Jetzt, mein lieber Schleiermacher, haben Sie beynahe Ursache, ein wenig auf mich zu schelten. Fast ein halbes Jahr ist es her, daß  Laut Schleiermachers Tageskalender kam Konopak am 15.5. auf Rügen an. [Schließen]ich Ihrer freundlichen Einladung nach Rügen folgte; und noch habe ich Ihnen seit der Zeit gar nicht geschrieben. Dennoch bin ich zu entschuldigen. Ich mag Ihnen nicht wiederholen, was ich an den GeheimRath Schmalz und seine Frau, durch welche Sie diesen Brief erhalten werden,  Vom Hg. korrigiert. geschrieben habe, über die Ursachen nämlich meines lan | 22vgen Schweigens geschrieben habe. Lassen Sie sichs von ihnen sagen, wenn Sie es wissen wollen. Genug ich bin eine ganze Zeitlang eine Art von Lastthier gewesen, immer bepackt, immer eingespannt, verhindert an freyer der Neigung gemäßer Bewegung. Kennten Sie meine Lage, Sie würden mich ein wenig bedauern.

Was hat sich, seit wir uns sahen, nicht alles zugetragen! Leider wenig Erfreuliches! Und was steht noch bevor? – Als ich zurück kam, war  | 23 hier Alles in Allarm durch das Gerücht von dem nahen Schill . Die Anstalten waren zum Theil höchst lächerlich. Einige hundert Schritt vor dem Thore hielt eine Schildwache mit geladenem Gewehre. Halt, rief sie mit donnernder Stimme dem Kutscher zu, trat an den Wagen und – spannte den Hahn. Wer sind Sie? hieß es mit gleicher Stimme. Wahrlich, das Ganze war zu   „Bramarbas“ steht für „Prahlhans“. [Schließen]bramarbarisch, als daß es hätte schrecken können. Der und der, gab ich gleichgültig zur Antwort. Fahren Sie weiter, rief die Wache jetzt, trat zurück, und ich fuhr, ohne daß eine Seele sich weiter um mich bekümmerte, in die Stadt und nach meiner Wohnung. War das nicht possierlich? Ich  | 23v mußte mir Gewalt anthun, um nicht in lautes Lachen auszubrechen.

Dergleichen könnte ich Ihnen Manches erzählen, aber es gebricht mir die Zeit, weil ich Jemanden, der schon auf den Schluß des Briefes harrend da steht, ihn mitgeben will.

Ich grüße Sie, Ihre  gemeint ist Schleiermachers Frau Henriette Schleiermacher [Schließen] Freundin und Kinder und die liebe  Anne (Nanny) Schleiermacher [Schließen] Nanny auf das Freundlichste. Auch an die Herz bestellen Sie viele Grüße von mir, und soll ich Sie recht freundlich heißen so schreiben Sie mir recht bald und nicht so kurz, wie ich dießmahl nur habe schreiben können.  Gott befohlen

Konopak.

Den 2ten Band Ihrer Predigten wollten Sie mir schicken.

Zitierhinweis

3359: Von Christian Gottlieb Konopak. Herbst 1809, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007188 (Stand: 26.7.2022)

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