Also ganz in der Stille mit Deinen Kindern willst Du den morgenden Tag erleben? Nun desto ruhiger wirst du können Dich Deiner ganzen Lebens führung und aller Lieben die so herzlichen inneren Theil an Dir nehmen erfreuen. Das ist Dir gewiß sehr wichtig, daß deine nächste Bestimmung nicht ungewiß vor dir liegt an diesem Tage sondern sich alles so ent schieden hat wie du es dir am meisten zu wünschen scheinst. Mache Dich aber auch nur darauf gefaßt meine Liebe, wenn du in die Zukunft hinein siehst daß Du es doch mit Deiner schwächlichen Gesundheit nicht mehr lange wirst aushalten können die Last solcher kleinen Kinder auf dir zu haben. Ich gönne Dir recht herzlich die Freude thätig und nüzlich sein zu können, da ich ja selbst weiß was sie werth ist, und mein herzlicher Wunsch an dich ist, daß Du sie noch lange genießen mögst, und daß Gott Deine Gesundheit in diesem Jahre recht aufs neue stärken möge – aber es war mir doch unmöglich dieses Wort zurükzuhalten

Gedenke unserer Morgen recht lieb und fromm wie wir es auch thun werden | 2v und möchstest Du auch, da es grade Sonntag ist, dich mit einer guten Predigt erquiken können. Doch dazu ist wol wenig Wahrscheinlich keit da auch dort gewiß von Paris gepredigt wird.

Frau von Ahlimb habe ich nicht vergessen aber bis jezt bin ich noch nicht im Stande gewesen ihr zu dienen – Vor ein Paar Tagen waren wir bei der Voss mit Grells zusammen da sagte mir die Grell daß die Lange jezt abgereist wäre. Du weißt daß ihr Mann in Koblenz angestellt ist. Die wäre betrübt gewesen daß Du sie scheinst so ganz vergessen zu haben.   Auch sagt sie mir, sie habe einen großen Brief von der Baronin, die wieder ihren kleinen Enkel verloren habe. – Die Pistorius hat endlich ihre Mutter verloren; es war ihr wol seit langer Zeit nichts besseres zu wünschen. Und dasselbe möchte ich auch von unserer Herz sagen die leider aus einer Noth in die andre kommt. Wir sehn sie fast gar nicht, und Du mußt Dich nur nicht wundern wenn sie dir auch jezt nicht schreibt.

Gott befohlen liebste Lotte. Bleibe uns allen gut. – Viel ist für mich nicht davon zu erwarten wenn Du zum Fest kommst weil ich zu sehr beschäftigt bin

Dein treuer Friz

B. d 30t. Merz.

Zitierhinweis

4255: An Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Berlin, Sonnabend, 30.3.1816 , ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007646 (Stand: 26.7.2022)

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