Hochwürdiger Herr, Insonders hochzuehrender Herr Professor!

Es war in der vorigen Woche, da ich die Ehre hatte, Ew. Hochwürden meine persönliche Aufwartung zu machen, von Ihnen bestimmt, daß das mündliche Examen, dem ich mich zu unterwerfen habe, am Donnerstage der nächsten Woche, als am 12ten Julius, sollte gehalten werden. Ich sehe mich aber in die Nothwendigkeit versetzt, um einen Aufschub dieses Examens zu bitten, in dem theils eine Unpäßlichkeit, theils aber auch die Geschäfte, die mir in meinem jetzigen Amte obliegen, es mir unmöglich machen, die aufgegebenen schriftlichen Arbeiten zu dieser Zeit zu vollenden.  | 121v Dürfte ich überzeugt seyn, daß Ew. Hochwürden das Zutrauen, das ich zu Ihnen hege, und dem ich mich gerne ganz überließe, nicht auf eine Art deuteten, welche mich in Ihren Augen herabsinken ließe, so möchte ich es wagen, Ihnen meine Wünsche unverhohlen und offenherzig vorzutragen, und Sie theils um Ihren Rath, theils aber auch um Ihre Hülfe zu bitten.

Mein ganzes bisheriges Studium hat auf das Schulfach hingezielt, und ist deshalb besonders auf Philologie verwandt worden. Ich bin Mekelnburger von Geburt, war erst in Berlin auf dem Berlinisch-Cölnischen Gymnasium; dann auf der Universität Rostock , und würde mit Liebe und Eifer meine Kenntnisse immerfort zu vermehren suchen; allein meine schlechten Vermögensumstände erlauben mir nicht, was ich so sehr wünschte, ungestört in Berlin die vielen Gelegenheiten, die sich dort einem jungen Menschen darbieten, zu benutzen: wenn ich dort leben und studiren will, muß ich zugleich auf einen Unterhalt bedacht seyn. Diesen zu finden sehe ich nur zwei Wege, eine Anstellung von Staatswegen und  | 122 eine Stelle als Hauslehrer. Aus mehreren Gründen ziehe ich die letztere der ersteren vor, besonders aber, weil ich meine geringen Kräfte kenne, und nicht gerne in ein öffentliches Amt treten mögte, ehe ich demselben zu meiner eignen Zufriedenheit vorstehen könnte. Mein sehnlichster Wunsch ist daher, in Berlin eine Stelle als Hauslehrer, sei es in dem Hause eines Vornehmen oder eines Gelehrten, zu erhalten, die mir jedoch so viel Zeit übrig ließe, um einige Collegia (namentlich bei Herrn Prof. Wolf) hören, besonders aber die Königliche Bibliothek benutzen zu können. In einer Stelle, wie diejenige, in der ich mich jetzt befinde, kann ich zwar ruhig leben, aber ich gehe in allen Kenntnissen nicht allein nicht vorwärts, sondern offenbar zurück, wie das an einem Orte, wo es an aller Gelegenheit zur weiteren Ausbildung fehlt, wohl unausbleiblich ist. Und wie kann eine solche Ruhe für einen Menschen von meinem Jahren gehören!

Auf Michaelis dieses Jahres muß ich von hier abgehen, weil mein bisheriger Zögling ein Gymnasium beziehen wird, und  | 122v Michaelis also wünsche ich in Berlin Unterhalt zu finden. Da ich nun dort keine Gönner habe, so komme ich mit der offenherzigen Bitte, mir zur Erhaltung einer solchen Stelle behülflich zu seyn, gerade zu Ew. Hochwürden. Sollten Sie mich Ihrer Unterstützung werth finden, so würde mir schon die gütige Versicherung hievon ein großer Trost seyn.

Doch verzeihen Ew. Hochwürden, daß ich Sie mit meinen Angelegenheiten schon so lange unterhielt; Sie sind mir das Wichtigste, und das verführte mich dazu. Ich schließe also mit einer nochmaligen Bitte um Ihren Rath und Beistand, dessen Sie mich hoffentlich nie unwürdig finden sollen, und mit der Versicherung, daß ich stets seyn werde mit schuldiger Ehrerbietung

Ew. Hochwürden ganz gehorsamer Diener Koch.

Fehrbellin, den 7ten Julius; 1810.

Zitierhinweis

3458: Von Friedrich Gustav Koch (auch an die wissenschaftliche Deputation bei der Sektion des öffentlichen Unterrichts). Fehrbellin, Sonnabend, 7. 7. 1810, ediert von Simon Gerber und Sarah Schmidt. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007287 (Stand: 26.7.2022)

Download

Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen.