Rostock den 6ten Sept. 1810.
Vgl. Brief
3509.
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Ihr Brief, lieber
Freund, fordert eine schleunige Antwort, theils weil ich gern
möchte, daß diese Sie noch in Berlin träfe,
theils weil es mich drängt, mich Ihnen über etwas zu
erklären, das Sie so ganz anders anzusehen scheinen, als
ich.
Sie und die Section
p sind der Meinung gewesen, ich würde mich
durchaus in keine Unterhandlungen mit meiner Regierung
einlassen.
Hätte ich das gewußt, ich würde mich gleich
anfänglich hierüber mit Bestimmtheit [erklärt] haben. Ist nicht die Lage
des Gerufenen von der Art, daß sie mit keinem Bande ihn
festhält, so sind dergleichen Unterhandlungen
gewöhnlich und sehr natürlich und ich finde darin schlechterdings
nichts Tadelnswürdiges. Als ein solches scheinen Sie sie
aber aufzufassen. Vgl. Brief
3509.
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Wer mich gar nicht kennte, schreiben | 30v Sie, könnte mein Dilationsgesuch
so auslegen, als ob ich noch Unterhandlungen
eröffnen wollte. Sie haben, sagen Sie ferner, mich dagegen aus
allen Kräften vertheidigt.
Gott bewahre! Sollte man doch glauben, es
sey von etwas recht Verwerflichem die Rede! Worin läge denn
das? Was ist natürlicher und unschuldiger, als daß ich,
wenn mir ein anderes Amt angeboten wird, ich aber unter
gewissen Bedingungen mein bisheriges
beyzubehalten nicht abgeneigt bin, bey meiner Behörde
anfrage, ob sie diese Bedingungen erfüllen wolle. Daß ich
aber, da ich nur unter diesen Bedingungen bleiben will, der antragenden Behörde nicht
sogleich ablehnend antworte,
ist eben so natürlich und eben so unschuldig.
Auch scheint es mir gar nicht getadelt werden zu
können, wenn ich ihr nicht | 31 erkläre, daß ich erst
noch Unterhandlungen angefangen habe, weil ich
eben wegen der Gewöhnlichkeit und Natürlichkeit derselben
glauben darf, sie werde dergleichen ohnedieß voraussetzen.
Ja wenn ich versteckt gehandelt, wenn ich den Schein angenommen
hätte, gar nicht erst Unterhandlungen anfangen zu wollen;
dann wäre die Sache allerdings eine andere. Allein ich hoffe, Sie werden dieß in keinem meiner
Schreiben, weder an Sie, noch an die Section,
finden. Vgl. Brief
3443.
[Schließen]Daß ich wankend sey, daß ich Bedenklichkeiten gegen Königsberg
habe,
sagte Ihnen ja gleich mein erster Brief, und wie könnte ich mir den Schein gegeben haben,
unter keiner Bedingung hier zu bleiben, da die Section
durch mein Schreiben selbst auf die Vermuthung gekommen
ist, daß ich über die Annahme der angetragenen Stelle noch
zweifelhaft seyn möge!
| 31v
Uebrigens steht die Sache jetzt so: Daß mir die Dimission für Michaëlis
abgeschlagen worden ist, daß man aber auf eine sehr
verbindliche Art den Wunsch geäußert hat, ich möge bleiben,
übrigens jedoch sich wegen der Entschädigung so unbestimmt
erklärt hat, daß ich mich darauf nicht einlassen
könne, das alles habe ich Ihnen geschrieben.
Herzog von Schwerin, Friedrich Franz I. zu
Mecklenburg-Schwerin
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Serenissimus
erklärte nämlich, wenn ich den Ruf ablehne, so wolle
er in einiger Zeit aus eigner
Bewegung mir eine angemeßne Entschädigung
geben. Nach
einigen Jahren heißt auch in einiger Zeit, und eine Zulage
von 100 r könnte man vielleicht auch für eine angemeßne
Entschädigung halten. Daher konnte ich mich hierauf nicht
einlassen und bestand auf eine Zulage von 300 r
vom Ende des jetzt laufenden Jahres, für welches der
Besoldungsetat bereits formirt ist, an gerechnet.
Die durch die Ankunft | 32 der Karoline Luise von Sachsen-Weimar-Eisenach,
zweite Frau des Erbprinzen Friedrich Ludwig Herzog zu
Mecklenburg-Schwerin
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Erbprinzessin
veranlaßten Feierlichkeiten, der Tod der Charlotte Sophie von Sachsen-Coburg-Saalfeld,
Großmutter des Erbprinzen und Mutter des Großherzogs von
Mecklenburg-Schwerin Friedrich Franz I., starb am 2.8.1810.
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Herzogin Mutter
und wer weiß was für Dinge sonst, mögen Veranlassung
gewesen seyn, daß ich von einem Posttage zum andern
vergeblich auf die Entscheidung warten mußte. Gegen Ende Augusts kam ich daher mit einem
Maturationsgesuche bey meiner Regierung ein.
Bald darauf erhielt ich einen Brief von dem
Regierungsrathe Rundlaff, worin dieser mir schrieb, durch
successive Beurlaubung sey das Regierungspersonale bis auf
zwey Mitglieder reducirt worden. Zu Ende des Monaths trete Alles wieder in seine
Functionen, und dann solle meine Angelegenheit die erste
seyn. Das ist der Grund der Verzögerung.
Von Schwerin
geht die Sache dann erst nach Doberan, wo | 32v
sie denn auch wohl, wegen mancherley Geschäffte des Herzogs
, nicht gar zu eilig betrieben wird. Noch diesen Augenblick habe ich
keinen Bescheid, erwarte ihn aber mit jedem
Posttage, bin jedoch, wegen des Zustandes der
hiesigen Finanzen, auf Gewährung meines Gesuchs
keineswegs gefaßt.
Da haben Sie nun das Detail der Sache. Ich überlasse es Ihnen zu jedem Gebrauche, welchen Sie davon machen zu müssen [glauben]. Theilen Sie es unverzüglich der Section mit, sollte sie auch auf der Stelle den Antrag zurück nehmen. Lieber will ich auf jede Verbesserung meiner Lage verzichten, als in dem Verdachte eines ungeraden Charakters stehen.
Vgl. Brief
3509.
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Was Sie mir über Königsberg
| 33 geschrieben,
ist mir zwar übrigens sehr erfreulich;
allein das
Hinderniß des Wiedersehens in der großen
Entfernung bleibt immer ein sehr
bedeutendes.
Auch ist es nicht allein
die Entfernung an sich, welche mir sehr
unangenehm ist, sondern auch, worauf ich bisher nicht
bestimmt haben hindeuten mögen, Gemeint ist Russland und die Angst einer
Konfrontation von Russland und Frankreich - siehe Brief
[Schließen] die treulose Nachbarschaft. Sie verstehn mich hoffentlich.
Daß Ihre äußere Lage sich so sehr verbessert hat, daß Sie die Hoffnung haben, ein echter Vater zu werden und sich darin so glücklich fühlen, daß Sie meines Münchow gedenken, das alles hat mich höchlich erfreut.
Was gäbe ich darum, könnte ich die Reise nach Dresden mit Ihnen machen. Ein solches Gelüst kann Ei | 33vnem wohl kommen, wenn man auch
nicht schwanger ist. Und ich bin es wahrlich nicht.
Grüßen Sie vielmahl das neue Henriette Schleiermacher
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Mütterchen
auch die
Anne (Nanny) Schleiermacher
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Nanny
und die Kinder aus erster Ehe der Henriette
Schleiermacher mit Ehrenfried von Willich
[Schließen]unechten Kinderchen
.
Schmalzens und was mich sonst kennt nicht minder.
Gott befohlen,
Der Jösting! Und daß er gar nicht schreibt! Es sind beynahe anderthalb Jahre, daß ich keine Zeile von ihm habe.
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