Herrn Professor Schleiermacher / Berlin / abzugeben in der / Real-Schul-Buchhandlung [Autorfußnote Bl. 28v]

Giebichenstein den 10ten August.

Bester Schleiermacher ich habe mit herzlicher Theilnahme und Bedauern gehört daß Sie so viel am Magenkrampf gelitten und sonst noch Fieber und dergleichen Ihre kleine Familie beunruhigt hat; ich hoffe doch dies ist nun alles vorüber und Sie leben so ungestöhrt glücklich wie es Ihnen mein Herz wünscht. Vgl. Brief 3225. [Schließen] Daß Sie noch vor der Abreise nach Rügen mir schrieben, war eine rührende Freude für mich für welche ich Ihnen längst gedankt haben würde, hätten nicht dringende Arbeiten und besonders eine tieffe Schwermuth mich am Schreiben gehindert. Jetzt, geht es besser, ich mache wieder Plaene wie Sie aus einliegenden Brief an die Herz sehn werden; möchten Sie sich mit Ihr verbunden für meine Idee interessieren so könte mir vieleicht die unaussprechliche Freude werden Sie zum Winter wiederzusehn, wo ich fest entschlossen bin mich für einen oder den andren Ort zuentscheiden sollte der Anfang auch noch so klein sein denn ich war nie lange an einem Ort ohne daß mehrere sich an mich anschlossen so hoffe ich soll es mit dem Unterricht auch gehn. Ganz vorzüglich würde ich mich freuen Sie, mit so vielen neuen Würden bekleidet wieder zusehn und Ihre liebe Frau kennen zulernen von der ich so viel liebens Würdiges höre aber eben darum habe ich wenig Vertrauen daß es mir in Berlin gelingen möchte.

Ich habe so viele Briefe in dieser Angelegenheit geschrieben daß ich ganz ermüdet bin und daher nur viel herzliche Grüße, von all den meinigen hinzusetze und die Versicherung meiner treuen Liebe und Freundschaft  | 28v Ihnen und der guten  Anne (Nanny) Schleiermacher [Schließen] Nanny und wenn ich darff auch Ihrer lieben Frau die ich einst als Freundin zuumarmen hoffe. Raumer ist 14 Tage hier gewesen und ganz unverändert, rein und Liebenswürdig wie Sie ihn kennen jetzt ist er im Erzgebirge und wird uns noch einmahl besuchen und dann nach der Schweiz zu Pestalozzi gehn wohin die Eltern ihm   Carl Friedrich (Fritz) Reichardt , jüngster Sohn des Johann Reichardt und seiner zweiten Frau Johanna Reichardt  [Schließen] Fritz mitgeben ist das nicht recht und schön? ich bin durch diese Aussicht ganz neubelebt denn es ist ein gar zu herrliches Kind als daß es nicht jede Auffopferung verdiente. Was sagen Sie zu Raumers beredtsamkeit der allein Mutter dahin gestimt hat. Mit der wärmsten Freundschaft

Die Ihre Louise R.

Zitierhinweis

3313: Von Luise Reichardt. Giebichenstein, Donnerstag, 10.8.1809, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007142 (Stand: 26.7.2022)

Download

Dieses Dokument als TEI-XML herunterladen.