München d. 22 Merz 1811

Hochwürdiger und hochgelehrter, Hochzuverehrender Herr Professor

Ew. Hochwürden verehrliches Schreiben vom 9 dieses Monats wurde mir den 17 dieses Monats eingehändigt. Als ich in der Unterschrift Ihren werthen Namen erblickte, fühlte ich mich sogleich in eine heitere Stimmung versezt, da es mir in jedem Fall höchst angenehm seyn muste, von einem von mir so verehrten Mann mit einer Zuschrift erfreut zu werden, und diese Stimmung muste durch die wohlwollenden Gesinnungen gegen mich, welche mir Ihr Brief ausdrückt, nothwendig noch vermehrt und befestiget werden.

Es ist nicht ungegründet, daß ich – ob ich gleich, die Wahrheit zu sagen, hier keine eigentliche Ursache zur Unzufriedenheit habe, – doch in die akademische Laufbahn, die ich durch lange Gewohnheit lieb gewonnen, wieder einzutreten gewünscht habe. Doch habe ich mich, da jezt erst in der Ausmittelung eines hinreichenden Fonds zur Organisation von Erlangen gearbeitet wird, bisjezt um keine dortige Profeßur beworben.

Aus Ihrem geehrten Schreiben ersehe ich nun, daß ich so glücklich seyn könnte, auf der unter den besten Auspicien und mit großer allgemeiner Theilname des ganzen literarischen Publikums aufblühenden Universität zu Berlin jenen Wunsch realisirt zu sehen, und besonders der Kirchengeschichte, welche ich nebst der morgenländischen Literatur unter allen theologischen Disciplinen mit einer gewißen Vorliebe umfaßt habe, wieder den größern Theil meiner Zeit und Kräfte widmen zu können. Aufrichtig gestehe ich Ihnen, daß dieser Antrag sehr viel anziehendes für mich hat; auch hat Berlin selbst, wo ich mich im Jahr 1800 ohngefähr 8 Tage aufhielt, einen sehr wohlthuenden Eindruk bei | 1v mir zurükgelaßen.

Indeßen stellen sich mir doch einige Schwierigkeiten in den Weg, welche ich Ihnen mit aller Offenheit darzulegen mir die Freiheit nehme. Zuvörderst würde ich in Rücksicht auf meine hiesige Einnahme und in Erwägung, daß der Aufenthalt in Berlin auf jeden Fall etwas theurer seyn dürfte (denn hier sind wirklich, das Logis etwa ausgenommen alle Lebensbedürfniße wohlfeil), ohne eine etwas bedeutende Erhöhung des vorläufig festgesezten Gehalts von 2000 rth. Preußisch Courant nicht wohl nach Berlin würde gehen können. Ich bin ferner im Besiz einer zwar nicht übergroßen, aber doch für eine Privatbibliothek nicht unansehnlichen und dabei sehr ausgesuchten Büchersamlung von 5 bis 6000 Bänden (unter denen viele Folianten sind). Die Transportkosten würden sich daher, meine Reise miteingerechnet, leicht auf tausend Rth. belaufen. Endlich ist meiner Frau theils durch die von mir bei meiner ersten Berufung in die Königlich Baierschen Staaten getroffenen Vorkehrungen, theils durch die späterhin erschienene Dienstpragmatik eine WittwenPension von 5 bis 600 rheinischen Gulden zugesichert, und Sie verdenken es mir gewiß nicht, wenn ich bei einer Veränderung meiner äußern Lage besonders auch darauf Rücksicht nehmen zu müßen glaube, daß meine Frau nach meinem Ableben nicht dadurch verliert.

Ob diese Schwierigkeiten sich wegräumen laßen, darüber erwarte ich in Ihrem nächsten Schreiben gefällige Auskunft, um sodann eine bestimmte Erklärung abgeben zu können.

Alles übrige, die Stelle, welche ich in der Theologischen Fakultät einnehmen soll u.s.w. würde ich ganz der höchsten Bestimmung überlaßen. Wollte man mir denselben Titel, den ich hier habe, oder einen ähnlichen beilegen, so würde ich daran zufrieden seyn. Doch möchte ich selbst dieses, wenn etwas höhere Rücksichten dagegen seyn sollten, nicht | 2 zu einer nothwendigen Bedingung machen. Seyn Sie überhaupt versichert, mein Verehrtester! daß ich allem, was auch nur von Ferne den Schein von Anmaßung haben könnte, von Herzen Feind bin, und daß ich mich durch die collegialische Verbindung mit so vielen berühmten und angesehenen Gelehrten, welche großentheils zu den ersten ihres Fachs gehören, allein schon sehr geehrt finden werde.

Dem Herrn Geheimen Staatsrath von Schukmann, deßen tiefe Einsichten und vortrefliche Denkungsart mir auch von meinem Freunde, dem Herrn Oberkirchenrath Hänlein, oft gerühmt werden, bitte ich Sie meine vollkommenste Verehrung zu bezeugen.

Nehmen Sie noch von mir die Versicherung der vorzüglichsten Hochachtung an, mit welcher ich die Ehre habe mich zu unterzeichnen

Ew. Hochwürden gehorsamster Diener Martini

N. S. Ich wollte mir die Freiheit nehmen, Ihnen eine von mir in der Akademie vorgelesene Abhandlung über den Geschichtschreiber Liutprand mit diesem Briefe zu übersenden. Da aber alsdann derselbe mit der fahrenden Post abgehen müste und um mehrere Tage später ankommen würde; so behalte ich mir vor, jene Abhandlung, um deren gütige und nachsichtige Aufname ich im voraus bitte, nachzuschicken. | 3

Dürfte ich noch gehorsamst bitten, daß Sie in Ihrem folgenden Briefe mich gefälligst belehren wollten: Wie hoch die Abgaben sich belaufen, welche jeder Staatsdiener nach Verhältniß seiner Besoldung zu entrichten hat. – Ob die Gehalte ganz in klingender Münze oder einen Theil noch in Tresorscheinen bezalt werden, und im leztern Fall, in welchem Verhältniß die Tresorscheine zum baaren Gelde stehen – Ob die Gehalte vierteljährlich voraus- oder nachbezalt werden – Wie viel man für ein Logis von 5 bis 6 Zimmern, unter denen wenigstens 3 geräumige seyn müsten, nebst einigen Kammern an Miethzins bezalen muß – In welchem Preise im Durchschnitt das Holz steht und – ob die Profeßoren Söhne auch der Konscription unterworfen sind u.s.w.

M.

Zitierhinweis

3606: Von Christoph David Anton Martini. München, Freitag, 22.3.1811, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007568 (Stand: 26.7.2022)

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