Berlin, den 18ten Mai. 9.
Ich schreibe Ihnen vielleicht an Ihrem HochzeitsTage; wir haben dazu
auch schon gestern und heute Ihr und Ihrer
lieben Henriette von Willich
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Henriette
Gesundheit mit freudigem Herzen getrunken. Möge der
Himmel Ihnen so heitre Tage bereiten, als es die sind, an
welchen Ihr eheliches Leben beginnt! Sich ein stilles Glükk im eignen
Hause zu bereiten und durch Liebe und
Freundschaft verbunden zu bleiben und so
das innere Leben unter der Bedrängtheit des
äußeren zu retten und zu bilden, das wird wohl alles sein, was
uns für die nächsten Zeiten übrig bleibt. Laßen Sie uns so
vereint, wie wir es bisher waren, das auch ferner thun. Mit
der Welt außer uns will es
nichts werden und es wird uns nichts übrig
bleiben, als uns eine eigne in und unter uns
selbst zu bilden und eine Freistätte zu behalten für den
Gedanken und für das Gefühl.
Ihres Hauses nehme ich mich an, so gut ich es vermag. Wollte Gott, ich könnte es so schmükken und anordnen, daß es Ihnen werth sei und Sie mit Vergnügen eintreten könnten! Die Fenster werden hoffentlich jezt fertig sein und bei dem sehr troknen Wetter ist nicht zu besorgen, daß Sie noch viel Farbengeruch und Schmuz finden werden. Wegen des Feuerherdes habe ich mit Mink gesprochen, er wird ihn ausbeßern laßen und es ist auch billig, daß die Kirche dergleichen machen läßt. Der Spiegel ist auch schon beim Tischler und von Ihrem Wirthe habe ich das Versprechen, die Tische und alles übrige bis zu Ihrer Ankunft zu besorgen. Da es mir auch an einem freien Vormittage gefehlt hat, so ist Ihr Sekretair noch nicht hinbesorgt; es geschieht aber gewiß am Tage nach dem Fest und vielleicht werden Ihre übrigen Sachen dann zugleich mit hingeschafft. Auf allen Fälle soll dafür gesorgt werden, daß Sie wenigstens eine leidliche Ordnung finden. Mink sagte noch, die Thiele würde wohl früher, als sie es sonst gewolt wegreisen, denn die Braut | 50v habe versichert, sie könne in Metgers Reise unter den gegenwärtigen Umständen nicht willigen. Und so ists möglich, daß Sie das Haus schon leer finden, oder es doch wenigstens gleich nach Ihrer Ankunft geräumt sehen.
Seit Ihrer Abwesenheit, mein theuerster Schleiermacher haben wir eine
recht traurige Zeit erlebt und ich mögte fast
sagen, daß ich in Berlin noch
nie so mißmüthig gewesen bin. Wir haben Sie daher doppelt vermißt und
ich bin mir recht einsam und unglükklich
vorgekommen. Aber darum habe ich Sie auch deswegen
glükklich geschäzt, daß Sie es Sich durch Ihre Reise
erspart haben, diese Noth mit uns zu theilen; ja ich könnte sogar
aus Liebe für Sie wünschen, daß Sie auf jenem glükklichen
Eilande blieben, wäre es nur möglich, daß Sie
mit demselben noch etwa 10 Seemeilen von der Küste
Deutschlands abrükken könnten
und vielleicht gelänge es Ihnen auch, Ihren
Freunden Joh 14,2
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eine Stätte zu bereiten
und sie zu Sich zu rufen. Da das aber nicht
geht, so habe ich ein recht sehnliches Verlangen, daß Sie
wieder zu uns kommen. Sie glauben gar nicht, wie wir hin und
hergezogen sind von Furcht und Hofnung
und
2 Kor 6,8
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durch gute und böse
Gerüchte gegangen
, bis es endlich Jedem einleuchtend ist, daß auch auf
diesem Wege keine Rettung zu hoffen sei. Und so bleibt denn
nichts übrig, als das Gemüth ganz davon abzuwenden
und ruhig abzuwarten, was die Zeit auch über
uns herbeiführen wird.
Von uns die wir noch ein de facto abhängig von Frankreich, aber dem Namen
nach noch ein Staat
[Schließen]Titulair Staat sind, will ich nichts sagen; glauben Sie immer das
Schlechteste von dem, was Sie dort hören. Es ist
unmöglich Ihnen alles zu schreiben. Anspielung auf die Entlassung des Reformers
Freiherr vom und zum Stein.
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Gestern Abend habe ich gehört, daß
Sack, Ribbeck und
Hanstein zu Staatsräthen in der Sektion des lies: Cultus
[Schließen]Cultur
ernannt sind;
es kömmt aus dem Hause des Präsi | 51denten Scheve und ich glaube es
gerne.
Aber Sie sehen aus diesem kleinen Pröbchen, welche
schlechte Sachen in Kö
nigsberg fabricirt werden und erkennen
gewiß, ohne weitre Andeutung, welche Hand in dem
Ganzen geschäftig ist und
wie auch der Geist deßen, der dort die Leitung des
Ganzen anfing immer mehr entweicht.
Laßen Sie mich also von dem übrigen schweigen; es ist
aber möglich, daß alles schon anders aussieht, wenn Sie zu
uns kommen.
Wir, d. h. mein Hauswesen und ich sind gesund und so viel ich
weiß, auch Ihre übrigen Freunde.
Hitzig ist am
Montage zurükkgekommen,
Reimer aber,
auf Steffens
Bitte noch in
Halle
geblieben und wird heute oder morgen
hier sein.
Die Familie ist
nach dem Thiergarten gezogen und
wohl bis auf die kleine Marie Reimer
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Marie
, die vom Fieber gar nicht frei werden kann.
Anne (Nanny) Schleiermacher
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Nannys
Brief ist gestern angekommen, da sie mir aber keine Einlage
schikken so werden sie heute wohl nicht schreiben
wollen.
Unsre kleine
Cecilie Gaß
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Cecilie
hat die Kuhpockenimpfung
[Schließen]Brutalimpfung glüklich überstanden und befindet sich sehr
wohl.
Frau, die im Hause Reimer lebte.
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Manon
beßert sich auch, denn
–
der Arzt aus Anklam ist
gekommen und so macht es nichts aus, daß
Heine
(?) ganz wegbleibt.
Wir erwarten heute, oder morgen Bartholdy, der vor einigen Tagen endlich geschrieben und große Hofnung zu einem Besuche gemacht hat. | 51v
Es wäre uns eine große Freude, wenn er käme und nur das könnte sie
vermindern, daß Sie nicht daran theilnehmen können. Mit Hasselbach
steht es auf jeden Fall mißlich. Er ist zwar auf ein halbes Jahr von Stettin
abgereist; aber schwerlich schon zu seiner Hochzeitsfeier, denn er ist mit
seinen Lungen so übel daran, daß ihm der Arzt durchaus
alles sprechen selbst auf seinem Zimmer verboten hat
und unter solchen Umständen ist das Heirathen
doch gewiß ein schlechtes Hausmittel zur Herstellung der
Gesundheit.
Es stellte sich die Frage einer Doppelhochzeit der Schwestern
Charlotte und Friederike Schwarz.
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Ich denke daher, daß Sie wohl nur zu einer einfachen
Hochzeit bei Schwarzens geladen werden.
Grüßen Sie aber doch
Lotchen von uns.
Ich hoffe, daß Sie mir noch ein mahl schreiben und bestimmen werden welchen Tag und welchen Weg Sie kommen, damit wir nicht der Freude entbehren, Sie einzuholen und es auch in Ihrem Hause an nichts mangle zu Ihrem Empfange. Leben Sie recht wohl und vergnügt, mein theurer inniggeliebter Freund. Wir grüßen Sie und Ihre liebe Frau, Nanny und die Herz und wer sich dort noch unsrer erinnern mag . Behalten Sie uns lieb und kommen Sie bald zurükk zu Ihrem redlichen Freunde
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