemand etwa an Gass nach Breslau (wenn man nicht schon von selbst auf der Post die Briefe über Berlin gehn läßt) und lege etwas an mich ein. Zwischen Breslau und hier wird man doch die Communication wenn auch auf der andern Seite der Oder so lange als möglich zu erhalten suchen. Ich schreibe noch an Gass und trage ihm auf dich wissen zu lassen ob es sichere Wege giebt von Breslau hieher zu reisen und welche. Denn ich höre daß Mehrere von dort zurükkommen wollen. Denn mich verlangt unendlich Euch wieder hier zu haben und hier ist alles vollkommen ruhig und sicher. Melde mir doch auch in Deinen nächsten Zetteln ob der Koffer der den 24ten hätte ankommen müssen und mit ihm die Assignaten von 50 r auf Waeber glüklich angekommen und ob leztere bezahlt worden ist. Die ausgebliebene Post ist Gestern nachgekommen, hat mir auch einen Brief von Röder aus Goldberg gebracht leider aber keinen von Dir woraus ich schließe daß die Störungen bei Euch früher müssen eingetreten sein. Ich bin zwar nicht mehr so außer mir wie anfangs über diese Wendung der Dinge aber doch sehr gequält und unruhig bis ich irgend eine Nachricht von dir erhalte. Ich wünsche herzlich daß Du ruhig habest können in Schmiedeberg bleiben oder daß Du Dich nur auf so kurze Zeit und so wenig weit als möglich entfernen mögest; im wesentlichen denke ich soll die Stellung der Armee eure Gegend schüzen, und sich bald mit Gottes Hülfe alles anders wenden. Ich will noch zu Savigny der Briefe von seiner Frau haben soll aus Altwasser und hören ob sie irgend etwas von Schmiedeberg schreibt. Ich bin übrigens ganz wohl. Gott führe uns nur bald wieder zusammen. Sobald Du einen sichern Ort erfährst und Du vertrauen kannst die Sicherheit werde lange genug dauern so komme. Dies Vertrauen muß sich aber freilich entweder auf sehr gegründete Begebenheiten oder auf das Beispiel und den Rath von sehr zuverläßigen und wohlunterrichteten Leuten gründen. Gott schüze Dich bestes Weib und Euch Alle und verleihe Dir recht viel Kraft. Alle Briefe von der Armee athmen nur guten Muth.

Dein ewig treuer Schl

Zitierhinweis

3888: An Henriette (Jette) Schleiermacher. Berlin, Dienstag, 1.6.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007721 (Stand: 26.7.2022)

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