Sonnabend Abend d 15t Ap 9.
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Vgl. Brief
3194.
[Schließen]Wie ist es mir lieb daß heute der süße Brief gekommen ist in welchem
Du mir den Augenblik beschreibst als du dem Küster
unsere Nahmen gabst – o mein geliebter Ernst war es denn wircklich reine Seeligkeit die
Dich so bewegte? ach ich bin so glücklich daß ich es nicht
fassen kann – ja Ernst an meiner Brust auf meinen Lippen
sollst du dein überströmendes Gefühl ausathmen –
und mit Wonne will ichs bis ins innerste
empfinden – aber auch Du sollst dann fühlen meine
Liebe – mein ganzes Umfassen deines Wesens –
Luise und Henriette von Willich lasen zur
Vorbereitung der Kommunion die Predigten des verstorbenen Bruders und
Ehemanns Ehrenfried von Willich.
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Louise und ich haben heute Abend zur stillen
Vorbereitung auf morgen in Ehrenfrieds
Predigten gelesen –
Jezt ist es spät nach unserer Art und die
Kinder der Henriette von Willich aus erster
Ehe
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Kinder
sind früh munter
darum laß mich nun Dir gute Nacht sagen – Sieh mich nur
noch einmahl so recht an mit dem schönen Feuer der Liebe im
Blick und dem frommen Ernst – – mein Süßer ich hänge noch
lange an Deinem Halse –
Montag Morgen.
Ich hätte Dir gerne noch gestern Abend da ich von Sissow
zurückgekommen, geschrieben, allein es war 12 Uhr und ich fürchtete Louise die
ihre Stimme immer mächtig erhebt wenn ich lange aufbleibe
daß ich mich krank machen werde usw, also ging ich gleich
zu Bette. Nun muß ich dir
nur recht nach der Ordnung erzählen | 78v wie ich den gestrigen Tag
zugebracht habe. Morgens hatten wir viel mit den Kindern zu thun so daß vor
der Kirche nicht an eine stille Samlung des Gemüthes zu
denken war – Als
wir zur Kirche gingen Du weißt wir haben einen sehr langen
Weg, that mir das schöne Frühlingswetter, die frische Luft
nachdem ich seit mehreren Wochen auch gar nicht
das geheizte Zimmer verlassen hatte, ungemein
wohl – In dieser angenehmen Frühlingssonne wanderten wir noch
etwas auf dem Kirchhoff herum weil wir zu frühe gekommen
waren – Die feste Gewißheit daß auch Du meiner in denselben
Augenbliken in Deiner höchsten Liebe gedenkest, war mir
unbeschreiblich süß – Ich sage Dir nichts von der Predigt von allem was
des Predigers
eigene Worte waren – ich konnte ihnen nicht folgen, hatte
weder Neigung noch guten Willen dazu –
meine Gedanken schweiften zu Dir hin, zu
Ehrenfried von Willich
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Ehrenfried
, zu unsren
Kindern
– im stillen Gebet suchte ich
mich selbst vorzubereiten auf den heiligen Augenblick –
innige Rührung unaussprechlicher Dank erfüllten meine Seele
und tief seufzte ich auf nach Reinigkeit und Heiligung des
Herzens – ach mein Ernst ich fühle oft mit Wehmuth mich
noch so fern von Gott und viel zu unwürdig so großes zu
empfangen – Dann denke ich immer daß weil ich nun so recht
an Dich gekettet bin durch Dich | 79 den
Liebling Gottes auch Seegen und Gnade immer über mich
kommen werde. – Wie viel schöner mir die
gestrigen Stunden doch hätten sein können hätte da ein
frommer Mann gestanden dem ich mit Andacht zugehört das
fühlst du gewiß mit mir mein Theurer! O wie wird das in
Zukunft göttlich sein! Es ist mir sehr lieb gewesen daß Louise mit mir war
und sie theilte dies Gefühl, sie hat Dir heute schreiben
wollen, komt aber wohl nicht dazu –
Bei meines
Friedrich von Mühlenfels
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Bruders
kleinem süssen Töchterchen Gevatterin zu sein war
mir eine rechte Freude
nur that es mir sehr leid daß gerade gestern die
Garzer hier waren und ich Charlotte Pistorius
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Lotte
nun gar nicht geniessen konnte.
In Sissow traf ich zu meiner
außerordentlichen Freude unsere gute
Henriette Herz
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Jette
, wir hatten uns unendlich lange nicht gesehn
und einander viel zu sagen.
Karoline von Mühlenfels, vgl. Brief
3163.
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Deine Grüße nahm Caroline sehr herzlich auf und bat mich sie recht so zu erwiedern, sie
sagte mir wie gerne sie die Kindtaufe noch aufgeschoben
hätten um dich auch zum Gevatter zu haben, sie hätte aber
doch gefürchtet es möge zu lange währen. | 79v
Caroline war sehr liebenswürdig gestern,
mein Bruder so innig froh. Aber wie die schöne Handlung durch den
Pastor Pieper
verdorben wurde der ein altes Formular herdrönnte das
läßt sich nicht sagen und wie mir das nahe ging um meinen Bruder und
um Caroline
die gerade bei dieser Veranlassung gewiß emfänglich
gewesen wären ein kräftig religiöses Wort in
sich zu nehmen
– – –
Vgl. Brief.
[Schließen]Des Kindchens Kopf giebt doch weiter keine Ursache zur
Unruhe, wie ich es dir einmal äußerte.
Die Briefe von Henriette Herz an Alexander Graf
von Dohna-Schlobitten wurden wohl im Brief
3188 von Schleiermacher
weitergesendet.
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Jette hat mir aufgetragen dich zu fragen ob du
drei Briefe an Alexander
von ihr erhalten hast sehr
ernstlich ist ihr
Auftrag.
Vgl. Brief
3194.
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Nun bester Ernst über den lies: Fuhrmann
[Schließen]Furhmann, ihr habt ja gewaltige Noth dort
gehabt wir auch einige ich lege dir ein Zettelchen von wohl Tante Willich und nicht Amalia Baier (“Tante
Baier“)
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Tante
ein woraus Du es sehn wirst – die zwanzig Thaler
schikke ich mit der umgehenden Post also heute an Tante ich hätte sie doch gleich abgetragen denn ich will
Israel der gegen mich sich nicht gefällig gezeigt, nichts
schuldig sein
– Der
Fuhrmann wird sie doch nicht als Zulage verlangt haben?
Vgl. Brief
3194.
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Daß meine Leinwand von Louise nicht mitgekommen ist geht mir | 80 auch recht nahe.
Meine Betten die in einer
Trane(?) oder Kiste sollten verpackt werden, die
aber weil eine solche auf dem Wagen nicht Platz gehabt
hatte, nur bloß in leine Tücher genäht sind, kommen gewiß
bei dem vielen Regen sehr verdorben bei euch an
und vielleicht entzwei gescheuret dazu. Ich kann nicht
leugnen daß mir das ordentlich etwas schmerzlich wäre und
daß ich oft mit Besorgniß daran denken muß.
Nun verlangt Dich auch wohl von unsern Kindern zu wissen. Ehrenfried von Willich (d.J.)
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Friedchen
hat Gottlob heute da sein Fieber Tag ist keins bekommen – Henriette Pauline Marianne von Willich
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Jettchen
erst heute früh zu brechen genommen, nun wird sie es wohl
noch ein oder zwei Mahl haben und dann ist es
hoffentlich vorbei und die Kleinen können doch
ziemlich frisch wieder sein wenn Du komst. Wenn es nur
andres Wetter wäre! Gestern ein paar Stunden zum erstenmahl
schön, und wie ist es heute wieder! korr. v. Hg. aus: Dasdaß
ich Jettchen neulich so lobte in ihrer
Krankheit das hat sie uns zu Hause gebracht. Den lies: Fiebertag
[Schließen]Fiebertrag ist sie rührend gut und sanft
den guten Tag aber sezt sie uns was rechtes zu – ach
Ernst was wirst Du für unerzogne Kinder finden. Und alle
| 80v Menschen behaupten hier
daß man ihnen jezt durchaus nachgeben müsse weil die
geringste Alteration das Fieber verstärke oder gar
zurückbringe.
So ist
Sophie Schlichtkrull
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Sophie
der sichern Meinung daß Friedle dies lezte Mahl das
Fieber wieder gekriegt weil ich, nachdem ich die Diätzeit
für überstanden hielt, ihm ein paar Mahl die Ruthe gegeben
indem eine gewisse Unart wieder so tief eingerissen während
dem vielen Kranken daß es mir wircklich
außerordentlich schwer zu tragen wird.
Vgl. Brief 3194.
[Schließen]Du lieber Mann wie kann es dich nur einen Augenblick wehmüthig gemacht haben was ich über den Frühling schrieb – das Leben in der Natur so sehr ich es liebe ist mir doch gar so nicht Bedürfniß daß in jenem schönen
herrlichen Leben ich es recht vermissen sollte – und was ist aller Naturgenuß gegen Dich, den ich dann habe und genieße. Wisse es doch recht daß es über allen Ausdruck groß ist was du mir giebst und daß ich fast über allem Ausdruck unglücklich würde gewesen sein und es gewiß immer mehr geworden wäre hätte deine Liebe mir nicht ein neues Dasein gegeben.
O Ernst mir wird nichts gar nichts fehlen wenn mir nicht in mir selbst etwas fehlet. | 81
Henriette Herz, vgl. Brief
3197.
[Schließen]Höre wie mich das ergriffen hat was du an Jette schreibst daß du
vielleicht Universitätsprediger werden
kannst das kann ich dir gar nicht sagen
– Schon oft habe ich
Jette
gefragt ob dazu gar keine Aussicht sei und es hat mir
immer als das vorgelegen was ich Dir zunächst wünschen
möchte, und mir auch – Auf einen solchen bestimmten Kreis von
gebildeten Menschen zu wircken das muß doch am
schönsten sein. Und ich meine ich würde mich fast noch
mehr freuen auf deine Predigten vor dieser als vor einer
gemischten Gemeinde –
Aber ich habe heute auch genug geplaudert geliebter Mann ich rechne nun jeden Abend daß schon wieder ein Tag abgeht von den 14 die ich höchstens noch rechne. Süßes lebe wohl.
Ganz Deine Jette.Louise grüßt Dich sehr herzlich, auch Sophie . Dies schreckliche Geschmiere auf dem dünnen Papier kaum wirst Du es lesen können
Daß Tante sich beklagt der Fuhrmann sei nun auf den 14ten bestellt gewesen ist gewiß eine Irrung von ihr.
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