Leipzig, 29. Aug. 810.

Vergeben Sie, theuerster Schleiermacher,  Vgl. Brief 3494 und Brief 3496. [Schließen]wenn zwei Briefen ein dritter nachfolgt, noch dringender als die vorigen. Diesen Morgen ist mir durch den Dekan der philosophischen Facultät Beck das Rescript eröfnet worden, wodurch ich zum außerordentlichen Professor der Philosophie ernannt worden. Zu gleicher Zeit händigte er mir einen Brief von Danzig ein, woselbst ich ebenfalls nun wirklich ernannt worden bin, da man meinen Brief, worin ich um Aufschub bath noch nicht erhalten zu haben scheint. Hier glaubt Alles, ich würde bleiben, und ich darf mich gleichwohl nicht äußern, weil ein dezidirtes Ja oder Nein höchst nachtheilig seyn würde. Dennoch ist meine Lage sehr schwierig. Ich muß befürchten, Beck schreibt morgen oder in einigen Tagen nach Danzig, und meldet, daß ich hier bleibe. Denn ich hütete mich wohl, ihm meinen wahren Entschluß zu sagen, da er meine Offenheit schon gemißbraucht hat, und gleichwohl werde und muß ich nach Danzig, wenn es mit Berlin und Frankfurth fehl schlägt. Aber unter diesen Um | 13vständen ist meine unerläßlige Pflicht, dem Senate zu Danzig um so eilig als möglich mein leztes Ja oder Nein zu melden, und ich nehme daher – hoffentlich zum lezten Mal so dringend – Ihre Zeit und Ihre Liebe in Anspruch, und bitte Sie,

mir von der Section nach Empfang dieses Briefes eine vollkommne entscheidende und zuverläßige Antwort auszuwirken, so, daß ich hierauf sogleich in Danzig zu – oder – absagen kann.

Meine Lage entschuldigt meine Zudringlichkeit. Ich hätte mich schlecht gebettet, wenn ich Danzig aufgegeben hätte und das schöne Berlin mir aber noch vereitelt würde, was bei dem Schwanken und Schweben nicht unmöglich wäre. Auch kann ich, so herzlich gern ich wollte, mich nicht auf neuen Aufschub einlaßen. Ich wünsche, ja ich muß entscheidende Antwort fordern, und würde weder die Section, noch Sie selbst bei ihrer Liebe und Güte auf solche Weise bestürmen,  | 14 wenn mich nicht rechtliches Gefühl, Verlangen nach bestimmten Wirkungskreis und Besorgniß für künftige häusliche Verhältniße nöthigten, und, nach meine Ueberzeugung, auch rechtfertigten.

Möge das Geschick, das bisher wohlwollend über mir gewaltet und geschwebt möge es mich doch in die wohlthuende Nähe Ihres Lebens und Denkens, in den Kreis liebenswürdiger Männer führen die Berlin zieren und stolz machen werden.

Von ganzem Herzen Ihnen ewig zugethan.

Hans Karl Dippold

Zitierhinweis

3498: Von Hans Karl Dippold. Leipzig, Mittwoch, 29. 8. 1810, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007327 (Stand: 26.7.2022)

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