Gdfr d 20t. Nvbr 1813

In diesen heiteren HerbstTagen habe ich mir oft die Möglichkeit vorge stelt – wie Du mein Einziger mich noch selbst abholen köntest oder ir gend Jemand den ohnedies Geschäfte nach Schlesien treiben dazu Auftrag geben würdest die alte Lotte mitzubringen. Da mein Warten aber vergeb lich – und ich die inre Ueberzeugung habe – jezt – oder nie nach Berlin zu reisen – so melde ich Dir hierdurch daß ich fest entschloßen bin mit Langes abzugehen – der gute junge Mann ist zwar noch in Breslau | 12v um sowohl mit Merkel seines Vorschußes wegen als sonst noch alles zu ver abreden – daher ich noch nicht den Tag der Abreise bestimen kann – doch so viel ist gewiß daß wir vor den FeyerTagen dort anlangen – es müste denn Eins von Uns bedeutend krank werden – mein Gefühl ist ein noch nie gehabtes – doch ziemlich gedämpft wenn ich mir sehr natürlich vor stellen kann daß während einer solchen Abwesenheit von Hier – manche besonders meine alte immer gütige Comtess Posadowsky – vollendet wür de und ich sie nicht | 13 mehr wiederfinden könte – – Hätte Lange eher Anstalten treffen könen so wäre ich am liebsten bei dem Morgenden Fest schon zugegen gewesen – welches ich wohl nie mehr als im väterlichen Hause mit Dir gefeiert habe! Doch still du begehrliches Herz welche Freu den stehen dir ohnedies bevor!!!

Die Herenhuterin erscheint also in ihrem wolligen costuem wie in Breslau und Schmiedeberg werdet Ihr Lieben sie gern so aufnehmen – so unter | 13v Euch wißen und es soll mir lieb sein – wegen meiner Bequemlich keit und eurem Beutel der es sehr empfinden würde mich äußerlich ganz neuzuschaffen – denn ich kann ja gern zu Hause bleiben wo ich so mich nicht sehen laßen kann! – Nun mein Lieber ersuche ich Dich mit umge hender Post mir durch einige Zeilen zu melden ob Ihr die alte Lotte haben wolt – und mir weil, Hier, noch mancherley Kleinigkeiten zu berichti gen | 14 sind – aus Deiner Milde, Geld oder Anweisung zu schikken was die Reise betrift – wird alles notirt von Lange – ich denke auch nur die Zehrung – übrigens – bekomt er ja Vorspann – bleibt mir je was übrig – so ist mirs lieb – unterwegens etwas zu haben – weil mann gar zu leicht in einem kränkelnden Zustand ein besondres Bedürfniß haben kann – ich habe seit 8 Wochen einen bösen Husten | 14v der Unreinigkeit auswirft aber die Bewegung und Rütteln des Wagens wird ihm eher heilsam sein. Nun mein Lieber ich grüße dein gutes Weibchen welche mich mit ihren und deinen Kindern als Schwester und alte Tante gern aufnehmen wird so auch Nany mit welcher ich wohl in einem Stübchen sein werde – grüße die Herz – da die Abreise eher schneller als später geschehn kann – so erhältst du wohl vorher noch Anzeige von

Lotten

Zitierhinweis

3986: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Gnadenfrei, Sonnabend, 20.11.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007662 (Stand: 26.7.2022)

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