Frf. a. M den 3n Aug. 1810.
Vor einigen Tagen bin ich von meiner Reise nach
lies: Heidelberg
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Heideberg
p zurückgekommen, und ich eile Ihnen etwas
weniges davon zu melden. Die letzten Unruhen
scheinen dort keinen bedeutenden nachtheiligen Erfolg
zurükgelassen zu haben, da ungeachtet manches
unzwekmäßigen Benehmens der Regierung doch die
Studenten, wie selbst Studenten mir sagten, das größere
Unrecht hatten, wirklich die schlechteren weg sind, und von
den übrigen die meisten wieder kommen. Aber die Professoren
im Ganzen sind überhaupt gar nicht zufrieden mit
ihrer dortigen Lage, mit ihrem Verhältnis zu der Regierung
und untereinander. Nur die Juristen sind
ausgenommen; diese sind der Regierung in
Geschäften durchaus unentbehrlich, gelten alles,
und sind ohne Vergleich besser bezahlt (2500–3000
Gulden fixum, mit vielen
Nebenverdiensten). Sie herrschen auch auf der Universität
und sind, aus diesen und anderen Gründen die
fortdauernde Gegenpartei von den lies: übrigen
[Schließen]ürbigen Fakultäten, welche jene hassen und in allem
von ihnen konterkarirt werden p.
Boeckh
versicherte mir daher, daß
wenige der übrigen Professoren sein würden, die
nicht einen Ruf nach Berlin,
eben so wie Dewette, gleich annähmen;
dies gilt von ihm selbst und
von Marheineke
ganz besonders. Es
thut mir recht leid, daß nicht
abzusehen ist wie das erstere müßte realisirt
werden könnte; auch an den gescheiteren Studenten ersehe
ich, daß seine Kollegien ohne Vergleich für
gründlicher und belehrender gehalten werden als
die von Ewald
. Aber
dem Marheineke
haben Sie unsägliches Unrecht angethan. Wenn Sie den
Mann persönlich kännten, würden Sie sogleich einsehn,
daß es unmöglich ist, daß er einen
gefühlswidrigen Brief zur Ablehnung des
königlichen Antrags geschrieben
haben könne. Er und
Boeckh
waren ganz erstaunt, wie man jenen
Brief so habe auslegen können, er selbst zugleich innig
gekränkt, weil, auch ohne alle übrige Rüksicht, die Meinung von
ihm, die das bewirken könne, und gar bei solchen Personen, wie von
Humboldt
p, ihm [...](?)licher ist als irgend etwas.
Zum Glük hatte er den
Brief noch im Konzept, das ich gelesen habe: und
nun trete ich auf die Seite der Erstauntseienden. Auch
nicht ein Wort fand ich, das auch nur möglich wäre anders
zu deuten. Ich tadelte einen,
hier zu Lande ansässigen, allzu großer Demuth
darin: nur aus Verzweiflung regte ich die
Vermuthung ob man vieleicht einen dahin
gehörigen Ausdruk für Ironie gehalten haben
könne: aber auch diesen konnte ich nicht finden. Was er
darin schrieb, nach einem halben Jahre, wäre er im Stande,
auf den ihm schon itzt erfreulichen Antrag Rüksicht zu
nehmen, sagte er sei wirklich mehr, aus Gründen die im
Briefe enthalten sind, und die er mir
auseinandersetzte. Er ist noch ganz so gesinnt,
auch in Rücksicht auf Karlsruhe
(?)
sogar, wievielmehr auf Berlin
. Er hat 800 fl. die Studenten lieben und
loben ihn sehr, und ich – so viel ein Umgang von 2
Tagen in einzelnen Stunden beweisen kann – begreife dis
sehr. Er ist verheirathet, aber erst seit
vielleicht einem Jahre. Ich wünschte nichts eifriger als daß Berlin
ihn aquiriren möge. – Den Historiker Wilke
der abgelehnt hat, habe ich nicht kennen
gelernt. Sein Lob ist einstimmiges. Die Studenten sagten mir bloß,
er habe keinen guten Vortrag, ein etwas soliderer Mann, der
ihn von dieser Seite kennt, lobt auch seinen Vortrag, sagt
aber er habe keine Stimme für ein
größeres Auditorium.
Boeckh
scheint zu glauben daß auch dieser
noch zu haben wäre, nur
nicht
(?) gleich itzt[.]
Meine Rükreise werde ich nun, wegen
Aufenthalt, auf dem graden Wege über
Gotha
, Erfurt
,
Weimar
, Leipzig
Wittenberg
machen. Haben Sie mir dafür noch etwas
aufzutragen, und Sie schreiben mir mit umgehender Post, so ist es
noch Zeit. Gegen den 20n reise ich ab. Bis dahin oder
vielmehr bis 10–12 Tage weiter leben Sie wohl.
Wenn Sie mir schreiben so geben Sie Ihren Brief bei Mylius ab; aber wenns am Posttag selbst ist, vor 5 Uhr Nachmittags.
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