Vgl. den Brief vom 7.10.1808. [Schließen]Bester Schleiermacher, ob Sie mir gleich noch vom 10ten October des vorigen Jahres eine Antwort schuldig sind,  Wahrscheinlich richtete Reimer, der den Brief von Boeckh am 19.11.1908 Schleiermacher überbrachte, dieses Versprechen aus.  [Schließen] so will ich Ihr Versprechen, daß Sie einen Brief bey Reimers Schreiben an mich einlegen wollten, für erfüllt,  Vgl. Brief 3185. [Schließen]und Ihren durch Schwarz, mir zugekommenen Gruß für einen vollen Brief annehmen, in der Hoffnung, daß Sie nachholen werden. Sie haben gewiß, der Sie bey so guter Muße (oder haben Sie die nicht?) nichts weder öffentlich noch privatim von sich hören lassen, irgend ein großes Werk vor, dessen glückliche Vollendung ich, unwissend darum, um der Wissenschaft willen wünsche. Ich liege ziemlich müßig, obgleich die Schneewitterung die Ferienlust nicht begünstigt; aber ich habe das Jahr 1809 faul angefangen, und bin daher bis ietzo auch noch nicht weit gekommen;   August Boeckh las im SS 1809 über Enzyklopädie , Platon und Tacitus , vgl. Max Hoffmann: „August Boeckh. Lebensbeschreibungen und Auswahl aus seinem wissenschaftlichen Briefwechsel“ (1901), S. 467.  [Schließen]mit dem neuen Anfange der Vorlesungen werde ich aber freylich zur Arbeitsamkeit gezwungen seyn. Zur Schriftstellerey pflege ich keine Lust zu haben, so lange ich noch Ungedrucktes in der Druckerey weiß; wie es mir ietzo mit der  August Boeckh: „Die Versmaße des Pindar“(1809)  [Schließen] Abhandlung über die Versmaße des Pindar gehet, welche nun ein halbes Jahr liegt und bald grau werden und schimmeln muß, wenn sie nicht bald unter der Presse schwitzt.  August Boeckh: „Von dem Übergange der Buchstaben in einander. Ein Beitrag zur Philosophie der Sprache“ , in: „Studien“, Bd. IV (1808), S. 358-396 [Schließen] Eine kleine unbedeutende Abhandlung für die Studien, über den Übergang der Buchstaben in einander, ist alles, was ich in diesen Ferien herausbringen werde.  Das Projekt über die Stämme der Hellenen ist nicht realisiert worden. Die gemeinsam mit Georg Ludolf Dissen besorgte Werkausgabe Pindars erschien 1811-1821 in 2 Bänden und 4 Teilen: „Pindari opera quae supersunt“ .  [Schließen]Mein Buch über die Stämme der Hellenen, wozu ich Anfangs enthusiastischen Muth hatte, liegt noch ganz; unterdessen habe ich eine Ausgabe des Pindar proiectirt;   August Boeckh las wie im SS 1809 ebenfalls zu drei Themen: Griechische Altertümer , Pindar , Tacitus, vgl. Max Hoffmann: „August Boeckh. Lebensbeschreibungen und Auswahl aus seinem wissenschaftlichen Briefwechsel“ (1901), S. 467.  [Schließen]ich muß künftigen Sommer schrecklich viele Collegia lesen; ich muß die akademischen Programme schreiben; ich muß die  Heidelbergische Jahrbücher der Literatur [Schließen] Jahrbücher redigiren helfen und selbst recensiren; kurz ich werde vor der übermäßigen Menge der zukünftigen Geschäfte halb unsinnig. Daß Creuzer | 14v nach Leyden geht (wahrscheinlich in sein Leiden), wissen Sie wohl; seine Stelle habe ich erhalten, nachdem ich Süverns Stelle in Königsberg, zu welcher ich, ich weiß nicht wie, den Ruf erhalten, ausgeschlagen hatte. Dieses Mannes Stelle und Amt zu vertreten, ängstigt mich in der That; bey allen Mängeln war Creuzer ein Mann von ausgezeichnetem Geist und Talent; und ich bin weit entfernt zu glauben, daß ich bey meiner geringern Gabe und meiner Jugend seine Fußstapfen werde ausfüllen können. Mein Wirkungskreis in Königsberg wäre mir vielleicht angemessener gewesen; allein ich scheute die Ferne vom Kern Deutschlands, die Stagnation der Wissenschaft, die dort zu seyn scheint, und die Obscurität, in welche man an solchen Orten zu verfallen pflegt. Vielem Unangenehmen, was mich nun wohl treffen mag, wäre ich freylich entgangen; Voß der Vater wird den auf Creuzer geworfenen Haß auf mich gewiß übertragen und es wird ihm an Gelegenheit nicht fehlen ihn auszulassen.

Die Menge der Geschäfte, welche mir drohen, könnte ich noch leichter tragen, wenn ich frey wäre;  Es handelt sich um Dorothea Wagemann, Tochter des Göttinger Supergeneralintendenten Gottfried Wagemann, die Boeckh am 4. 10. 1809 heiratete. [Schließen] aber ich bin umstrickt und gefangen in den Fesseln einer Braut; und die Liebe macht wenigstens mich nicht thätig, sondern das Gegentheil.

 Vgl. Brief 3195. [Schließen]Hier lege ich Ihnen zugleich einen Brief von Daub bey, unsere Jahrbücher betreffend.  Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: „Über das Verhältnis der bildenden Künst zu der Natur“ (1807), Schleiermacher übernahm diesen Rezensionsauftrag nicht. Allerdings erschien im 2. Jg. der „Heidelberger Jahrbücher“eine anonyme Rezension zu eben dieser Schrift Schellings (1809, 2. Jg., 1. Abt., 1. Bd., 10. Heft, S. 145–168). [Schließen] Schreiben Sie mir doch, ob Sie Schellings Rede über das Verhältniß der Natur und Kunst, die ich Ihnen längst angeboten habe, nicht übernehmen wollen.

Wie steht es mit Ihrer Universität in Berlin? Will diese noch nicht eingerichtet werden? Schmalz macht ia immer währendes Spectakel damit; hat er denn so vielen Einfluß?

Leben Sie übrigens wohl, und schreiben Sie doch endlich bald; Gruß an Alle. Was macht Wolf? Wird er in Berlin bleiben? Doch ietzo wohl, da es in Bayern zum zweyten Mahl bunt über zu gehen scheint! Er scheint ordentlich vom Schicksal aus Bayern verdrängt zu werden. Adieu.

Ihr Boeckh.

Heidelberg d. 5. April 9.

Zitierhinweis

3193: Von August Boeckh. Heidelberg, Mittwoch, 5.4.1809, ediert von Simon Gerber und Sarah Schmidt. In: schleiermacher digital / Briefe, hg. v. Simon Gerber und Sarah Schmidt. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin. URL: https://schleiermacher-digital.de/S0007022 (Stand: 26.7.2022)

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