Pots d 20t Dbr 14

Wenn mich nicht ein anhaltendes peinigendes Kopfweh an allem lesen und schreiben 8 Tage lang gehindert so hättet Ihr meine Lieben, wohl lange schon wieder etwas von mir zu lesen bekommen – seit 3 Tagen ist mir wieder ganz erträglich zu Muthe; mit Vergnügen wende ich daher wieder ein Stündchen zur schriftlichen Unterhaltung ann.

In jenen Tagen als es eben ein Jahr war da ich bey Euch anlangte – und ich gern mit Euch geplaudert – und gefragt ob Ihr wohl meiner Ankunft gedacht habet – hatte ich viel an meinem Kopfe zu leiden sehnte mich in der Stille nach EisenTropfen | 8v oder doch nach dem recept – da aber der gleichen nicht von selbst ankam und ich wirklich nicht schreiben konte – – sprach ich mit dem Chirugus – der mir auch EisenTropfen in Wein zu nehmen verschrieb welchen mir der OberstLeutnant gab – und sie eine Zitrone – um mir Tisane zu machen einige Abende muste ich Fußbäder nehmen so geht es denn wieder recht gut – – einige Stunden am schlim sten Tage, nahmen sie mir die Kinder ab – des Abends waren die Blocks – die mich wirklich sehr gut behandeln immer ausgebeten – doch behielten sie die ganze Zeit die Knabens unten – –

Eben dieser unbehagliche Zustand – da ich in anderthalb Tagen un möglich die 8 Meilen fahren konte – machte – daß ich zum 17ten | 9 zu komen Autorfußnote (am linken Rand)unser Abendmahl Tag in Berlin – mir nicht einfallen konte – ich werde den 2ten Feyertag bei Eulert comuniciren – deßen Vortrag mir sehr behagt –! Wie gern wäre ich am heiligen Abend bey Euch die Freude der Kinder mit anzusehen – aber hier wegzugehen wäre auch grausam – schon manchen kleinen Spaß ha ben die Kinder unter einander gehabt und ich mit ihnen – möget Ihr Alle groß und klein doch dis herrliche Fest recht froh werden welch ein köst liches Wetter – mehr als Herbstlich – ich war heute im neuen Garten mit den Kindern – – es war ein rechter Jubel – ich war im Inersten seelig! – | 9v Schreibt mir doch ja bald nach dem heiligen Abend – wie es war – und wie Ihr die lezte Nacht in diesem Jahr zubringen werdet – wegen den vielen Besuchen und Spectakel kann ich hier nicht weg die Kinder werden den Leuten ganz überlaßen sein. Bitte recht sehr schikt doch meine war me Schuh und Müze wenn sie fertig nebst dem Buch von Reimers – Donerstag in die alte Friedrichs Straße no 130 – es geht Freitag eine Ge legenheit hieher – da kan alles gut mitkomen – Seid Alle recht herzlich gegüßt von

Der alten Lotte

Zitierhinweis

4102: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher (auch an Henriette Schleiermacher). Potsdam, Dienstag, 20.12.1814, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007672 (Stand: 26.7.2022)

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