Leipzig. 21. August. 1810.

 Vgl. Brief 3475. [Schließen]Seit Ihrem lieben Briefe vom 3ten, mein theurer Schleiermacher, habe ich hier, wie ein gutes, frommes, stilles Kind geseßen, die Entscheidung meines Schiksals in Geduld erwartend. Auch würde ich noch länger artig und bescheiden da sitzen, bis da kommt, was die Himmlischen über mich beschieden, wenn sich nicht andre Phänomene an meinem Horizonte zeigten. Nachdem ich Ihren lezten Brief gelesen, gab ich Danzig alsbald auf, weil mir der Gott in meiner Brust sagte: „du bist nach Berlin bestimmt!“ – Aber während dem ist ein neuer Stern aufgegangen, der meiner völligen Ueberzeugung nach ein Irrstern, kein Fixstern ist. Ich hatte schon vorher um eine Profeßur der Geschichte einen unbemittelten Titel in Dresden angehalten. Dies ward, wie gewöhnlich, mit Stillschweigen, übergangen, bis man hörte, ich wolle nach Danzig gehen. Da schrieb mir denn stracks der Konferenzminister, der Profeßortitel sey mir dekretirt, und ich würde mich vielleicht halten laßen. Dieses Rescript ist nun unterwegs und wird noch diese Woche ankommen, wenn es nicht schon da ist. Von meiner Aussicht nach Berlin habe ich nicht das Mindeste verlauten laßen, aber ich wäre nach meinem Gefühle sehr unglücklich, wenn sie sich wieder zerschlüge. Unter diesen Umständen befinde ich mich in großen Verlegenheit. Sobald mir das Rescript publizirt wird, muß ich mich dezisiv erklären, was mir doch wieder, unmöglich ist, ehe ich Beschied von Berlin habe. Also bitte ich Sie freundschaftlichst, sich nochmals mit  | 9v meinem Wohle zu befaßen, für das Sie schon so thätig gewirkt haben, und die Section zu einer so schnellen Entscheidung zu vermögen, als sie nur den Umständen nach möglich seyn wird. Hätte und wüßte ich einen beßern Anwald, als Sie, so würde ich die Last Ihrer Geschäfte nicht noch durch meine Aufträge mehren, aber tempus urget.

In diesem festen Glauben an Ihr Wohlwollen, Ihre Nachsicht nenne ich mich von Herzen

der Ihrige Hans Karl Dippold

Zitierhinweis

3494: Von Hans Karl Dippold. Leipzig, Dienstag, 21. 8. 1810, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007323 (Stand: 26.7.2022)

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