B. d 24t. Jul. 13

Mit dem Korrespondenten lieber Freund geht es immer noch nur so so. Unterstüzung ist wenig; nur Rühs ist ziemlich fleißig allein so lange er in Wolgast ist wird er wohl meistens zu spät kommen wie es bis jezt gerade mit den wichtigsten Sachen gegangen ist. Er schreibt indeß er wolle nun nach Stralsund gehn, und dann wird er uns wol von größerem Nuzen sein. Niebuhr hat vor ein Paar Tagen zum ersten Mal etwas nicht sehr bedeu tendes geschikt und etwas bedeutenderes versprochen; wir wollen nun sehn ob er Wort halten wird. Die hiesigen Bekannten vom Hofe und sonst sind nachläßig das Gouvernement scheint böse zu sein und schikt nicht einmal die officielle Sache. Hoffentlich wird sich dies nun der Staatskanz ler fort ist wieder geben; denn Sack ist wohl gut gesinnt. Dies hängt gewiß mit der Verfolgung zusammen die ich über den bekannten Artikel in No. 60 erfahren habe, und diese wieder mit der Aufhebung des Landsturms und Bärensprungs Transportation nach Pillau. Das ist alles aus Einem Stük und sie nennen es einen entscheidenden Sieg über die Steinsche Part hei. Das sind so die ersten Früchte von Scharnhorsts Tod. Doch laß nur gut sein die | 102v gute Sache wird doch siegen. Meine Geschichte hat mir nur Spaß gemacht; sie ist zu abgeschmakt als daß sie mich auch nur im min desten hätte ärgern können. Schukmann der durch eine Cabinetsordre den Auftrag erhalten hatte, mit über den ursprünglichen Text geschriebenmir einen derben Verweis zu geben und für Wie derholungsfall mit der Cassation zu drohen fing ganz wild und böse an mich sogar des Hochverrathes zu beschuldigen, endigte aber mit der wie derholten Versicherung, er halte mich für einen Mann der es aufs recht schaffenste mit dem Vaterland meine, und mit einem ganz gelassenen Ge spräch wie weit eigentlich bei Zeitungen die Preßfreiheit gehen solle. Mei ne unerschütterliche Contenance und die Auflösung eines Mißverständ nisses in einer alten Geschichte, wo er sich persönlich von mir beleidigt glaubte, brachte die augenscheinlichste Wirkung auf ihn hervor. Ich habe mir eine schriftliche Vertheidigung vorbehalten; er wird sie wol ad acta schreiben, ich will dafür sorgen daß sie möglichst ins Publicum komme.

Wepler ist durch einige Vorhaltungen etwas ordentlicher geworden: die Times werden nun aber wol nicht eher als für den October abbestellt werden können; und das ist wol auch recht gut denn es wird doch wol noch eine Weile dauern ehe jene Uebersendung in Gang kommt. Ich hoffe die Besorgung der Scharnhorstschen Bio | 103graphie (die Kutusowsche kenne ich gar nicht) wird Wewizer übernehmen. Baier(?) ist zwar promt, aber nicht genau und zuverläßig er hat mir oft kleine Artikel ausgelassen und läßt mich nie zeitig genug wissen was gestrichen worden ist wodurch sich denn oft der Druk ohne alle meine Schuld verzögert. Es wäre sehr wün schenswerth für den Correspondenten wenn Du einmal herkämst um al les völlig in Ordnung zu bringen. Da der Landsturm nun aufgehoben ist: so hätte Göschen freilich wieder Zeit; aber theils habe ich nach dieser Geschichte unmittelbar nicht abgehn wollen theils fürchte ich Göschen würde sich auch jezt noch in dieselben Beschränkungen zurükbegeben wollen, und das könnte dem Blatt unmöglich gut thun. Also will ich es, wenn sich niemand besseres findet, dies Vierteljahr noch fortmachen so gut ich kann hernach hoffe ich wird anderer Rath werden. Denn wenn ich im Winter irgend das Collegienlesen ernstlicher treiben muß als jezt wür de es mir doch rein unmöglich sein.

Was die öffentlichen Angelegenheiten betrifft so wirst Du, hoffe ich, den Muth nicht verlieren. Die Friedensgerüchte verschwinden ziemlich dagegen ist zu vermuthen, daß wenn Oestreich beitritt, die Russen eine mehr untergeordnete Rolle spielen, und vielleicht nur die Belagerungen besorgen werden. | 103v

Mendelssohn der ja lange genug hier gewesen ist wird Dir wol sonst alles erzählen und ich will also die Zeit nicht verderben mit Nachsinnen was Dich wol sonst Einzelnes interessiren könnte. Lebe wol Gott erhalte Dich gesund und frisch und gebe Deiner Frau eine glükliche Stunde.   Jette ist zwar in diesen Tagen nicht ganz frisch; im ganzen ist aber doch alles bei uns wohl und munter. – Eichhorn soll jezt nach einer Anstellung bei der Armee streben; ich wollte daß er das jezt nicht thäte. Wenn er eine große Anstellung beim Commissariat bekommen könnte würde ich mich freuen, aber daran ist wol nicht zu denken. Meine Leute grüßen Dich. Ganz

Dein alter treuer Schl.

Daß Schlegels Schrift das Imprimatur noch immer nicht hat sondern von Einer Hand in die andere geschoben wird berichtete Dir Wewizer wohl. Ich wollte, ich könnte etwas dabei thun aber ich sehe nicht was.

Zitierhinweis

3944: An Georg Andreas Reimer. Berlin, Sonnabend, 24.7.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007616 (Stand: 26.7.2022)

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