Hochgeschätzter Freund!

Wenn gleich eine schöne Zeit verstrichen ist, wo ich nicht das Ver gnügen gehabt habe mich mit Ihnen zu unterhalten, so ist dadurch doch im geringsten nichts an der alten Freundschafft und Anhänglichkeit, wel che ich für Sie und Ihrer geschätzten Angehörigen stets geheget, ge schwächet, vielmehr nehme ich den grösten Anteil an Ihrem Wohlerge hen, und freue mich hertzlich, wenn ich höre, daß es Ihnen recht wohl gehet. Mit Recht werden  korr. v. Hg. aus: sieSie den Vorwurf machen, daß ich beinahe 1 Jahr verstreichen lassen, Ihr durch den Herrn von Zetzwitz erhaltenes sehr verbindliches Schreiben vom 26 Februar 1815, zu beantworten, und zu meiner Beschämung muß ich bekennen, daß ich keine Entschuldigung als Faulheit vorzubringen weiß, die Sie denn schon entschuldigen und mei nem Alter zu gut halten werden. Überreicher dieses mein sehr geschätzter und würdiger Freund der Herr Hofprediger Metger wird Ihnen übrigens mündlich versichern, daß wir recht offt uns von Ihnen unterhalten, und daß meine Wünsche für Ihr Wohl keines Zusatzes bedürfen.

In meinen Familien Verhältnissen sind seit etlichen Jahren | 28v wenig Ver änderungen vorgefallen, meine gute Frau geniesset bei Ihrem traurigen Zustand vermittelst einer strengen Diaet einer ziemlichen Gesundheit, wozu der angenehme Auffenthalt wärend des Sommers auf dem Lande wohlthätig wirkt. Die Zezenowschen sind auch alle wohl und wird die Hochzeitsfeier der ältesten Tochter Minchen mit dem Herrn von Putka mer zu Wollin, wohl in wenig Monaten vor sich gehen. Mein Sohn Hein rich lebt mit seiner Familie in Stojentin auch recht vergnügt, und bei Arnolds ist es auch alles gesund und wohl, so daß ich der ich auch einer vollkomenen Gesundheit geniesse, mit meinem Schiksahl sehr zufrieden bin, und alle Uhrsache habe dem Höchsten für die vielen Wohlthaten zu danken, welche er mir auf meiner LebensBahn erzeigt hat. Auch in mer cantilischer Hinsicht ists mir besser wie vielen tausenden ergangen, denn obzwar ansehnliche Verluste nicht ausgeblieben, welche bei den verlebten Zeitläuffen unvermeidlich waren, so ist dagegen die Balantz noch immer erträglich ausgefallen, und hat der Gewin den Verlust reichlich | 29 über tragen.

Sie machen mir in Ihrem oberwehnten Briefe die Hofnung, daß sie diesen Sommer eine Reise nach Preußen [machen], und bei dieser Gele genheit uns mit Ihrem Besuche beehren würden. Ich darf es Ihnen wohl nicht versichern, wie sehr angenehm und schätzbar mir die Erfüllung Ihres Versprechens sein würde, indem  korr. v. Hg. aus: sieSie es meiner alten Freundschafft zutrauen werden, daß mir nichts willkomener sein würde, als mich mit meinem verehrten Freunde wieder zu unterhalten, und etliche Tage in Reitz so angenehm als möglich zuzubringen. Wir werden uns dahero recht sehr freuen wenn Ihr Versprechen in Erfüllung gehet.

Nun mein würdigster Freund, der Höchste erhalte Ihnen und Ihre wer ten Angehörigen stets bei dauerhaffter Gesundheit und schenke Ihnen innere Zufriedenheit, und SeelenRuhe, empfehlen Sie uns Ihrer Frau Ge mahlin zum freundschafftlichen Andenken, und nachdem sich Alle die Meinigen Ihnen bestens empfehlen bitte versichert zu sein, daß ich immer sein und bleiben werde

Ihr treuer Freund & Diener C. B. Hering.

Stolpe den 24 Jan. 1816.

Zitierhinweis

4230: Von Christlieb Benjamin Hering. Stolp, Mittwoch, 24.1.1816, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007525 (Stand: 26.7.2022)

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