Gdfr d 12 Febr 1811

Recht überraschend war mir Heute Dein lieber Brief für welchen ich Dir recht herzlich danke – daß der 18te also gefeiert werden solte ist mir gar nicht eingefallen eine ganz eigne heilige Freude muß diese doppelte Feyer für Nany sein – wenn sie auch wenig darüber sagt – wird Sie’s doch gewiß recht innig empfinden auch ich mein guter Bruder reiche Dir im Geist recht herzlich die Hand und freue mich mit Inigkeit über mein Anrecht an die kleine Niece welche ich im Geist an mein liebend Herz drücke und solche mit 3facher Theilnahme, der Vaterhuld Gottes – seiner | 1v Leitung und beseeligenden Liebe empfehle – Er laße das Kind groß wachsen und zu seinem Preise Euch in allem Betracht zur Freude werden. Mit dem biblischen Nahmen und daß er nicht soll verdreht werden bin ich ganz einverstanden – ob Clara in Jettens Familie gehört oder was es sonst für eine Bewandniß damit hat – werde ich wohl mit der Zeit erfahren. Hast Du nicht Wedike oder Konopak noch erwählt? Hält dein gutes Weib keinen besonderen Kirchgang oder ist derselbe mit der Taufe verbunden? ob Du in der Kirche oder zu Hause taufst | 2 hätte ich wohl gerne gewust – dem sey wie ihm wolle – da oder dort – Vor oder Nachmittag – so bin ich mit meinem Geiste bey Euch – des seid Ihr Alle versichert wenn auch diese Zeilen nicht zu dem Tage so sehr ichs wünsche zurecht kommen! –! Die Rede wünschte ich sehr zu bekommen wie es übrigens den Tag zugegangen wird mir wohl die Nany oder Herz schreiben – leztere wird doch wohl auch gegenwärtig sein – Sie hatte mir bey unserm ersten Ersehn Hofnung gemacht daß sie dieses Jahr mit ihren Verwandten eine Reise ins | 2v Schlesische Gebirge machen – und gewiß auch hier besuchen würde – nun aber wird sie Euch wohl nach Ruegen begleiten – die Pistoriuss hatte mir schon von Eurem vorhabenden Besuch geschrieben – daher ich gar nicht im Ernst ahndete – dich hier zu sehn – es müsten dich denn Geschäfte nach Breslau rufen. – Von meinem Ersehn mit Euch Allen, habe ich einen großen Wunsch auf künftiges Jahr wenn ich anders dann noch reisefähig bin mein Guter! – ich leide zwar nur am Krampf aber es schwächt mich doch sehr und jezt ist mirs oft in der | 3 Nacht so enge, weil sich alles auf die Brust gezogen – daß ich viele Stunden im Bette sizen muß – ordentlich zu brauchen kann ich mich diesmahl nicht entschließen – ich helfe mir mit PfefferMinzThe – Waßer-Küchel und Camillen – vielleicht geht es oft nähre ich die Hofnung daß ich nicht älter werde als unsre selge Mutter – nun ich will dem kindlich vertrauen der alle meine Tage auf sein Buch geschrieben nur weil Du von meiner Gesundheit erwähnst – sonst hätte ich nichts davon geäußert – zu was hilft auch alles Klagen – mann wird es gewohnt | 3v bin ich künftiges Jahr noch am Leben – so ist es mir ein süßer Gedanke, wenn sichs irgend thun läst zu Euch zu kommen – vielleicht kanst Du selbst mich abholen – Elisabeth würde dann schon in der Entwiklungsperiode seyn die ich so sehr liebe – und ich würde viel Freude haben – 1812 – Von Luise Willich die ich innigst liebe und wegen dem Verlust ihrer Schwägerin herzlich bedaure habe ich keinen Brief erhalten mich sehr gewundert – daß sie mir seit ich ihr ausführlich nach Ruegen geschrieben – noch nicht geantwortet es wäre mir sehr lieb, wenn | 4 sie mir, wie ich schon lezt geäußert einmahl recht ausführlich von den Kindern schrieb und von allem was sie treiben – so gar wie sie angezogen gehn – und wie Ihr Alle logirt seid – bitte mein Guter sorge dafür daß ich von Berlin ein ganz paquet Briefe zum 31 Merz erhalte – worüber ich viel Freude haben werde – vorher aber wird mir wohl jemand vom 18ten ordentlichen Bericht abstatten so wohl von dem wesentlichen, als den andren Kleinigkeiten woran ich meines Alters unbeschadet immer noch viel Theil nehme – sogar ob mein Pathchen schon | 4v ein Rökchen an hat; was werden die Kinder sagen wenn Väterchenußt hätte – dis hast du wohl bey aller übrigen Ausführlichkeit vergeß selbst taufen wird – schon lieb wäre mirs gewesen wenn ich die Zeit gewen. Nach Schmiedeberg von wo her ich seit September keine Nachricht habe – obschon ich zu Ende November geschrieben – habe ich gleich nach Empfang deines lieben Briefs – den Tauftag gemeldet. Inliegenden Zettel wirst du wohl der guten Schwester übergeben da ich ihr später hin ausführlich schreibe – sey nebst deinem guten Weibchen und Kindern herzlich umarmt von

Deiner alten Lotte

Zitierhinweis

3593: Von Charlotte (Lotte) Schleiermacher. Gnadenfrei, Dienstag, 12.2.1811, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007642 (Stand: 26.7.2022)

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