Es hat sich hier mein theurer Freund das angenehme Gerücht verbreitet als ob Sie nicht mehr ganz so fest in Tübingen hingen als man anfänglich allgemein hörte. Daß wir darauf speculiren werden Sie uns nicht verdenken, sondern Sich, wenn daraus auch kein weiteres Resultat hervorgehn könnte, wenigstens unseres guten Andenkens erfreuen. Leider können wir von der guten Aussicht Sie wieder zu gewinnen für die hiesige Universität für den Augenblik keinen Gebrauch machen, und das ist die Ursache warum ich etwas zaghaft daran gehe Ihnen zu sagen worauf es eigentlich ankommt. Es ist eine ordentliche Professur der Chirurgie an der Universität Breslau mit einem Gehalt von 1400 R Preußisch Courant wegen welcher ich von dem Departement für den öffentlichen Unterricht den Auftrag habe bei Ihnen anzufragen ob sie geneigt sein möchten sie anzunehmen. Daß Sie nicht auf das Fach für welches Sie besonders berufen wer | den beschränkt sind sondern Niemand Ihnen vorrechnen kann was Sie aus dem Gebiet Ihrer Facultät wollen daneben zu lehren und daß Sie mit Ihren Lieblingswissenschaften comparativer Anatomie und Physiologie vorzüglich sehr willkommen sein werden, versteht sich von selbst. Die Eröfnung der Unterhandlungen über das Reisegeld erwartet man wenn Ihre Erklärung günstig ausfällt von Ihnen, und es wird darin gewiß alles mögliche geschehen. Nur was das Gehalt betrift muß ich Sie bitten das hiesige Anerbieten als definitiv anzusehn; wir haben nicht mehr und können also nichts zulegen. Breslau ist übrigens sehr bedeutend wohlfeiler als Berlin, und ich glaube nicht zu irren wenn ich sage, daß 1400 r dort reichlich soviel sind als 2000 r hier und soviel haben hier nur ein Paar Professoren. An Steffens Link Grevenhorst Raumer und wenn er uns nicht stirbt Bredow werden Sie Collegen haben die Ihnen zur Freude gereichen. Die eigentlichen Mediciner kenne ich, außer Behrendt zu wenig persönlich um sie Ihnen besonders anrühmen zu können. | So sage ich Ihnen auch nichts von Breslau wo manches, was das gesellige Leben betrift, in wenigen Jahren grade durch die Universität weit angenehmer werden muß als es früher wol war. Je eher und bestimmter Sie Sich erklären mein theurer Freund um desto mehr werden Sie mich verbinden. Wie sehr ich wünsche, daß Ihre Antwort günstig ausfallen möge, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen. So wenig ich auch unmittelbar  über der Zeiledabei profitire: so werde ich mich doch sehr freuen, Sie wieder als den unsrigen ansehn zu können, und nehme an der in meiner Vaterstadt errichteten Universität zu lebhaften Antheil um nicht da Sie uns doch einmal hier nicht aushalten konnten Sie nun am liebsten dort zu wissen.   Die herzlichsten Empfehlungen an die Ihrigen von mir und meiner Schwester unbekannterweise auch von meiner Frau. Gern möchte ich mich an Ihre Frau Gemahlin noch besonders wenden und sie bitten auf unserer Seite zu sein; wenigstens möchte ich ihr die lieblichen Gestalten von | Hanne Steffens und Friederike Raumer in Erinnerung bringen, die nun schon vorarbeiten werden dort einen recht behaglichen kleinen Kreis zu bilden.

Erfreuen Sie mich bald mit einer Antwort wie wir sie wünschen, und behalten lassen Sie es  über der ZeileSich nicht unlieb sein daß ich es mir ausbedungen habe die erste Vorfrage bei Ihnen zu machen und mich dadurch in Ihr Andenken zurükzurufen.

Schleiermacher

Berlin d 14t. Dec. 1811.

Zitierhinweis

3714: An Ludwig Friedrich von Froriep. Berlin, Sonnabend, 14.12.1811, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007473 (Stand: 26.7.2022)

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