Hochwürdiger Herr Hochzuverehrender Herr Professor.

 Vgl. Brief 3459. [Schließen] Je ehrenvoller der mir von Ihnen mit so vieler zuvorkommender Güte (welche ich dankbar verehre) im Namen der zur Organisation einer Universitaet in Berlin nieder gesetzten Königlichen Commission gemachte Antrag zur Uebernehmung einer theologischen Professur auf derselben ist, desto unangenehmer ist es mir, daß ich nicht im Stande bin, sogleich eine so bestimmte Erklärung auf denselben zu geben, als Ew. Hochwürden vieleicht erwarten und wünschen werden. Ich verkenne zwar keinesweges die grosen und wichtigen Vortheile, welche mir der Aufenthalt als Professor in Berlin unter dem Schutze eines so allgemein geliebten und verehrten  Friedrich Wilhelm III.  [Schließen] Königs , und in der Nähe einer so vortreflichen Bibliothec gewähren würde, und die Sache würde sogleich oder doch sehr bald entschieden seyn, wenn es hier blos auf meine Neigung ankäme. Allein meine gegenwärtige sehr vortheilhafte Situation, sowie die genaue und richtige Kenntniß die ich von mir selbst, meinen Kräften und Fähigkeiten habe erschwehren  | 1v meine Entschließung. Denn, um Ihre gütige Anfrage mit der Aufrichtigkeit zu beantworten, die Sie verlangen und erwarten können, ich habe Ursache zu zweifeln, ob ich, an ein stilles äuserst einfaches Leben gewoehnt, für eine volkreiche Residenz passen werde, und die noethigen Fähigkeiten besitze um zur Aufnahme einer neu errichteten Universitaet so thätig würcken zu können, als ich des dann wünschen würde, wenn ich als Lehrer auf der selben angestellt wäre. Und glauben mir Ew. Hochwürden, daß diese Äuserung keine erkünstelte Bescheidenheit, sondern blos Folge eines richtigen Selbstgefühls ist. – Ferner, ob ich gleich den in Berlin zu machen nöthigen Aufwand so wie den Preis den dort Wohnung, Holz und andre Lebens Mittel haben, nicht genau kenne, als worüber ich mir erst durch einen dortigen Bekandten die nöthige Auskunft bald verschaffen werde, so glaube ich doch sicher annehmen zu können, daß die mir angebotenen 2000 r Preußisch Courant für den dort zu machenden Aufwand, und für die Aufopferungen der Vortheile, die mir meine gegenwärtige Lage gewährt, kein Ersatz seyn würden. Auserdem giebt es noch mehrere nicht unwichtige Gegenstände, über welche ich Belehrung zu haben wünschte um mich entschliesen zu können. Als z.B. welcher Theil der Stadt der Universitaet werde angewiesen werden? – welchen Rang die Professoren erhalten wer  | 2 den? – wie viele namentlich bey der theologischen Facultaet und in welcher Ordnung werden angestellt werden? – welche ihre nächsten Vorgesetzten seyn werden? Wann die Universitaet wird eingeweihet werden? Was ein jeder Professor beym Antritt seines Lehramts zu thun hat? Welche Entschädigung man für Reise und Transport Kosten zu erwarten hätte? Ob einzelne Professoren noch durch besondre Titel werden distingvirt werden? Ob die Söhne der Professoren von der Conscription befreyet seyn werden? Ob die nur angestellten und aus dem Ausland berufenen Professoren bey Contributionen in Hinsicht auf das vergangene zur Mitleidenheit werden gezogen werden? Ob eben diese, oder ihre Familie in irgend einem Falle einem Abschoß von ihrem Vermögen ausgesetzt seyn würden? Welche Abgaben die Professoren zu entrichten haben? und wie viel sie betragen? Wie viele Stunden in der Woche zu oeffentlichen Vorlesungen bestimmt seyn werden?

Ich rechne ganz auf Ihre Güte, wenn ich Sie ersuche, mir diese Fragen bestimmt zu beantworten, im Fall Sie es noch für nöthig halten sollten, und Sie werden mir gewiß Verzeihung gewaehren, wenn Sie sich in meine Lage mit Ihren Gedanken versetzen wollen. Zu jedem Fall ist es mir sehr angenehm und schmeichelnd gewesen daß eine Bekandschaft mit Ihnen, die ich einst in glücklichen Zeiten in Halle suchte, jetzt so angenehm ist erneuert worden, so wie  | 2v eine nähere Verbindung mit Ihnen für mich eben so ehrenvoll als nützlich seyn würde.

Mit wahrer Hochachtung verharre ich

Ew. Hochwürden

ganz ergebenster Diener

Wittenberg d. 10 July 1810.

D. Schleusner. 

| 3 Sollten Ew. Hochwürden mich wieder mit einem Schreiben beehren, so bitte ich Ihre Wohnung gütigst zu bemercken und zugleich mir von dem Fond den die neue Universitaet erhält, so wie ob die Besoldungen der Professoren in klingendem Preußisch Courant bezahlt werden noch einige Nachrichten mitzutheilen.

D. S.

Zitierhinweis

3460: Von Johann Friedrich Schleusner. Wittenberg, Dienstag, 10. 7. 1810, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007289 (Stand: 26.7.2022)

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