Lieben Freunde ich kann d[och u]nmöglich in den Wagen steigen was in wenigen Stunden [geschehen] soll ohne Euch zu danken für eure treue und herzliche Anhänglichkeit, Euch Glük zu wünschen zu dem reichen Ertrag eurer Reise und Euch wieder zu begrüßen auf dem festen Lande. Leid thut es mir, daß Ihr so früh zurükkehren  korr. v. Hg. aus: mußtestmußtet und nicht von dem langen Genfer Aufenthalt, der zu meiner Verwunderung eure eigne Wahl ist, einen Monat abbrechen konntet für Schottland. Die presbyterianische Kirche, wie sie dort besteht ist gewiß eine nothwendige ergänzende An schauung zu dem was Ihr in England gesehn habt wo sich das äußere und das innere der Kirche auf eine so wunderliche Art differentiiren. Ich hoffe so sehr Ihr Euch und gewiß mit Recht an vielem gefreut habt wird Euch doch das Gefühl immer lebendig geblieben sein daß bei uns eben alles nicht grade so sein muß. Gewiß gilt auch von der Religion vorzüglich, daß was in Deutschland gut ist, sehr gut ist, und um zu diesem sehr guten zu gelangen, müssen wir unsern eignen Weg gehen. Weil wir keine solche hohe Kirche haben brauchen wir auch keine solche kleine Partheien; diese Gegensäze stehen und fallen mit einander, und von welcher Seite wir auch die Nachahmung anfingen würden wir uns unsern reinen Weg ver derben. Fast dasselbe gilt auch, lieber Karl, von der Missionsangelegen heit, über welche mir Nikolovius Ihren Brief mitgetheilt hat. Erstlich sind wir darin gar nicht so unthätig wie es scheint denn die meisten Missio narien sind ja Deutsche und was von der Brüdergemeine aus geschieht ist doch ganz als deutsch angesehn. Dann glaube ich wol es wird auch noch einmal mehr öffentlich unser Beruf werden, aber dann muß es auch von innen heraus kommen und nicht von außen angeregt werden. Unsere Hauptmission sind gewiß vor der Hand die Nationen die dem Namen nach schon Christen sind, die aber durch deutsche Durchdringung erst wahrhaft müssen gefördert werden, die Slaven und Kelten. Eine Mission aber unter russische Heiden, welche von deutschen Protestanten ausginge würde jezt ein unnatürliches Ding sein. Das ist ja das Gebiet wohin die griechische Kirche wirken muß wenn irgend ein Leben in ihr ist. So sehe ich für jezt diese Sache an.

Nun lebt wol, lieben Freunde! wenn ich zurükkome mehr. Meine Frau ist schon auf Rügen mit den Töchtern, ich gehe jezt mit Nanny und Ehrenfried ihr nach aber nicht gradezu, sondern in Reimers und Beckers Begleitung über Hamburg Kiel Lübeck und Rostock. Neue Gegenden werde ich sehn und manche liebe Freunde besuchen. Ich bin sehr leidend gewesen am Magenkrampf es geht aber doch nun leidlich und so daß ich ohne Bedenken reisen kann.

Gott geleite euch weiter und bleibt meiner in Liebe eingedenk. Die Eurigen  über der ZeileMeinigen grüßen herzlich. Lotte ist jezt auch wieder bei mir und hütet allein das Haus.

Schleiermacher

27/Aug.

Zitierhinweis

4291: An Karl Heinrich Sack. Berlin, Dienstag, 27.8.1816 , ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007632 (Stand: 26.7.2022)

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