Berlin d 20t. Octob. 15

Nun lieber Freund Sie haben ja seit den ersten Zeilen gar nichts wieder von Sich hören lassen. Ich hoffte meine Antwort, wenn auch schlecht, und Bitte sollte dennoch das bewirken daß Sie wieder schrieben, aber Nein. Hier wird es jezt wieder recht lebendig. Die Professoren sind größ tentheils wieder zurükgekehrt die Collegia haben, einige wenigstens, an gefangen, ich habe mein Rektorat angetreten aber leider nur etwa ein halb hundert Studenten inscribirt, die Akademie hat auch ihre Sizungen wieder angefangen und nun ist auch der König zurükgekommen, und nächstens geht zum der ganze KaiserSpektakel los. Bei uns ist nun endlich auch die große Sache geschehen daß wir in die Stadt gezogen sind. Aber wirklich auch nur so eben. Kein Zimmer ist noch recht im Stande außer das meinige, wo wir heute zum erstenmal unsern Thee getrunken haben. Draußen habe ich nichts gethan | als die Revision meines ersten Plato Bandes für den neuen Abdruk fast vollendet. So eine zweite Ausgabe ist immer ein wunderliches Flikwerk. In der Uebersezung ist vieles – ich hoffe, verbessert und nicht verballhornt und Ihre Collationen haben mir manchen schönen Dienst geleistet; und über den ursprünglichen Text geschriebenindeß es giebt leider doch auch noch so schlimme Kreuze, welche über der Zeilewo sie nichts leisten. In den Anmerkungen aber läuft erschreklich bunt altes und neues durch einander und ich habe das nicht vermeiden können

Unsere Inschriften Commission ist denn auch nach Boeckhs Rükkunft einmal versammelt gewesen, und wenn ich nicht schon im Sinne gehabt hätte Ihnen wieder zu schreiben, so würde mich diese dazu veranlaßt haben. Denn sie ist gar sehr verlangend nach einem Zeichen des Lebens von Ihnen. Einige hofften, Sie möchten vielleicht im Stande gewesen sein die günstigeren Umstände zu benuzen, und an die Stelle irgend eines nicht wieder herbeizuschaffenden geraubten Gutes auch einen oder den andern bibliothekarischen Schaz zu erwerben. Dazu habe ich aber wenig | Hof nungen gemacht, und in der That gesezt auch die Gelegenheit wäre wirk lich da gewesen: wie hätten Sie aus so unendlich vielen etwas Einzelnes wählen, und wem hätten Sie es damit recht machen sollen? Die Leute meinten freilich die Villosoniana müßten das nächste sein da diese schon einmal haben angeschafft werden sollen und man sich am Ende in Paris auch am wenigsten aus ihnen machte. Nächstdem entstand nun die Frage wie es Ihnen mit dem Copiren ginge. Da habe ich denn aus Ihrem Briefe geantwortet daß Sie die Bereitwilligkeit als die alte rühmten und daß Sie sie möglichst benuzten. Aber lassen Sie uns nur auch einmal etwas ge naueres mit ein Paar Worten wissen. Was mir außerdem noch auf dem Herzen liegt ist die Bitte daß Sie Sich doch ja so einrichten mögen wenig stens mit dem lezten Mann unserer Truppen und nicht später Ihren Abzug zu nehmen. Denn mir ist doch bange daß gegen Einzelne Zurükbleibende und namentlich gegen notorische Preußen die lang und schlecht | verhal tene Wuth ausbrechen könnte. Lassen Sie Sich ja nichts unangenehmes begegnen.

Neues wüßte ich Ihnen sonst nichts zu erzählen: ich müßte von dem Lärm reden den eine schlechte kleine Schrift von Schmalz zu machen anfängt gegen die jezt Niebuhr schreibt, und gegen die es mich auch schon ein Paarmal in den Fingern gejukt hat ich hoffe aber ich werde es überwinden. Der arme Mann hat sich dadurch schon an den Pranger des Würtembergischen Verdienstordens gebracht, und wer weiß was ihm noch ärgeres bevorsteht.

Gott befohlen! Lassen Sie Sich so wohl sein als möglich. Meine Frau grüßt Sie aufs freundlichste. Die Herz haben wir seit Acht Tagen nicht gesehn; sie war aber wohl.

Schl.

Zitierhinweis

4178: An Immanuel Bekker. Berlin, Freitag, 20.10.1815, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007419 (Stand: 26.7.2022)

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