Zuerst mein theuerster Graf danke ich Ihnen aufs innigste für die freundliche und herzliche Theilnahme die Sie mir und den Meinigen beweisen. Erhalten Sie sie uns auch immer und wissen Sie es noch wohl ohne viele Worte die ich nun einmal nicht machen kann wie sehr sie mir werth ist, und wie sehr ich abgesehn noch von dem Einfluß den Sie auf meine äußere Stellung gehabt haben meinem guten Geschik dankbar bin für die Verbindung in die es mich mit Ihnen gebracht hat. Der guten Nachrichten von Ihrem Befinden und Ergehen haben wir uns herzlich gefreut, und ich bin überzeugt, daß wenn die Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten wie sie jezt liegen Ihnen nicht zuviel Sorge macht Sie Ihrer freilich ungewohnten Lage bald das angenehme abgewinnen werden.   Ihre kurze Reise nach Königsb ist mir sehr interessant gewesen wiewol ich von ihren Resultaten nichts weiß und | ihre Absicht nur entfernt ahnde. Lassen Sie Sich nur durch Ihre persönliche Lage nicht zu sehr von der Theilnahme an einer in den gehörigen Grenzen sich haltenden Opposition zurükhalten. Denn das Gegentheil davon über den ursprünglichen Text geschriebenist gewiß nicht zu befürchten. Da ich auch unsere gemeinschaftlichen Freunde, weil mir doch nur die Abendstunden übrig sind, eine Zeitlang weniger gesehn habe: so bin ich von allem was geschieht nur durch die allgemeinsten Stadtgespräche unterrichtet. Nun meine Frau das Zimmer nicht mehr hütet soll es hoffe ich besser gehn. Der gegenwärtige Zeitpunkt ist höchst interessant und aber auch höchst bedenklich, und es ist schreklich daß man fast nur auf die allgemeine Schlaffheit das Vertrauen gründen kann daß es nicht die traurigsten und augenbliklich verderblichen Resultate geben wird. – In meinem Geschäftskreise geht es leidlich. Von Schuckmann ist vielleicht weder etwas kühn durchgreifendes noch genialisches zu erwarten, und | ehe er an einen Widerstand geht besinnt er sich und wägt sehr genau ab ist auch wol in einzelnen Fällen weniger dreist als wir andren wünschen aber er nimmt sich doch der Sachen sehr an, ist besonnen und verständig, und ich habe noch nirgends eine bestimte Nebenrüksicht bemerkt. Was mir von seinem bisherigen Demarchen am wenigsten gefallen hat ist, daß er die UniversitätsCommissionen aufgehoben hat, wodurch diese ganze Angelegenheit in Uhdens Hände gekommen ist der bei seiner Art zu sehn und zu arbeiten manches verderben und viel unnüze Weitläuftigkeiten machen wird. Gegen mich ist er so daß ich nichts darüber zu sagen weiß. Ich glaube aber auch nicht daß ich schon irgend ein näheres Verh persönliches Verhältniß zwischen ihm und einem anderen Rath angeknüpft hat, es müßte Uhden vielleicht sein. Von den anderen Ungewittern die über mich hereinbrechen sollten habe ich nichts weiter gehört. Ich habe wie Polycrates ein freiwilliges Opfer gebracht indem ich damit durchgedrungen habe daß man mir die wissenschaftliche Deputation abgenommen hat die Spalding nun dirigirt | und ich wünsche daß die furchtbaren Götter dadurch versöhnt sein mögen. Die günstigen werden es dadurch daß ich wirklich strebe so thätig und nüzlich zu sein als ich nur kann. Jezt muß ich nun schon mit den Gedanken an die Vorlesungen des künftigen halben Jahres mich beschäftigen in welchem unsre Universität wenn sich kein Unglük ereignet gewiß schon weit bedeutender sein wird. Im Hause geht alles gut. Das Kind gedeiht und meine Frau ist zwar etwas angegriffen aber doch ganz wohl; Sie über den ursprünglichen Text geschriebensie, wie die andern Hausgenossen empfehlen sich Ihnen aufs herzlichste. Unsere Freundin besucht uns bei weitem nicht so oft als wir es wünschen; ich habe sie wissen lassen was für eine gute Gelegenheit stattfindet und ich hoffe sie legt noch einige Zeilen bei.    Unser häusliches Glük findet sehr viel freundliche Theilnahme, aber es werden auch die tollsten Dinge auf unsere Rechnung erzählt zE daß das Kind täglich ein Paar Gläser ungarischen Wein verzehrt, und daß ich es, wenn es ein Knabe wäre, Christus würde genannt haben[.] Verzeihen Sie, daß ich Ihnen auch so etwas zur Gemüthsergözung mittheile

Empfehlen Sie mich den Ihrigen aufs angelegentlichste, erhalten Sie uns Ihre Gewogenheit und Freundschaft und lassen Sie uns bald erfreuliches von Sich hören.

Schleiermacher

B. d 14t. Jan. 1811.

Zitierhinweis

3574: An Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten. Berlin, Montag, 14.1.1811, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007453 (Stand: 26.7.2022)

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