Potsd d 27 May 1816

Wenn aus der Charlottenburg-Fahrt ohngeachtet des drohenden Gewit ters noch was geworden ist – – so werdet Ihr es Lieben Leute wohl durch den Bedienten noch vorher erfahren haben – daß sein langes warten auf die Pinsel mich um eine Droschke gebracht hat ich war immer in dem Gedanken er sei noch imer aus da es mir zu lange wurde schikte ich der Junak ihre Frau – aber es gieng wie mit dem Jockel sie kam nicht wieder – – als sie endlich auch leer erschien machte ich mich mit ihr auf den Weg aber als ich endlich sehr ermattet anlangte – war die Journaliere | 12v schon fort – – ich wolte nach dem Rath der PostBeamten eine Droschke nehmen und nachfahren – war aber auf dem ganzen großen SchloßPlaze keine zu bekommen ich entschloß mich daher in der Stadt zu bleiben und um 5 zu fahren – – und bat die Frau mir meine paquete zur Schmalz zu tragen mir zugleich die Antwort zu bringen ob ich für mein Geld was ich voraus bezahlt nun später fahren könte leider muste ich eine neue Karte lösen – – so daß mich diese Geschichte – mit dem | 13 fahren von der Garven in den Thiergarten – und das tragen der paquete circa 2 thr 14 gr kosten – doch da keine operation nöthig – – beruhige ich mich gern – – die neue Karte brachte mir der Mann jener Frau – – welcher bey den Schmalz Kindern ein großes Staunen und Lachen erregte – – mir selbst war ein solcher nicht leicht erschienen – – daß meine Aufnahme bey Schmalz sehr liebe voll war – darf ich nicht erst betheuern – – wir aßen | 13v 2 von ihm bestelte Gerichte – Ertoffeln mit Petersilie dazu kalt aufgeschnitnes Pökelfleisch – Wurst – Stokfisch mit Butter und englischem Senf es hat mir herrlich geschmekt. Unterwegens stand ich noch genug Hize aus – so daß es mir lieb war – nicht um 12 gefahren zu sein –! ich muste mir aber da ich wegen der neuen Karte ganz ausgebeutelt war – 8 gr courant bey den Töchtern der Schmalz borgen sonst hätte ich Hier den Postillion und den Jungen der mir mein paquet trug | 14 nicht auszahlen könen – Nany bitte – besorge doch dis durch Schedens an sie – – auch habe ich dort das Buch liegen laßen Geschichte der Alten was ich mir von Dir liebes Jetchen geborgt – dis liebe Nany schikke mir doch mit den Sachen – – und bitte laße mein Kleid auswaschen – daß es Hier nur geplättet werden darf – unsre Wäsche ist bis Heute verschoben – – sonst könte ich es lange nicht anziehen. Die Block kam eine halbe | 14v Stunde später mit den Kindern von der Offelsmeyer – war sehr gütig voll Bedauren daß ich so schlecht Wetter gehabt – – und voll Dank daß ich mich wegen der Wohnung so bemühet hätte – weil aber der portier in jenem Hause nichts wuste als daß der Gneisenau ihre moeuble und dergleichen noch drin stehn und er mich auch das locale nicht sehen laßen wolte – – schreibe ich deshalb  korr. v. Hg. aus: uman die Gräfin um durch sie zur Gewißheit zu komen – bitte besorgt die Inlage recht bald – – | 15 ich wolte sie deshalb nicht mit Postgeld beschweren – und frei machen schikt sich doch auch nicht. Die Block frug gleich was der Arzt gesagt hatte – – bekam es aber erst des anderen Morgens zu erfahren weil ich im Beisein der Kinder diese Dinge durchaus nicht abhandle. Sie bat mich es doch recht pünktlich zu brauchen – –

Daß sie übrigens den Kindern Alles sagt habe ich an Amalie bemerkt – Line kann alles mehr verbergen –

Gestern hatten wir einen großen The – es solte | 15v unten im GartenHaus getrunken und von mir im freien eingeschenkt werden – aber die er schrekliche Näße erlaubte es nicht – ich muste in meiner Stube einschen ken – und alles herüber schikken – – weil die Stuben hier zu klein sind – späterhin wurde Eis und Torte gegeben welches ich auch besorgte – daher dismahl gar nicht zur Geselschaft kam – sie machte viel Entschuldigung darüber – es lag mir auch wenig daran. Nun ich grüße Alle sehr herzlich – – bitte – denkt recht öfters an

Lotte

Zitierhinweis

4270: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher (auch an Henriette und Anne (Nanny) Schleiermacher). Potsdam, Montag, 27.5.1816, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007699 (Stand: 26.7.2022)

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