In welcher GeduldSchule bin ich jezt meine Lieben – in der grösten
Unwisenheit und unbeschreiblicher
Sehnsucht, etwas aus Ruegen zu
erfahren – diese Gefühle – die mir von dieser Art bisher noch
unbekant waren – haben mich so ergriffen – Vgl. Brief
3236.
[Schließen]daß ich seit dem 5ten May – an welchen ich Euch
das erstemahl zusammen gegrüßt – nichts aufs Papier bringen – konte – Heute sind es
8 Tage daß wir wieder hierher gezogen sind – an vielen schönen Pläzen habe ich Euch mit Kinder der Henriette Schleiermacher aus erster
Ehe
[Schließen] Euren Kleinen
schon her gewünscht – Heute bin ich einmahl in der
Stube geblieben – weil meine Gichtschmerzen zu arg sind –
doch das ist nichts gegen das nahmenlose Gefühl mit welchem
ich dem morgenden Tag entgegen sehe, der mir doch gewiß
einen Brief bringen wird. wenn Ihr Beide auch erst in Berlin
schreibt
–
hätte doch Herz und
Anne (Nanny) Schleiermacher
[Schließen]
Nany
mir was von den schönen Festlichen Tagen auf der Insel schreiben könen
– auch der gestrige Tag hat
mir nichts gebracht ich will nun gar nicht mehr rechnen auf
den oder jenen Posttag
denn nun werdet Ihr erst von Berlin aus schreiben – wenn Ihr Euch
eingerichtet habt in die neue Wohnung – O Ihr
Lieben wie war mir gestern Abend zu Muthe – bei dem
göttlichen SonnenUntergang – den wir bei einem schönen
Teiche so ganz genoßen wie segnete ich alle meine Lieben im
Geist – wie wünschte ich ihnen den Genuß mit mir – doch Dir wirds auf der prächtigen Insel nicht daran fehlen – wie werdet Ihr Euch recht
daran lezen – und in Berlin noch
davon zehren! – Den 17ten oder 18ten
wolten wir in Pangel verbringen, wohin wir schon öfters eingeladen –
leider hatte die Aulock
Verhinderungen – nun sind
wir hier – wer weiß
wie lange es nun aufgeschoben wird – der guten Seidliz war es
äußerst unangenehm – doch waren wir 1 Stündchen am
18ten
| 16v
d 16 Juny
Vgl. Brief
3259.
[Schließen]Gestern erhielt ich endlich Deinen Brief – endlich muß ich wohl sagen denn wie lange
mir dis Warten gedeucht! am 26ten May hast Du die lezten Worte
geschrieben – aber wahrscheinlich doch nicht bald den Brief
auf die Post gegeben – oder politische Verhältniße haben die Reise
hierher so lange verzögert – Nun komen ja die Briefe wieder von Berlin
– da
Vom Hg. korrigiert.
es
wird es wieder schnell
gehen wenn Du nur oft schreibst – doch wünsche ich zu
wißen – ob man etwa die Briefe auf halben Wege frei machen
muß – oder auch mehreres drauf sezen muß –
als Garz auf der Insel:
Ruegen
– damit
sie schneller ankommen und – ob – Luise Willich in Poseriz bleibt – denn wir werden uns wohl
künftig auch schreiben – Vgl. Brief
3236.
[Schließen]
ob Du meinen Brief vom 5ten May am
18ten durch die Herz erhalten
hast oder viel
später – dis werde ich wohl in Deinem nächsten hören,
worauf ich mich unbeschreiblich freue –
indem(?) ich von der Trauung ann nichts
naeheres(?) weiß –
ob
Willich der diese heilige Handlung verrichtete derselbe
der dir nach deiner ersten
Predigt auf der Insel,
mit einer heiligen
Rührung um den Hals fiel
– und hat er die Gäste eingeladen?
ich hoffe daß dein Liebes Henriette Schleiermacher
[Schließen]
Jetchen
ich nenne sie jezt dein Weibchen selbst oder doch gewiß
Nany mir von ihrem Anzuge schreiben wird ob
er schwarz oder weiß war
– so auch von der Herz
und von Sophie Schlichtkrull
[Schließen]
Sophie
– ob die Pistorius bey der Trauung hat sein
können
– – Deine Berichte haben mir
übrigens viel Freude gemacht ich danke dir herzlich dafür
und hoffe auf mehreres – nur eins fehlte mir – die kleine
Henriette Pauline Marianne von Willich
[Schließen]
Jette
hast Du niemals erwähnt – wie liebe ich Eure Kinder
– wie
viel und oft denke ich ihrer | 17
Vgl. Brief
3269.
[Schließen]Seit Vorgestern bin ich im Besiz Eurer lieben Briefe – ich hatte ein richtiges AhndungsGefühl
daß der aus Berlin dem vorigen bald
nachfolgen würde – ich erhielt ihn den nächsten Posttag – ich hätte
schon gestern meinen Dank und Gefühle so gut es
geht niedergeschrieben –
wären wir nicht in Hennersdorf bei der Pritviz
gewesen – ich nahm Deine
Briefe mit – lieber Bruder du weist was sie von jeher auf
Dich hält (wenn ihr Euch auch nicht immer in allen Deinen
Gefühlen begegnet seid) sie hat sich recht an Deinem
Brieflein gelezt – grüst Dich gar herzlich so auch dein
liebes Weibchen unbekannter Weise – nach ihren Briefen
wünscht sie mir Glük zu solch einer Schwägerin
auch meine gute Seidliz trägt
mir viel
herzliches an Dich und Deine Jette
auf die sie im Geist gar sehr lieb gewonnen und sich auf
die Persönliche Bekantschaft gar sehr freut. Die Gute freut
sich so recht aus voller Seele daß das Große das herrliche Glük
nun endlich auch Dir geworden ist ich selbst kann darüber
die wenigsten Worte machen aber meine Freude über die
lezten Briefe – und auch den von Jetten
hättest Du sehen sollen
!!! O Lieber auch ich wünschte gar
sehr in Gewißheit über unser erstes Ersehen zu kommen alles
und jedes einzeln – und Dich
nun(?) ganz besonders in der Würde des HausVaters des
glücklichen Gatten! ach wenn nur über dieses
Kommen nicht so ein Dunkel verbreitet läge weil ich fürchte
es wird wegen Mangel an Geld gar nicht geschehen –
woltest Du mit Jetten allein kommen ohne die
Kinder
– das wäre auch nur halb – bis
künftiges Jahr – das däuchtet mir in jeder Hinsicht gar zu
lange | 17v
Der Konopak ist bey Euch gewesen – den beneide ich auch – doch kannst Du ihn immer von mir grüßen wenn Du an ihn schreibst. Was mir recht von Nöthen tuht – ist eine ordentliche Beschreibung von der Insel Ruegen und den dortigen NaturSchönheiten – in den GeographieBüchern findet man dergleichen nicht – kannst Du mir nicht eine kleine Schrift anzeigen – oder noch beßer – Du selbst machst eine Schilderung von allen den Orten – samt den Menschen – ich scherze nicht – ach – das wäre ja das treffenste(?) und prächtigste was ich davon lesen könnte – manche neue Personen und Orte kommen in Deinen Briefen vor, die mir ganz neu waren –
Wegen dem lesen – bin ich jezt in einer höchst unglüklichen Crise – d.h. der Quelle einer sehr guten Bibliothec so nahe wie möglich – und leider erlauben meine Finanzen nicht – sie ordentlich zu benuzen – ach das fatale Geld – Erxleben der sonst in Herrnhut war ist ganz Kürzlich hierher gekommen – ein Mittarbeiter außer Dober Schneider dieser verleiht um Geld seine auserlesenen treflichen Bücher ich glaubte nicht daß er das hier so wie dort treiben würde – aber im Gegentheil ist große Freude – da die Arbeiter doch eher fürchten müßen daß Lesesüchtige aus den Städten, sich Allerley kommen laßen – – Aber leider hat er das Lesen eines Buches, nach dem Werth was es ihm kostet berechnet – so daß man für ein theures Buch die Woche 3 gr giebt – usw. – Doch was klage ich Dir alles vor bekäme ich meine 10 rthr nach reducirtem Geld – wenn auch nur Münze – so wärs noch erträglich – da ich in 100 andern Dingen jezt entbehren gelernt habe! aber – so bekam ich nur die Hälfte – in gutem Geld!
am linken Rand
[Schließen]ich will hier enden. Bitte laße mich bald wieder was von Euch hören – und thue alles für Deine Gesundheit – die Dir jezt doppelt ja dreifach heilig sein muß!
[...](?)
der Bertram
denn wie tiefe Theilnahme zu dir bezeugt sie bis jezt
Friedrich Schleiermacher: „Predigten. Zweite
Sammlung“ (1808)
[Schließen]
deinen
Predigten
Zitierhinweis
Download