Ew. HochEhrwürden ist als Redacteur des Preußischen Correspondenten am 9. July currentis bereits eine Verfügung der damals fungirenden Al lerhöchstverordneten Censurbehörde vom 6ten desselben Monats vorge zeigt worden, in welcher die Grundsätze und Gesichtspunkte ausführlich angegeben sind, auf welche nach dem ausdrücklichen Willen Sr. Majestät des Königs bei der Redaction der hiesigen Zeitungen strenge Rücksicht genommen werden soll. Ew. HochEhrwürden haben gleichwohl bisher so häufige Beläge Ihrer Vergessenheit in Absicht dieser Anweisungen vorle gen lassen, daß ich mich verpflichtet halte, bei Zufertigung einer Ab schrift jener Verfügung Sie vorzüglich an aufmerksamere Beachtung des sub 1 und 2 ausgedrückten Verboths zu erinnern, wonach jeder directe und indirecte Tadel der bestehenden Verfassung, der Ansichten der Re gierung und ihrer Maasregeln, durchaus unzulässig ist, und alle die Ehr furcht gegen die königliche Authoritaet und die Achtung gegen die Ob rigkeit und ihre Verfügungen, compromittirende Aeußerungen, wie sich auch ohne ausdrücklich wiederhohlte Anweisung schon von selbst ver stehet, vermieden werden müssen. Die Landesgesetze sagen wörtlich:

Es steht einem Jeden frei, seine Zweifel, Einwendungen und Be denklichkeiten gegen Gesetze und andere Anordnungen im Staate, sowie überhaupt seine Bemerkungen und Vorschläge über Mängel und Verbesserungen, sowohl dem Oberhaupte des Staates als den Vorgesetzten der Departements anzuzeigen, und letztere sind der gleichen Anzeigen mit der erforderlichen Aufmerksamkeit zu prü fen verpflichtet.

Eine in der Residenz erscheinende und unter den Unterthanen weit umher circulirende politische Zeitung kann mit Hintansetzung jenes al lein gesetzlichen Weges nicht geeignet erscheinen zur beiläufigen Eröff nung von misbilligenden Wahrnehmungen und Meinungen, die – wenn es anders ihr Zweck ist, zu nützen, statt dessen durch Erregung von Mis vergnügen und Herabsetzung des Vertrauens und der Anhänglichkeit an die bestehende Verfassung nur schaden.

Nach den mancherlei voraufgegangenen Anstößen, von denen Ew. HochEhrwürden die Beläge selbst noch in Händen haben, und die ich in Erwartung künftiger besserer Beachtung bisher noch auf sich beruhen lassen, hoffe ich, daß die nur allein bei der Redaction | 1v des Correspon denten nothwendig gewordenen häufigen Berichtigungen, die dem Cen sor wie dem Redacteur gleich unangenehm und belästigend gewesen statt zu ungegründeten Klagen über Beschränkung der Preßfreiheit ehe zur Vorsicht und Anerkennung wohlbekannter verbindlicher Vorschriften die Veranlassung geben mögen.

Berlin den 25sten September 1813.

Königlicher Staats-Rath und Polizei-Präsident von Berlin.

Le Coq An / des Königlichen Professors / Herrn Schleiermacher / HochEhrwür den

Zitierhinweis

3966: Von Paul Ludwig Le Coq. Berlin, Sonnabend, 25.9.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007562 (Stand: 26.7.2022)

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