Königsberg, den 17. Jul. 1809.

Ich muß Sie sehr um Entschuldigung bitten, liebster Freund, Vgl. Brief 3273. [Schließen] daß ich Ihren gütigen Brief vom 14. vorigen Monats bis heute unbeantwortet ließ. Allein mein Stillschweigen war nicht ohne Grund. Ihre beinah sich regende Lust nach Königsberg zu kommen, erschrekte mich, und ich eilte also, wenigstens von meinem Theile beizutragen, Ihre Lage in Berlin mehr zu sichern. Wie denn diese irdischen(?) Dinge hier immer etwas langsam gehen, so bin ich erst jetzt damit zu Stande gekommen, und Sie wissen vielleicht schon durch Dohna , daß Ihnen der König , auf den Antrag der  Sektion des Kultus und des öffentlichen Unterrichts im Ministerium des Inneren [Schließen] Section , 500 r. Wartegeld, bis Sie Gehalt von der Berliner Universität haben können, ertheilt hat. Da ich die CabinetsOrdre, die nun erst Gott weiß! welche Wege macht, noch nicht in Händen habe, bitte ich Sie, noch nicht davon zu reden. Andere 500 r. hoffe ich Ihnen in wenigen Wochen als Mitglied der Wissenschaftlichen Deputation zu schaffen und so ist denn von mir, was jetzt möglich war geschehen. Mehr verbietet die wirklich traurige Lage. Aber wenn nun noch von irgend einer Lage die Rede ist, so muß die künftige nothwendig besser seyn, und dann können Sie mit Sicherheit auf mich rechnen. Mit der Universität kann es leider so schnell, als ich projectirte, nicht gehen, aber vielleicht gelingt es mir doch, Sie mit etwas Unerwartetem zu überraschen. Schon die Langeweile ist hier in Königsberg zu groß um nicht auf allerlei wundersame Ideen zu kommen, und die Versuche zu wagen, auch sehr schwierig scheinende Dinge durchzusetzen. –  Humboldt bat Schleiermacher um Vorschläge für die Besetzung zweier theologischer Professuren in Königsberg, vgl. Brief und Brief. [Schließen] Ueber die Vorschläge, die Sie mir machen, bin ich mit Süvern und Nicolovius zu Rathe gegangen. Marheineke ist hieher, Augusti nach Frankfurt berufen . Kommt Einer nicht, so nehme ich zu  David Schulz [Schließen] Schulz meine Zuflucht, fehlen beide, noch zu Plank . Sie müssen nicht von unsrer Seite weichen. Leben Sie recht wohl,  Gemeint ist Henriette Herz, die im Frühjahr 1808 als Erzieherin nach Rügen ging. [Schließen]und grüßen Sie unsere Freundin tausendmal von mir. Wir sind bestimmt durch den Norden getrennt zu werden. Als ich kam, war sie in die Eiszone gegangen und nun ich. Hier ist es übrigens mit dem Eis auch im Julius keine Redensart. Ich sitze seit drei Tagen auch in der Stube in Rok und Ueberrok. Warum sollte aber auch die Sonne dies Land erwärmen? Das Bescheinen ist schon Güte genug. Herzlich Adieu!

H.

Zitierhinweis

3295: Von Wilhelm von Humboldt. Königsberg, Montag, 17.7.1809, ediert von Sarah Schmidt und Simon Gerber. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007124 (Stand: 26.7.2022)

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