Gdfr d 24 Octr 1813

Gestern vor 8 Tage, wirst Du mein Lieber, durch Herrn Prediger Grel meinen lezten Brief erhalten haben welchen mir Langes anboten, einzu schließen – an demselben Tage erhielt ich endlich eigenhändige Zeilen von Dir – und deine gütevolle Anweisung die mir ohne weiteres ausgezahlt wurde –! nun, Du guter Bruder meinen herzlichen Dank, jedoch mit der Bitte, das quartal nicht nachzuholen – da ich es noch einmahl wiederhole – daß Gottes Seegen so mit dem Gelde war seit ich weniger Stunden gebe daß ich mir nicht borgen durfte | 11v und also bis zu Ende des Jahres sehr gut auskommen werde – wenn Du mir alsdann nur liebevoll zu Hülfe komst Du Treuer einzig Guter! Wie herzlich hat mich Deine Einladung nach Berlin gefreut – wenn sich’s nur gleich so ausführen ließe – Unter den Schwestern giebt es gar keine Reisegeselschaft – das Frl Forestier ist gar nicht bei Uns – sonst ist Niemand auch müsten wohl plözlich Anstalten getroffen werden – wenn ich noch vor dem Winter bey Euch anlangen solte – Gott weiß – wie sehr ich mich darnach sehne – meine Berliner in ihrem eigentlichen | 12 Leben zu sehen – Deine Kinder an mein Herz zu drüken, und Dich predigen zu hören – welches Leztere durch die jungen Männer besonders Sack und Lange wieder recht lebhafter Wunsch ge worden ersteren habe ich nur 2mahl gesprochen aber eine recht innige Freude habe ich über den lieben jungen Mann gehabt – er hat mir deine zum Abmarsch der dortigen Truppen gehaltne Predigt geschikt – Briefe an Dich habe ich durch Niemand als Herrn Friese abgeschikt den ich nur eine Viertelstunde gesehen | 12v Uebrigens weiß ich die Nahmen Aller die mir so werth – die als deine oder der Herz Freunde nach mir frugen – ich seze sie Alle her – wie ich sie nach und nach kennen gelernt habe. Baron Schroetter, Dorof Lange nebst Frau, die ich aufsuchte als ich deinetwegen sehr besorgt war, Beide woh nen hier bey der Frau Baronin von Seidliz – durch Grells kanst Du völlige Auskunft von diesem lieben EhePaar bekommen – – mit ihnen nach Ber lin zu reisen wäre wohl möglich – aber – Wann? und ob sie gradzu oder durch Umwege | 45 wegen seiner Geschäfte – (für der Verwundeten gutes Unterkomen zu sorgen) – nach manchem herumkreuzen endlich hinkom men werden – oder ob sie gar erst in der schönen JahresZeit abreist – dis hängt, deucht mir von manchem Wenn und Aber, ab! – Soltest du mein Lieber unser endliches schönes Ersehn ernstlich betreiben und Du wüstest irgend wie eine Gelegenheit – so werde ich mich nicht dagegen sezen und nur in diesem Falle würde ich jenes quartal annehmen müßen – ach – das scheint mir | 45v alles so ferne – wenn Du nicht selbst kommen kanst… Doch weiter Hufeland mit seiner liebenswürdigen Tochter – Herr von Schen kendorf als Gatte meiner treflichen Freundin Barkley – Graf Groeben – Sack – Friese – Professor Arndt – als mich Langes mit nach Reichenbach nahmen – zulezt Doctor Friedlaender – ein lieber junger Mann – den ich als meinen jüngsten Bruder betrachte – kündigte sich mir als Freund uns rer Herz an – Doctor Stekling als Freund der Pistorius – Es sind wirklich 12 Menschen ein schöner Cranz der eigentlich durch deine Güte mir ward.

Lotte.

Zitierhinweis

3976: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Gnadenfrei, Sonntag, 24.10.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007661 (Stand: 26.7.2022)

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