Mein lieber Schleiermacher,

Sie verlassen ja Ihren alten Freund ganz und gar. Seit lange habe ich auch nicht einen Federzug von Ihnen gesehen und aus andern Quellen erhalte ich über Sie auch keine Nachrichten, es müßten denn die dürftigen seyn, welche mir in den Lectionsverzeichnissen aus öffentlichen Blättern kommen. Doch ich habe jetzt weit weniger Lust als Ursache, zu schelten. Ich will Sie nur auffordern, sich mit mir zu freuen. Ein Glück, worauf ich schon ganz Verzicht gethan hatte, ist mir noch geworden. Ich habe in der zweyten Tochter des hiesigen Doctors und Apothekers Witte ein weibliches Wesen gefunden, die ihr ferneres Leben mit dem meinigen theilen will. Ein Unterricht, den ich ihr als Freund des Hauses seit drey Jahren ertheilt habe, hat die Veranlassung zu unsrer genauen Bekanntschaft und zu unsrer gegenseitigen Neigung gegeben. Lassen Sie diesen Umstand, der Sie nicht ohne Grund zur Vermuthung eines bedeutenden Unterschiedes in unsern Jahren führt, sich nicht abhalten, ohne Besorgnisse dieser Verbindung sich zu erfreuen. Hätte ich, bey der großen Menge von Briefen, die ich schreiben muß, Zeit genug, mehr ins Einzelne zu gehen, ich würde, hoff' ich, jeden Zweifel wegen jenes Mißverhältnisses in Ihnen ersticken können. Hier will ich nur so viel von meiner Louise Ihnen sagen: ihr Charakter ist durchaus Wahrheit. Und hab' ich hiermit Ihnen nicht sehr viel gesagt? Ja, mein theurer Freund, ich fühle mich in dem Besitz dieses lieben Mädchens höchst glücklich und gewiß wird unser Glück ein dauerhaftes seyn. Hoffen auch Sie das mit ungetrübter Theilnahme an meinem Schicksal, und geben Sie mir ohne alle Bedenklichkeiten den Segen der Freundschaft.

Ihr Konopak.

Zitierhinweis

3794: Von Christian Gottlieb Konopak. Rostock, vor dem 28.7.1812, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007545 (Stand: 26.7.2022)

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