Berlin d 14t. Decemb

Die Anwesenheit eines Rügeners, eines Pastor Bayer der auch zwei Tage in Halle war leider aber Sie dort nicht gesehen hat ist Schuld daß ich Ihnen vorigen Posttag nicht schreiben konnte. – Daß Sie Rieckchen ge traut haben könnte ich Ihnen fast beneiden; grüßen Sie mir die junge Frau und ihren Herrn Gemahl recht schön.   Uebrigens weiß ich gar keine Form, unter der ich den Act in meine Kirchenbücher einverleiben könnte. Auch muß er ja schon in irgend einem hiesigen Kirchenbuch stehen da ja doch Riekchen nothwendig hier hat aufgeboten werden müssen – ich weiß freilich nicht wo es geschehn ist aber ich hoffe Sie sind kein solcher παρανομος daß Sie sie würden getraut haben ohne einen Proclamations schein. Sie können also nur in jenes Kirchenbuch zum Vermerk einschic ken daß die Trauung in Halle den p durch Sie vollzogen sei. Sollten Sie indeß wirklich mit Schell der es ja auch zu wissen schuldig ist die schrek liche παρανομια begangen haben so bitten Sie mich nur schön daß ich nicht irgend jemanden hier aufheze der da vorgiebt, er habe wollen einen Einspruch anmelden sei aber durch die illegale | Trauung daran verhindert worden denn sonst würde ein schrekliches Donnerwetter losgehen. Was Ihren künftigen actus ministerii betrift so rathe ich Ihnen Sich für jedes Bataillon ein Kirchenbuch von einem Bogen jeder Art anzulegen, welches Sie dann beim Ende des Krieges übergeben und sich ein Recepisse darüber ausstellen lassen. Nächstdem will ich Ihnen doch nicht rathen ohne Befehl abzureisen, am wenigsten auf Gerathewohl dahin wohin es Ihnen beliebt. Es ist ja, als ob Sie alle Zucht und Ordnung in Kaßel verlernt hätten! Sondern wenn Sie ja den Befehl nicht erwarten können: so dürfen Sie nirgends anders hinreisen als zum Feldprobst Herrn ConsistorialRath Offelsmeier (dem Sie billig schon hätten schreiben sollen) als von wel chem alle Ordres an Sie nunmehr ausgehn müssen.

Von meiner Gesundheit ist das neueste daß ich mir – leider nur mit einem großen Taschenmesser – einen ungeheuren Schnitt in den Finger beigebracht habe; denn wäre er mit dem Säbel so dürfte ich wol ein Recht auf das Eiserne Kreuz daraus deduciren. Diesen Finger abgerechnet ist alles im Hause | ganz wol bis auf die neuen Ankömmlinge, meine älteste Schwester aus Gnadenfrei welche die Reise noch nicht recht verwinden kann. Meine Frau läßt Ihnen sagen indem sie schönstens wieder grüßt, wenn die Aepfel dort nichts kosteten möchten Sie immer einem Fuhr mann noch eine Ladung mitgeben so lange weich(?) Wetter wäre. Schedens erwiedern Ihre Grüße, leiden aber beide an Schnupfen und dessen Be gleitungen

Daß Reils Leiche nur von mehreren Professoren, nicht von allen, ist begleitet worden finde ich schändlich. Ueberhaupt beneide ich Kle wizen das Meisterstük nicht was er gemacht hat durch augenblikliche Wiederherstellung der Universität Halle. Hätte er mich gefragt ich hätte ihm gerathen die Sache noch in suspenso zu lassen. Wie die Universität jezt ist ist sie doch nichts als eine Anstalt für arme Studenten um nichts zu lernen, und es ist eben so undenkbar daß der Staat noch neue Summen in Halle stecken soll um es zu etwas zu machen als daß er um des erneuerten fast nichtigen Halle willen die hiesige Universität aufheben sollte. Das leztere wäre wenigstens | eine Maaßregel, die nicht nur eine schrekliche Opposition finden  über der Zeilewürde, sondern die auch in sich selbst fast unüber windliche Schwierigkeiten hat. Nur in dem Falle wenn Sachsen preußisch geworden wäre (woran man aber jezt wieder gewaltig zweifelt) hätte Hal le mit Nuzen können hergestellt und mit Wittenberg oder Leipzig gefüt tert werden. – Doch genug, was hilft das Reden hintennach! –

Ihre Zeitung habe ich noch nicht gesehn; ich will es aber in Anregung bringen ob nicht einige ehemalige Hallenser sie zusammen halten wollen

Adio. Grüßen Sie alle Freunde so wie Sie von allen gegrüßt werden. Schleiermacher

Haben Sie den Brief den ich Ihnen an den alten Raumer in Dessau mitgab bestellt? Antwort!

Ihren Commandanten werden Sie in Hessen schwerlich anbringen denn der Churfürst hat damit angefangen allen NichtHessen den Ab schied zu geben.

Zitierhinweis

4002: An Ludwig Gottfried Blanc. Berlin, Dienstag, 14.12.1813, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007432 (Stand: 26.7.2022)

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