B. d 3t Aug 09
Vor dem schönen Reichthum des neuen Lebens kommen wir doch auch
gar zu wenig zum Schreiben Henriette Schleiermacher
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Jette
und ich. Viel sind wir zusammen und jedes hat seine eigenen
reichlichen Geschäfte, ich mein Amt mit
mancherlei unangenehmen Kleinigkeiten die mir neu
sind, und Es handelt sich um Band 2.3. von Schleiermachers
Platon Übersetzung.
[Schließen]einen Band Plato an dem gedrukt wird
, und Jette noch immer Einrichtungen im
Hause. Dabei streben wir den Sommer soviel möglich zu genießen wenigstens
im Thiergarten
. Gestern sind wir zum ersten Male mit den
Henriette Pauline Marianne von Willich und Ehrenfried von Willich
, Henriette Schleiermachers Kinder aus erster Ehe
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Kindern
einen ganzen Tag auf dem Lande gewesen und haben uns recht ausgelebt.
Nur Schade daß so etwas zu kostbar ist an Zeit und Geld um
es öfter zu thun.
Heute ist von früh an die ganze Stadt voll Spectakel der
mannigfaltigsten Art, an denen wir aber aus derselben
Ursache gar keinen Theil nehmen; es ist nemlich des
Friedrich
Wilhelm III. , seit 1797 König von Preußen
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Königs
Geburtstag.
Vgl. Brief
3307.
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Du liebe Schwester
hast das Herz voll froher Hofnung für das Schiksal
der Welt;
mir ist sie für die
nächste Zukunft ziemlich ausgegangen, und der Gedanke kommt
mir oft genug daß vielleicht die heutige Feier die lezte
der Art bei uns sein mag. Wenn das nicht ist und es hierin
besser geht als ich hoffe: so | 43v wird auch meine
äußere Lage bald auf eine angenehme Art in Ordnung
kommen
Unsere liebe Herz wird dir aus
Prenzlau schreiben
daß sie einen
Vorschlag für Dich hat an Calows Stelle. Ich habe
den jungen Mann einige Male gesehn und mich früher hin in
einer andern Beziehung nach ihm erkundigt. Ich hätte ihm nicht zugetraut daß er nach Rügen hätte gehn wollen da ihm aber Wahrscheinlich Henriette Herz
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Jette
eine so treue Schilderung gemacht und grade alles herausgehoben
hat was ihn abschrekken könnte und er es doch wünscht: so
hoffe ich es wird recht gut gehn wenn Du den Mangel der
Musik verschmerzen kannst. Auch würdest du für Deine Person
etwas mehr an ihm haben als an Calow da es ein sehr
gebildeter junger Mann ist. Nur freilich die Tollheit die du entbehrst wird wol
nicht von ihm ausgehn – aber das dürfte ja auch so kaum
sein wenn er auch die größten Anlagen dazu hätte.
Daß unsere liebe
Herz auf einige Wochen nach
Prenzlau ist erfährst Du gewiß mit diesem
Briefe zugleich auch von ihr selbst. Vgl. Brief
3054.
[Schließen]Sie fehlt uns viel auf alle Weise, und die Vorlesungen die ich den
Damen hielt sind nun auch unterbrochen.
Was Du mir schreibst
liebste Schwester wegen meiner wie Du glaubst allzu großen
Allgemeinheit in freundschaftlicher Mittheilung, das hast
Du vermuthe ich ganz vorzüglich in Beziehung auf sie
geschrieben.
Du irrst Dich aber in der Sache selbst, und ich
dächte Du hättest | 44 darüber aus den Friedrich Schleiermacher:
„Monologen. Eine Neujahrsgabe“ (1800)
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Monologen
selbst schon sicher sein können. Ich fühle es grade so wie du daß
jedes freundschaftliche Verhältniß in seiner
ganzen Vollkommenheit nur ein streng
persönliches sein kann; und wenn es gleich eine
herrliche Sache ist die Freunde zusammenzubringen so hat
das doch seine natürlichen Grenzen. Und diese
werden wir glaube ich in dem gegenwärtigen Fall auch ganz auf
dieselbe Art fühlen; denn ich weiß ja recht gut wie weit
wir
über den ursprünglichen Text geschriebenDu
mit der Herz
zusammengekommen bist und wie weit nicht, und ich glaube
nicht daß ich in Mittheilungen an sie irgend etwas thun
könnte was dir nicht ganz recht wäre.
Glaubst du aber auch daß du mir manches sagen könntest
wovon du nicht wünschtest daß ich es meiner Frau mittheilte
so mußt du mich darüber erst näher unterrichten. Nicht als
ob ich mir das nicht auch
als möglich denken könnte aber ich selbst würde nicht
leicht den richtgen Takt dafür haben wenn du mich nicht
bestimmt darauf führst. Auch würde es mir sehr leid thun
liebste Schwester und ich würde nicht ablassen
immer wieder Versuche zu machen sie Dir so nahe zu bringen daß Du
nicht möchtest ich hielte irgend etwas vor ihr zurük:
aber doch würde ich
Deinen Wunsch erfüllen und es ganz allein sein zu dem du
sprichst so lange Du es wolltest[.] Denn Dein unbegrenztes Vertrauen ist mir viel
zu werth und auch ganz von mir abgesehn weiß ich wie
wohlthätig es dir sein muß, und wie das gar nicht in
Vergleich gesezt werden kann
Ja liebste Lotte laß es nur immer ganz unbesorgt und ungestört walten dies schöne Vertrauen | 44v und wisse auch recht was für ein lieber Schaz es mir ist.
Eben hat mich im Schreiben
unterbrochen
Wie aus dem Brief
3057
an Charlotte von Kathen hervorgeht, handelt es sich um einen Herrn
Laurenzi
.
[Schließen]ein junger Mann den ich noch von
Halle her kenne, zwar nicht genau aber doch genug um ihn dir
empfehlen zu können neben jenem den dir Gemeint ist Henriette Herz.
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Jette
vorschlägt. Er sagt mir
nemlich daß er seine Hauslehrerstelle verlassen will und
eine andere wünscht; und er hat den Vorzug sehr musikalisch
zu sein. Viel Uebung im Unterricht geben hat er und weiß
alles nöthige und ich glaube auch daß es mit ihm und Kathen recht gut gehen würde wenn Kathen ein klein wenig
aber wirklich nur sehr wenig geziertes Wesen was er an sich
hat nicht gar zu sehr zuwider ist.
Die Gadebusch würde auch sehr gut mit ihm fertig
werden
Bei uns geht es mit der Gesundheit recht gut die Kinder haben kein
Fieber wieder gehabt und werden recht tüchtig so daß wir
auch die große Behutsamkeit nicht mehr nöthig
halten.
Henriette Schleiermacher
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Jette
ist nun auch ganz vollkommen erholt und
völlig so frisch als sie war.
Meine Gesundheit ist freilich noch nicht fest und ich habe
noch neuerlich viel Schmerzen ausgestanden aber die
Hauptsache scheint doch gehoben zu sein und ich habe ein recht
kräftiges Lebensgefühl. Möchtest Du uns nur bald eben so
gute Nachrichten von Dir und den Deinigen geben
können. Grüße in Deinem Hause recht herzlich und so auch
was du sonst von unsern Lieben siehst[.]
Jette
und
Anne (Nanny) Schleiermacher
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Nanny
grüßen Dich aufs schwesterlichste.
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