Erlangen 12. Jan. 1811.

Verehrtester Gönner und Freund.

Noch vor einigen Monathen standen wir einander im Cerimonienhabite gegenüber. Vorsicht und Bedachtsamkeit leiteten unsere sich nähernden Schritte; die Vorsicht wurde Misstrauen, und nun entfernten wir uns wieder mit den Verbeugungen, die in solchen Fällen Sitte sind. Iezt hat sich Alles verändert; Euer Hochwürden haben sich wahrscheinlich eines neuen Collegen versichert, und ich bin dafür in allen meinen Aemtern und Würden bestätigt, und von allen Sorgen befreit, die mich noch vor wenigen Monathen drükten. Frei und offen erkläre ich Ihnen daher, daß ich gekommen seyn würde, wenn wir uns über die bereits angeknüpften Bedingungen hätten einigen können. Ich würde das Prima | 3vriat in der Facultät mit einem angemessenen Charakter, 2500. Thlr. Gehalt., 500 Thlr. Witwenpension und das nöthige Reisegeld gefordert haben. Nun haben Sie, wie ich meine, das Ziel Ihrer Wünsche besser und wohlfeiler erreicht; ich freue mich darüber herzlich, und bitte Sie, mir auch in der Trenung Ihre Liebe nicht zu versagen.

Daß ich sie mit Vertrauen und Zuversicht in Anspruch nehme, hören Sie nun, mein Verehrtester, aus meiner Herzenserleichterung. Herr D. Gabler hat die Direction des Theolog Journals wieder in meine Hände niedergelegt; sein glükliches Talent, alles Deutliche mit der gehörigen Ausführlichkeit noch | 4 deutlicher zu machen, wird von dem undankbaren Publicum verkannt. Ich habe mich über seinen Antrag noch nicht erklärt, und werde dieses nicht thun, biß ich weiß, ob Euer Hochwürden Zeit und Lust haben, mich bei einer Zeitschrift zu unterstüzen, welche ganz neu organisirt werden muß. Alles Porto, die Auslage für diesen Brief mit eingeschloßen wird vergütet; haben Sie nur die Güte, mein Verehrtester, mir zu schreiben, ob meine Wünsche Gnade finden, was und unter welchen Bedingungen Sie an dem Journale Theil nehmen mögen?

Der hiesigen Universität steht eine große Veränderung bevor. Es soll ein Theil der Münhner Akademiker hieher versezt werden; dem Gerüchte nach wollen Niethammer, Paulus und Martini bei uns das neuste Evangelium verkündigen. Ich bin indessen von allen meinen Collegen allein als wirklicher Kirchenrath und Primarius bestätigt, und werde pünktlich bezahlt, was iezt in Franken viel heißt.

Doch „das reucht nach Eigengunst“ sagt der deutsche Rabelais, und dieser beugt sich tief und dankbar vor Ihrem Verdienste und Ihrer Liebe. Unwandelbar   Euer Hochwürden

gehorsamster und treuer Diener Ammon.

Zitierhinweis

3572: Von Christoph Friedrich Ammon. Erlangen, Sonnabend, 12.1.1811, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007403 (Stand: 26.7.2022)

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